Um Faszien ist ein wahrer Hype entfacht. Das Bindegewebe ist Gesprächsthema, seit Wissenschaftler postulieren, dass Faszien mehr sind als passive Muskelhüllen.
"Faszien sind ein Netzwerk, das den Körper zusammenhält und strukturiert", sagt Dr. Robert Schleip, Direktor der bundesweit einzigen Faszienforschungsgruppe an der Universität Ulm. Die klassische Anatomie verstehe unter Faszien lediglich flächiges, derbes Fasergewebe, das einzelne Muskeln und Muskelgruppen netzartig umhülle. Neuere Forschung zähle nun auch Sehnen, Bänder, Gelenkkapseln sowie alle lockeren Bindegewebsformen dazu.
Schleip ist, wenn man so will, Auslöser des Hypes. Der Humanbiologe veranstaltete im Jahr 2007 mit Kollegen den ersten Faszienforschungskongress. Wissenschaftler zeigten erstmals Bindegewebsveränderungen anhand von hochauflösenden Ultraschallbildern. Bis dahin führten Faszien ein Schattendasein, so Schleip, da es keine messbaren Erkenntnisse gegeben habe. Die Fitnessbranche sei dann schnell auf den Zug aufgesprungen.
Ihr Verkaufsschlager sind Faszienrollen aus Schaumstoff in allen erdenklichen Farben, Härtegraden und Oberflächentexturen. Mit den Walzen gleitet man langsam und unter Druck des Körpergewichts über Rücken, Schenkel, Waden oder auch den Allerwertesten.
Ist der Wirbel um die Walzen eine Luftnummer oder sind sie für bestimmte Anwendungen hilfreich? Im ÖKO-TEST: 16 Massagerollen unterschiedlicher Anbieter. Wir haben sie zum Schadstoffcheck ins Labor geschickt und nach aussagekräftigen klinischen Studien gesucht, die ihren Nutzen belegen.
Das Testergebnis
Dem Hype zum Trotz: Die wissenschaftlichen Beweise für einen Nutzen der Faszienrollen sind dürftig. So schneidet kein Produkt besser als mit "ausreichend" ab. Sieben Walzen beurteilen wir wegen problematischer Inhaltsstoffe und fehlender Trainingshinweise mit "mangelhaft".
Halbwegs aussagekräftige Studien lassen sich an den Fingern abzählen. Kein Anbieter legte uns produktspezifische Studien zu seiner Rolle vor. Das Fazit, das zwei systematische Übersichtsarbeiten aus dem Jahr 2015 ziehen, ist ernüchternd: Zwar weist eine kleine Zahl hochwertigerer Fallstudien darauf hin, dass Faszienmassage möglicherweise einen positiven Effekt auf Beweglichkeit, Müdigkeit und Schmerzen nach dem Training besitzt. Doch es fehlt an hochqualitativer klinischer Forschung, die diese Wirkungen fundiert belegt. Was das Massieren mit Schaumstoffrollen aber genau im Körper macht und ob es das Bindegewebe tatsächlich verändert, weiß man zudem bis heute nur ansatzweise. Denn das Gros der erfahrungsbasierten Studien untersucht nur Trainingseffekte und nicht die Faszien selbst.
Dies bedeutet eigentlich: Nutzen nicht ausreichend belegt - "mangelhaft". Das postulierte Prinzip der Faszienmassage erscheint aber plausibel. Die jahrelange Physiotherapeutenpraxis und der Einsatz im Leistungssport weisen zudem darauf hin, dass die Walzenmas...