Fingerfarben-Test: Ein paar können Schleimhäute, Augen oder Haut reizen

Jahrbuch Kinder und Familie für 2022 | Autor: Dimitrij Rudenko/Frank Schuster/Lena Wenzel | Kategorie: Kinder und Familie | 09.12.2021

Fingerfarben im Test: Welche Fingermalfarben empfiehlt ÖKO-TEST?
Foto: Tania Kolinko/Shutterstock; ÖKO-TEST

Pädagogisch wertvoll, Inhaltsstoffe bedenklich – so lautete in der Vergangenheit häufig die Botschaft aus unseren Tests von Fingermalfarben. Die aktuelle Überprüfung zeigt: Inzwischen sind viele Produkte empfehlenswert. Es gibt aber auch Probleme mit allergieauslösenden Stoffen und solchen, die Schleimhäute, Augen oder die Haut reizen können.

  • Das ist erfreulich: Fingerfarben haben sich verbessert. 13 von 19 sind mit "sehr gut" empfehlenswert.
  • In den anderen Fingerfarben im Test steckt mindestens ein Problemstoff, den wir kritisieren. Von vier Produkten raten wir ab.
  • Wir kritisieren vor allem einige Inhaltsstoffe, die Allergien auslösen können. 

Aktualisiert am 09.12.2021 | Mit Fingerfarben haben Kinder viel Spaß. Ob auf Fensterscheiben oder einem Blatt Papier – mit den Händen zu malen, ist etwas ganz anderes als mit Pinsel oder Stift. Schon ganz kleine Kinder können damit große Werke schaffen, und auch ältere Kinder experimentieren ab und an gern mit Farben an den Händen.

Fingerfarben wegen bedenklicher Stoffe in Schlagzeilen 

Fingermalfarben fördern die Fantasie und Kreativität, sprechen mehrere Sinne an und trainieren die Motorik. Sie sind pädagogisch wertvoll. Doch leider gerieten Fingerfarben in der Vergangenheit immer wieder durch bedenkliche Inhaltsstoffe in die Schlagzeilen.

Unter anderem wegen primären aromatischen Aminen wie das krebsverdächtige Anilin oder das krebserregende o-Anisidin als Bausteine der eingesetzten Farbstoffe. Da die Kinder die Farben beim Malen für längere Zeit auf der Haut haben und die Farben auch mal ablecken, ist das besonders kritisch.

Mit Fingerfarben malen spricht mehrere Sinne an, schult die Motorik und fördert Fantasie und Kreativität.
Mit Fingerfarben malen spricht mehrere Sinne an, schult die Motorik und fördert Fantasie und Kreativität. (Foto: Poznyakov/Shutterstock)

Fingerfarben im Test: Staedtler, Mucki & Co. im Vergleich

Auch bei ÖKO-TEST erzielten Fingerfarben in der Vergangenheit immer wieder katastrophale Ergebnisse. Im September 2013 rasselten beinahe alle Produkte mit "mangelhaft" und "ungenügend" durch den Test. In unserem jüngsten Test vor zwei Jahren kassierte rund ein Drittel der Produkte das Gesamturteil "ungenügend". 

Insofern ist das Ergebnis unseres aktuellen Tests erfreulich: Mehr als die Hälfte der Fingerfarben im Test können wir mit "sehr gut" empfehlen. Die Messwerte für die problematischen Farbstoffbausteine lagen unter der Bestimmungsgrenze. Schlechte Ergebnisse gibt es aus anderen Gründen. Vier Fingermalfarben fallen im Test durch, zwei Mal vergeben wir nur ein "ausreichend". 

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Kritik an Konservierungsstoffen in Fingerfarben

Fingermalfarben sind anfällig für Keime. Deshalb setzen Anbieter Konservierungsstoffe ein. Diese können allerdings selbst zum Problem werden. In zwei Fällen sind wir auf Formaldehyd/-abspalter gestoßen. Das Problem: Formaldehyd reizt schon in geringen Mengen die Schleimhäute und kann Allergien auslösen.

Das von uns beauftragte Labor hat in zwei weiteren Fingerfarben auch Methylisothiazolinon (MIT) nachgewiesen. Und das, obwohl MIT nicht auf der Liste der zulässigen Konservierungsstoffe der gültigen EU-Norm DIN EN 71.7 steht. 

Die gefundenen, recht geringen Gehalte sprechen nicht dafür, dass MIT widerrechtlich zur Konservierung der Fingermalfarben eingesetzt wurde, sondern vielmehr dafür, dass konservierte Rohstoffe MIT eingetragen haben.

Fingerfarben im Test: Die Produkte haben sich verbessert.
Fingerfarben im Test: Die Produkte haben sich verbessert. (Foto: Sakharova Anastasia/Shutterstock)

Allergieauslösende Inhaltsstoffe in Fingermalfarben

Da Isothiazolinone Allergien auslösen und die Augen und Haut reizen können, haben sie unserer Meinung nach auch in geringen Mengen nichts in Fingerfarben zu suchen.

Allergieauslösend sind auch viele Stoffe, die zur Gruppe der halogenorganischen Verbindungen gehören. Daher kritisieren wir sie in drei Fingerfarben im Test. Eines dieser Produkte enthält zudem Natrium-Orthophenylphenol (E 232). Die phenolische Verbindung wird als Pilzhemmer eingesetzt, sie kann die Haut reizen.

Fingermalfarben sollen bitter schmecken 

Das wars mit den Problemstoffen, die nicht in Fingermalfarben gehören. Jetzt kommen wir zu einem Inhaltsstoff, der unbedingt enthalten sein sollte. Und zwar: Denatoniumbenzoat. Kinder sollten nicht von den Farben naschen. Deshalb mischen die Anbieter Denatoniumbenzoat bei. Der Stoff gilt als bitterste bekannte Substanz überhaupt.

Es genügt eine sehr geringe Konzentration, um Kinder daran zu hindern, die Farben zu verschlucken. Alle von uns getesteten Produkte enthielten den synthetisch produzierten Stoff. Ein Labor testete für uns, ob auch die mit Wasser verdünnten Farben noch bitter genug schmecken. Das war bei allen Produkten der Fall.

Übrigens: Kein Grund zur Sorge, wenn Ihr Kind mal an den beklecksten Fingern leckt – Mit Absicht sollten Kinder die Fingermalfarben aber nicht trinken oder essen.  

(Foto: ÖKO-TEST)

Grenzwert für krebsverdächtiges Anilin festgelegt 

Unser aktueller Test zeigt: Fingerfarben haben sich verbessert. Nicht zuletzt, weil es kein Problem mehr mit dem krebsverdächtigen Farbbestandteil Anilin gibt. Hier hat sich dieses Jahr auch gesetzlich endlich etwas getan. 

Die europäische Spielzeugrichtlinie schrieb lange keinen Grenzwert für Anilin fest, obwohl die EU ihn als krebsverdächtig einstufte. Im Juni 2021 hat die EU-Kommission endlich eine Änderung der Spielzeugrichtlinie verabschiedet, wonach in Fingermalfarben höchstens 10 mg/kg sowie in Textil- und Lederspielzeug höchstens 30 mg/kg nachweisbar sein dürfen.

In ihrer Entscheidung stützte sich die Kommission unter anderem auch auf die Ergebnisse "einer deutschen Verbraucherzeitschrift" – ÖKO-TEST. Wir kritisieren Anilin seit vielen Jahren.

ÖKO-TEST findet den Stoff regelmäßig – nicht nur in Fingermalfarben, sondern zum Beispiel auch in Textilien und Lederprodukten. Auf Anfrage der EU-Kommission hatten wir 2017 zusammengestellt, in welchen Kinderartikeln ÖKO-TEST Anilin nachgewiesen hat.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin Dezember 2021 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2022 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 19 Fingermalfarbensets eingekauft. Mit dabei stets die Farben Blau, Gelb, Rot und Grün. Unter den Produkten sind bekannte Marken und welche, die als "bio", "eco" oder "aus natürlichen und nachwachsenden Rohstoffen" ausgelobt sind. Bei der Prüfung orientierten wir uns an der aktuellen EU-Norm DIN EN 71.7 für Fingermalfarben. Sie erlaubt nur bestimmte Farbmittel und Konservierungsstoffe und legt zulässige Höchstkonzentrationen von Substanzen fest.

Die von uns beauftragten Laboren fahndeten nach bedenklichen und umstrittenen Inhaltsstoffen, darunter Bausteine von Azofarbstoffen wie das krebsverdächtige Anilin sowie andere aromatische Amine, von denen sich einige im Tierversuch als krebserzeugend erwiesen haben. Zudem suchten die Labore nach Formaldehyd/ -abspaltern und allergisierenden Isothiazolinonen, die als Konservierungsstoffe zum Einsatz kommen. Im Fokus standen zudem weitere problematische Substanzen wie krebserregende Nitrosamine, halogenorganische Verbindungen, Kobalt und Phenol, das im Verdacht steht, das Erbgut zu schädigen.

Fünf geschulte Prüfer testeten, ob auch die mit Wasser verdünnten Farben noch bitter genug schmecken. Bitterstoffe wie Denatoniumbenzoat sollen Kinder davon abhalten, die Farben zu trinken oder zu essen. Auch die Deklarationen schauten wir uns an: Bitter- und Konservierungsstoffe sind laut Norm auf der Verpackung anzugeben. Unsere Anforderungen sind hoch, denn die Farben sind für Kinderhände gedacht. So sind wir bei der Bewertung von Inhaltsstoffen strenger als geltende Normen.

Bewertungslegende 

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um fünf Noten: Methylisothiazolinon. Zur Abwertung um vier Noten führt: mehr als 10 mg/kg Formaldehyd/-abspalter. Zur Abwertung um zwei Noten führen: halogenorganische Verbindungen (hier: Bronopol, Quaternium-15). Zur Abwertung um eine Note führt: Natrium-Orthophenylphenol.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um zwei Noten: Konservierungsmittel nicht deklariert, aber nachgewiesen (hier: Phenoxyethanol).

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, dass "befriedigend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note.

Testmethoden 

Testmethoden Inhaltsstoffe (je nach Zusammensetzung des Produkts): Halogenorganische Verbindungen: a) Heißwasserextraktion mit anschließender Zentrifugation und Membranfiltration; Binden der organischen Halogene an Aktivkohle; Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom; microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts; b) Extraktion mit Essigester; Verbrennung des Extrakts im Sauerstoffstrom. Microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts. Isothiazolinone: HPLC-DAD; bei auffälligen Befunden Nachtest per LC-MS/MS. Weitere Konservierungsstoffe: LC-UV. Freies und abspaltbares Formaldehyd: saure Wasserdampfdestillation, Derivatisierung mit Acetylaceton, Ausschütteln mit n-Butanol, Bestimmung mittels Fotometrie. N-Nitrosamine/N-Nitrosierbare Substanzen: LC-MS/MS. MAK-Amine: DIN EN 14362-1:2017-05, DIN EN 14362-3:2017-05, DIN EN 71-7:2020-05; bei Feststellung aromatischer Amine bei der GC-MS-Analyse wird das Analysenergebnis (entsprechend der Norm) durch ein zweites Verfahren (HPLC-DAD oder TLC) abgesichert; analysiert wurde eine Mischprobe aus den Farben Gelb, Blau, Grün und Rot, bei Feststellung aromatischer Amine Aufschlüsselung der Mischprobe in Einzelfarben gemäß oben angegebener Methodik. Elemente, PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Natrium-Orthophenylphenol: per Deklaration.

Intensität der Bitterkeit: gemäß DIN EN 71-7; Verdünnung der Farben im Verhältnis 1 : 100 mit Wasser, sensorische Verkostung durch fünf Prüfer (Wasser als Blindwert); es wurde die blaue Farbe verwendet.

Einkauf der Testprodukte: Mai 2021 

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin Dezember 2021 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2022 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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