Aktualisiert am 09.01.2015 | Drei italienische Architekten und Designer - Piero Gatti, Cesare Paolini und Franco Teodoro - wollten den Zeitgeist der 60er-Jahre einfangen und ein Sitzmöbel schaffen, das sich dem menschlichen Körper anpasst, das unkonventionelle Positionen erlaubt.
Die Designer experimentierten mit verschiedenen Füllmaterialien, bis sie die kleinen Styroporkügelchen entdeckten, die den Sitzsack zu dem werden ließen, was sie sich vorgestellt hatten: verformbar, leicht und mobil.
Füllungen von Sitzsäcken können Problemstoffe enthalten
Doch Polystyrol wird durch Polymerisation von Styrol hergestellt. Im fertigen Polystyrol sollte möglichst kein reines Styrol mehr vorhanden sein. Das hängt von der Produktion und einer Nachbehandlung durch Entgasen ab. Denn Styrol ist gesundheitlich bedenklich, wenn man es einatmet.
Im Rahmen der europäischen Chemikalienverordnung Reach wurde der Stoff neu bewertet. Danach kann er vermutlich das Kind im Mutterleib schädigen, außerdem können Schäden an Hörorganen auftreten. Ausgasendes Styrol reizt zudem Augen und Haut. Die vorliegenden Daten waren jedoch nicht ausreichend, um einen Krebsverdacht zu bestätigen.
Eingesetztes Flammschutzmittel wird zukünftig verboten
Da Polystyrol brennbar ist, muss der Schaumstoff bei Dämmstoffen mit Flammschutzmitteln ausgerüstet werden, um die gesetzlichen Mindestanforderungen zu erfüllen. Zum Einsatz kommt bisher das äußerst problematische bromierte Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan, kurz HBCD. Unter Reach wurde der Stoff 2008 als besonders besorgniserregend eingestuft, weil er persistent, bioakkumulierend und toxisch (kurz: PBT) ist, das heißt besonders gefährlich für die Umwelt, in der er sich dauerhaft anreichert.
Im Mai 2013 wurde HBCD durch die UN-Chemikalienkonferenz in die Stockholmer Konvention für persistente organische Schadstoffe (POPs) aufgenommen. Ein weltweites Verbot tritt damit nach einer einjährigen Übergangszeit 2014 in Kraft, wahrscheinlich im September. HBCD ist ein langlebiges Umweltgift, das sich im Menschen und anderen Organismen anreichert. Es steht zudem im Verdacht, fortpflanzungsschädlich zu sein.
Sitzsäcke für Kinder im Test: Mehrzahl fällt durch
Wir schickten neun Sitzsäcke für Kinder in die Labore und ließen sowohl die Polystyrolfüllung als auch den Bezug prüfen. Das Ergebnis: Die meisten Produkte fallen mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durch den Test. Nur ein Sitzsack ist "befriedigend". Zwei weitere Sitzsäcke sind noch "ausreichend". Meist liegt das an der Polystyrolfüllung, die eben doch nicht ohne ist. Völlig indiskutabel sind vier Sitzsäcke, deren Bezug mit Schadstoffen gespickt ist.
Im Bezug eines Produktes wurde das krebsverdächtige Anilin, ein aromatisches Amin, nachgewiesen, das zwar nicht verboten, aber dennoch krebsverdächtig ist. Zudem steckte in dem Bezug allergieauslösendes Formaldehyd.
Zwei Sitzsäcke im Test enthalten Weichmacher
Zwei Sitzsäcke sind mit PVC beschichtet. In beiden wurden hohe Gehalte an Phthalaten nachgewiesen, die in Spielzeug und Babyartikeln verboten sind; Sitzsäcke fallen nicht unter diese Regelung. Diese Weichmacher stehen unter begründetem Verdacht, wie ein Hormon zu wirken. Beide Produkte enthalten zudem polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), eine Gruppe von Verbindungen, von denen einige krebserregend sind. Eines der beiden Produkte ist auch noch mit dem hormonell wirkenden Dibutylzinn belastet.
Ein weiterer Sitzsack gibt deutlich messbare Mengen an Styrol an die Raumluft ab, was eventuell auch zu riechen ist. Doch auch aus den anderen Produkten entwich unter extremen Prüfbedingungen Styrol. Verbraucher müssen damit rechnen, dass auch aus diesen Sitzsäcken nach und nach immer wieder Styrol ausgast. Nur bei zwei Sitzsäcken war das so wenig, dass wir nicht abwerten.
In einigen Füllungen wurde zudem das künftig verbotene Flammschutzmittel HBCD nachgewiesen: in deutlichen Mengen, die aber dennoch auf eine Verunreinigung schließen lassen. Denn der Gehalt in Dämmstoffen liegt wesentlich höher. Dass Polystyrol so gut wie unbelastet sein kann, zeigt dagegen ein anderer Hersteller im Test.
Diesen Test haben wir bereits im ÖKO-TEST Jahrbuch für 2014 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kleinkinder für 2015 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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