- Im Test: Zehn Nikotinersatzprodukte, darunter Pflaster, Kaugummis, Lutschtabletten, Sprays und ein Inhalator, allesamt rezeptfreie Arzneimittel.
- Das Fazit: Sieben Produkte sind mit Bestnote rundum empfehlenswert.
- Kritik üben wir an dem umstrittenen Hilfsstoff BHT (Butylhydroxytoluol) und Titandioxid.
Aktualisiert am 12.10.2023 | Endlich Aufhören mit dem Rauchen! Das gehört zu den häufigsten Vorsätzen für das neue Jahr – und vermutlich auch zu den am schnellsten gebrochenen. Warum nur ist der Schlussstrich so verdammt schwer?
Weil die Abhängigkeit von der Zigarette auf vielen verschiedenen Ebenen stattfindet. Auf der sozialen, auf der psychologischen oder einfach, weil das Bier ohne Zigarette nur halb so gut schmeckt.
Und schließlich sind gerade stärkere Raucher auch körperlich süchtig – nach dem in Zigaretten enthaltenen Nikotin. Auf dieser körperlichen Ebene setzen Nikotinersatzpräparate an.
Nicorette, Nicotinell & Co.: Nikotinersatzprodukte im Test
Kaugummis, Lutschtabletten, Sprays und Pflaster mit unterschiedlichen Nikotin-Gehalten gibt es in der Apotheke ohne Rezept: Zehn solcher Arzneien haben wir auf ihre Wirksamkeit anhand von Studien begutachten lassen und die Beipackzettel auf bedenkliche oder umstrittene Hilfsstoffe überprüft.
Sieben Nikotinersatzprodukte schneiden in der Endnote mit "sehr gut" ab. Außerdem erfreulich: Für alle Nikotinersatzprodukte ist die Wirksamkeit ausreichend belegt und sie können die Chance, die Raucherkarriere zu beenden, erhöhen.
Das attestieren unsere beiden Berater, Professor Manfred Schubert-Zsilavecz und Dr. Mario Wurglics vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Frankfurt, in ihrem wissenschaftlichen Gutachten zur Studienlage der Testprodukte.
Kritische Stoffe in Nikotinkaugummis und -tabletten
Jetzt stellt sich die Frage: Warum haben nicht auch die drei übrigen Kaugummis bzw. Lutschtabletten die Bestnote bekommen? Die Antwort: Weil sie umstrittene Hilfsstoffe enthalten wie das hormonverdächtige BHT (Butylhydroxytoluol) oder das Weißpigment Titandioxid.
Titandioxid ist in Lebensmitteln seit August dieses Jahres EU-weit verboten, da es in Verdacht geraten ist, das Erbgut zu schädigen. In Arzneimitteln ist es bislang noch erlaubt. Die Pharmaunternehmen sind jedoch angehalten, den Stoff so zügig wie möglich durch Alternativen zu ersetzen.
Warum macht Rauchen so schnell abhängig?
Es ist nicht leicht, mit dem Rauchen aufzuhören. Denn mit dem schnellen Glück aus der Zigarette kann der Nikotinersatz nicht ganz mithalten: Inhaliert die rauchende Person das Nikotin direkt aus dem Glimmstängel, dann erreicht es innerhalb von sieben bis zehn Sekunden ihr Gehirn.
Dort sorgt es für das große Wohlgefühl durch die Freisetzung von Botenstoffen wie Dopamin, Serotonin und Endorphinen. Nikotin wirkt vielfältig: Es hellt die Stimmung auf, beruhigt, dämpft das Hungergefühl und verbessert die Aufmerksamkeit.
Schon nach 30 Minuten lässt seine Wirkung jedoch nach. Die nächste Zigarette muss her, damit der Nikotinspiegel konstant bleibt. Bleibt sie aus, machen sich Entzugssymptome breit wie Gereiztheit, Unruhe oder Konzentrationsschwäche.
Mit Rauchen aufhören: Wie hilft Nikotinersatz?
Genau an der Stelle kommen unsere Testprodukte ins Spiel. Ihr Prinzip: Sie ersetzen das Nikotin aus den nicht gerauchten Zigaretten und lassen sich in ihrer Dosierung schrittweise herunterfahren. So federn sie zumindest für die erste schwere Zeit eines Rauchstopps die körperlichen Entzugssymptome ab.
Mit dem klaren Vorteil, dass diese Präparate nur das Nikotin ersetzen, nicht aber die rund 4.000 weiteren, teilweise krebserregenden Schadstoffe aus der Zigarette. Ihr Nachteil: Das Nikotin aus Pflaster, Kaugummi & Co. gelangt sehr viel langsamer in den Organismus als aus der Zigarette.
Wem nutzen Nikotinpflaster?
Nikotinpflaster bleiben jeweils 16 bis 24 Stunden auf der Haut kleben. Ihr Pluspunkt ist, dass sie den Nikotinspiegel konstant halten und auf diese Weise unkontrolliert aufflackernde Entzugssymptome vermeiden.
Pflaster eignen sich vor allem für stark Nikotinabhängige und lassen sich nach Bedarf mit Kaugummis oder Lutschtabletten kombinieren. Das erhöht die Erfolgsaussichten laut unseren Gutachtern zusätzlich um bis zu 36 Prozent.
Was können Nikotintabletten und Nikotinkaugummis?
Das Nikotin aus Kaugummis, Tabletten, Sprays und Inhalern geht schneller ins Blut als aus Pflastern. Sie werden den Tag über je nach Bedarf gelutscht, gekaut oder gesprüht. Damit vermitteln sie Anwendern das Gefühl, die Nikotinzufuhr selbst kontrollieren zu können und geben dem jetzt unterbeschäftigten Mund etwas zu tun.
Allerdings bergen diese Produkte auch selbst ein gewisses Suchtpotenzial. Je stärker Raucher von Nikotin abhängig sind, desto mehr profitieren sie von einer Unterstützung durch Nikotinersatzprodukte.
Nikotinersatz: Studie zu Erfolgsaussichten
Wunder sind dennoch nicht zu erwarten: Schaffen es ohne Nikotinersatz-Therapie elf von 100 Personen, mindestens zwölf Monate mit dem Rauchen aufzuhören, sind es mit Nikotinersatz 17 von 100, hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) auf Basis der aktuellen Studienlage errechnet.
Die Nikotinersatzpräparate steigern die Erfolgsaussichten eines Rauchstopps also um gut die Hälfte. Immerhin.
Mit dem Rauchen aufhören: Tipps zur Entwöhnung
Mit dem Rauchen aufhören ist nicht einfach. Das rät ÖKO-TEST:
- Informieren Sie sich: Wichtiger als ein Nikotinpflaster ist ein starker Wille. Wenn Sie es alleine nicht schaffen, lassen Sie sich beraten. Gratis-Infos und viele Tipps finden Sie auf rauchfrei-info.de
- Rauchstopp beginnt im Kopf: Versuchen Sie, Ihr rauchfreies Leben nicht als Leid und Verzicht zu sehen, sondern als Gewinn an Gesundheit, Unabhängigkeit und Lebensqualität.
- Nikotin-Dosierung anpassen: Wenn Sie sich für ein Mittel zur Raucherentwöhung entscheiden, achten Sie auf die unterschiedlichen Dosierungen. Passen Sie diese der Höhe Ihres Zigarettenkonsums an.
- Nikotinpflaster reizen häufig die Haut: Kleben Sie diese am besten jeden Tag an eine andere Stelle.
- Gut zu wissen: E-Zigaretten werden von den aktuellen Therapie-Leitlinien zur Tabakentwöhnung nicht empfohlen. Mit ihnen inhaliert der Raucher nämlich ebenfalls einige gefährliche Substanzen – wenn auch nicht so viele wie beim Tabak. Und ihre gesundheitlichen Langzeitfolgen sind bisher weitgehend unerforscht.
Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 1/2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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