12 gemusterte Tapeten im Test

Immer an der Wand entlang

ÖKO-TEST Jahrbuch Bauen, Wohnen, Renovieren für 2010 | | Kategorie: Bauen und Wohnen | 09.11.2009

12 gemusterte Tapeten im Test

Mustertapeten haben sich vom absoluten Tabu zum modischen Hingucker gemausert. Über Geschmack lässt sich dabei streiten. Über die Schadstoffe, die man sich ins Haus holt, nicht. Bedruckte Papiertapeten sind im Vergleich zu den beschichteten Modellen weniger belastet.

Wohnzeitschriften und Einrichtungsshows im Fernsehen verkünden die frohe Botschaft schon etwas länger: Farbige, extravagante Tapeten sind wieder angesagt. Unsere vier Wände sollen sich wieder was trauen, mehr Lebensfreude, Sinnlichkeit und Witz einziehen.

Der Markt hat sich schon voll auf die neue Liebe zur Wandbekleidung eingestellt. Zwischen reduziert und verspielt gibt es alle Spielarten - vom Wandkleid von der Stange bis hin zum maßgeschneiderten Seidenoutfit, handbemalt und handbestickt.

ÖKO-TEST hat in Baumärkten und bei Raumausstattern Mustertapeten eingekauft, darunter große, marktbestimmende Marken, aber auch eine Auswahl kleinerer Anbieter. Neben Tapeten mit aufgeschäumter Struktur finden sich auch einfache Papiertapeten in unserem Test. Insgesamt zwölf Modelle wurden in verschiedenen Laboren untersucht. Im Praxistest mussten sie zeigen, wie gut sie sich verarbeiten lassen.

Das Testergebnis

Mustertapeten mit Kunststoffbeschichtung sind ein Problem: Weichmacher, zinnorganische Verbindungen, PVC/PVDC/chlorierte Kunststoffe, flüchtige organische Verbindungen und optische Aufheller - die beauftragten Labore fanden jede Menge Schadstoffe darin. Die reinen Papiertapeten der Hersteller Erismann, Graham & Brown und Lutèce dagegen sind wesentlich geringer belastet.

Weichmacher sorgen dafür, dass die Kunststoffschicht, die meist als aufgeschäumte Farbpaste auf das Trägermaterial aufgebracht wird, lange elastisch bleibt. Die Hersteller setzen vor allem Weichmacher ein, die in Produkten für Babys und Kleinkinder stark reglementiert sind. Über den Hausstaub gelangen sie in die Wohnung, in Kleidung, Essen, Luft.

In Sachen Verarbeitung waren die von uns beauftragten Fachmänner im Großen und Ganzen zufrieden. Die Vliestapeten, die als "besonders leicht und schnell zu verarbeiten" angepriesen werden, machten ihnen aber ordentlich zu schaffen. "Für einen Laien ist die Wandklebetechnik, die diese Tapeten erfordern, nur schwer durchführbar", erklärt der Maler- und Lackierermeister Peter Hoffmann von der August-Bebel-Schule in Offenbach, der zusammen mit Auszubildenden die Tapeten auf ihre Praxistauglichkeit testete. "Das Hantieren mit der kompletten Tapetenrolle ist kompliziert. Rollt man sie von oben in das Kleisterbett, ist etwa die Gefahr groß, dass Kleister auf die Frontseite kommt." Die glänzenden Stellen, die zurückbleiben können, sind bei Mustertapeten ein echter Makel. Bei der Hälfte der Tapeten waren die Flecken trotz aller Bemühungen nicht zu entfernen.

Wer schon einmal selbst tapeziert hat, kennt den beißenden Geruch, der bisweilen aus frisch aufgerollten Tapeten aufsteigt. Wir ließen messen, welche Stoffe aus den Tapeten ausgasen und die Raumluft belasten. Besonders die P+S International Vliestapete fiel bei dieser Prüfung negativ auf. Sie gaste nach 24 Stunden noch immer jede Menge flüchtiger organischer Verbindungen aus, darunter auch Aromaten, die das Nervensystem schädigen können und teilweise krebsverdächtig sind. Bei der Graham & Brown Monsoon Home, Chrysanthemum - Damson Tapete sowie der Esprit Home Vliestapete fiel die Ausdünstung von Acrylaten negativ auf. Diese flüchtigen organischen Verbindungen können Allergien verursachen.

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf

Zwischen Dezember 2008 und Januar 2009 waren die ÖKO-TEST-Einkäufer in Baumärkten und bei Raumausstattern unterwegs, um Mustertapeten einzukaufen.

Problematische Inhaltsstoffe

Tapeten sollen gut aussehen. Das stellt einige Anforderungen an das Material. Die Farbe soll lichtbeständig sein, die Oberfläche waschbeständig, und damit die Tapete später schön an der Wand liegt, muss sie sich gut verarbeiten lassen. Die wenigsten Modelle bestehen nur aus Papier und Druckfarbe, häufig werden auch Kleb- und Kunststoffe verarbeitet.

Um alle Anforderungen zu erfüllen, greifen die Hersteller zu einer Vielzahl von Problemstoffen. Umweltbelastende optische Aufheller sorgen für strahlend weißen Eindruck, Kunststoffe, etwa PVC, machen die Tapeten abwaschbar, müssen aber häufig mit Phthalatweichmachern elastisch und mit zinnorganischen Verbindungen hitze- und lichtbeständig gemacht werden. Phosphororganische Verbindungen sollen die Tapeten schwerer entflammbar machen, nicht zuletzt können bedenkliche halogenorganische Verbindungen über das Bleichen des Papiers oder die Farben ins Produkt gelangen. Teilweise gasen Stoffe aus und verpesten nicht nur beim Tapezieren die Raumluft. Unsere Labore haben daher nach flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) gesucht. Auch der Frage, ob krebserregende Azo- und Allergien auslösende Dispersionsfarben eingesetzt wurden, gingen wir in diesem Test nach.

Der Praxistest

Wie sich die einzelnen Tapeten verarbeiten lassen, prüfte für uns der Maler- und Lackierermeister Peter Hoffmann mit Unterstützung seiner Schüler - Auszubildende der Fachstufe Maler und Lackierer in der August-Bebel-Schule in Offenbach. Tapeziert wurden vier Bahnen jeder Tapete - und das streng nach den Vorgaben der Hersteller. Bewertet wurde die Handhabung vom Zuschneiden über das Tapezieren bis hin zum Entfernen von Kleisterflecken. Auch die Qualität der Verarbeitungsanleitung wurde geprüft.

Die Bewertung

Tapeten sollen sich gut verarbeiten lassen, denn nur dann sehen sie auch gut aus. Ebenso wichtig ist, dass sie den Wohnraum nicht mit Schadstoffen belasten. Eine Tapete, die voller Schadstoffe steckt und im Testergebnis Inhaltsstoffe "ungenügend" abschneidet, können wir auch trotz sehr guter Verarbeitungsqualitäten nicht empfehlen. Sie bekommt auch "ungenügend" im Gesamturteil. Umgekehrt sind schadstofffreie Tapeten, die bei der Verarbeitung Schwierigkeiten machen und kein zufriedenstellendes Ergebnis liefern, nichts als ein Ärgernis. Daher kann das Gesamturteil auch nicht besser sein als das Testergebnis der Praxisprüfung. Richtig gut sind also nur Tapeten, die sowohl schadstofffrei als auch gut zu verarbeiten sind.