- Wir raten grundsätzlich vom Kauf von Melamingeschirr ab. Sollten Sie bereits welches zu Hause haben: Keine heißen Lebensmittel einfüllen und nicht in die Mikrowelle geben!
- Eine Alternative ist zum Beispiel Geschirr aus Bio-PE. Aus bildungspädagogischer Sicht ist es sinnvoll, Kinder möglichst früh an Porzellangeschirr heranzuführen.
- Seien Sie kritisch gegenüber Werbung wie "biologisch abbaubar" oder "umweltfreundlich". Dahinter steckt oft wenig.
Aktualisiert am 10.09.2020; Einkauf Testprodukte Sep 2019 - Jan 2020 | Melamingeschirr für Kinder geht nicht nur weniger schnell kaputt als Porzellan, es ist auch mit bunten Motiven für die Kinder versehen und spülmaschinenfest. Praktisch. Außerdem enthalten manche Geschirre Bambus und werben damit, deshalb besonders ökologisch zu sein.
Wir können Melamingeschirr allerdings nicht empfehlen. Zum einen kann es problematische Schadstoffe freisetzen. Zum anderen ist aus unserer Sicht von den Werbeversprechen einiger Bambusprodukte nicht viel zu halten.
Schadstoffe in Melamingeschirr für Kinder
Beginnen wir mit den Schadstoffen: Melamingeschirr besteht aus einem Kunststoff basierend auf Melamin und Formaldehyd. Beide Stoffe können sich unter Einwirkung von Hitze aus dem Geschirr lösen und in Nahrungsmittel übergehen. Das ist nicht ungefährlich. Formaldehyd reizt unter anderem die Schleimhäute und kann Allergien auslösen. Und Melamin steht in Verdacht, zur Bildung von Harnwegssteinen zu führen und die Nieren zu schädigen.
Der Test: Wir ließen neun Kindergeschirre aus Melamin darauf untersuchen, wie viel Melamin und Formaldehyd sie freisetzen. Zwei voneinander unabhängige Labore prüften jedes Produkt auf beide Schadstoffe.
Bei drei Geschirren fand mindestens eines der beiden Labore auffallend hohe Werte von Formaldehyd oder Melamin. Aus allen Produkten lösten sich zumindest geringe Mengen an Formaldehyd. Teils kamen die beiden Labore für das gleiche Produkt zu deutlich unterschiedlichen Ergebnissen, obwohl sie vergleichbar prüften. Zumindest für Produkte mit Bambus könnte eine Erklärung dafür in den eingesetzten Naturmaterialien liegen. Hier ist mit Schwankungen zu rechnen.
Schadstoffbelastung kann mit der Zeit zunehmen
Selbst jene Geschirre, aus denen sich nur Spuren von Formaldehyd lösten, können wir nicht guten Gewissens empfehlen. Auch deshalb vergeben wir in diesem Test kein Gesamturteil. Wir raten Eltern stattdessen dazu, besser ganz auf Melamingeschirr zu verzichten.
Ein Grund für unsere Einschätzung: Untersuchungen von Überwachungsbehörden deuten zumindest für Bambus-Melamin-Geschirre darauf hin, dass sie mit längerer Benutzung höhere Schadstoffwerte freisetzen können. (mehr dazu im Abschnitt zum Bambusgeschirr)
Ein weiterer Grund: Es ist zu erwarten, dass Eltern im Alltag auch mal heißere Flüssigkeiten in das Geschirr gießen und sie dort abkühlen lassen. Oder dass sie das Geschirr in die Mikrowelle geben – auch wenn man beides keinesfalls tun sollte. Mit größerer Hitze steigt das Risiko, dass sich Melamin oder Formaldehyd lösen.
"Biologisch abbaubar" trotz Kunststoff?
Außerdem raten wir Verbrauchern, sich nicht von fragwürdigen Produktaufmachungen täuschen zu lassen. Das Sterntaler Kindergeschirr-Set mit Bambus Baylee green ist beispielsweise als "Bambusware" ausgelobt, enthält aber Melamin. Diese Info findet sich zwar auf der Homepage des Anbieters, auf der Verpackung aber fehlt sie.
Noch ökologischer gibt sich das Fillikid Bambusgeschirrset Rentier grün/orange. Auf der Verpackung steht, es sei "biologisch abbaubar". Doch ist das wirklich möglich? Es besteht schließlich aus Melamin. Wir haben das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit danach gefragt. "Melaminhaltige Produkte sind nicht kompostierbar", schrieb uns die Behörde dazu.
Wir meinen: Ein Schritt in Richtung mehr Durchblick für Verbraucher wäre getan, wenn die Hersteller angeben müssten, aus welchem Material ihr Kindergeschirr besteht. Bisher sind sie dazu aber nicht verpflichtet.
Kindergeschirr: Alternativen zu Melamingeschirr
Wer sich nach Kindergeschirr aus alternativem Material umsieht, findet im Handel beispielsweise welches aus Kunststoffen aus nachwachsenden Rohstoffen wie Zellulose, Mais, Rüben oder Zuckerrohr. Teils findet sich auch die Auslobung Bio-PE (Bio-Polyethylen).
Auch wenn von der Öko-Bilanz solcher Produkte nicht viel zu erwarten ist, verzichten sie doch immerhin auf erdölbasiertes Plastik.
Bambusgeschirr unter der Lupe
Trinkbecher, Schalen und Teller "aus natürlichen Materialien" wie Bambus oder Maismehl locken umweltbewusste Verbraucherinnen und Verbraucher. Das gilt nicht nur für Kindergeschirr, sondern etwa auch für Coffee-to-go- Becher. Dabei enthalten viele dieser vermeintlich ökologischen Gefäße den Kunststoff Melaminharz – mit bekannten Risiken.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat Ergebnisse von Tests an 56 Produkten vorgestellt: Aus jeder vierten Probe löste sich demnach mehr Melamin als erlaubt. Elf Prozent rissen den zulässigen Formaldehydwert. Und die Prüfungen deuten darauf hin, dass die Werte sogar noch steigen können, wenn man das Geschirr häufiger benutzt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schlägt vor, den erlaubten Wert für Formaldehyd zu verschärfen. Und der Verbraucherzentrale-Bundesverband fordert ein Verbot von Bambusbechern mit Kunststoffanteilen.
Diesen Test haben wir bereits im ÖKO-TEST Magazin 6/2020 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für den Ratgeber Kinder und Familie 2020, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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