Derzeit sind rund 2,6 Millionen Menschen in Deutschland auf die Hilfe anderer angewiesen. Schon für das Jahr 2020 prognostiziert das Statistische Bundesamt 2,9 Millionen Betroffene, 2030 wird mit 3,4 Millionen gerechnet. Ohne eine private Zusatzversicherung werden viele zum Sozialfall, denn die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung reichen nicht, die Pflegekosten zu decken. Heute liegt die geschätzte Lücke - die regional sehr unterschiedliche ausfallen kann - je nach Pflegstufe und Art der Betreuung zwischen 350 und 2.100 Euro im Monat. Daher wird die freiwillige private Vorsorge seit 2013 staatlich gefördert. Der Pflege-Bahr - benannt nach dem ehemaligen FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr - wurde geboren. Satte fünf Euro Zuschuss gibt es dafür - jeden Monat.
Ein wirkliches Plus der Bahr-Policen scheint, dass es im Gegensatz zu ungeförderten Tarifen keine Gesundheitsprüfung gibt. Somit können Menschen mit schweren Vorerkrankungen einen Pflege-Bahr-Tarif abschließen, wenn sie im Moment der Vertragsunterzeichnung noch keine Leistung aus der gesetzlichen Pflegeversicherung bezogen haben. Im Gegenzug wird erst nach einer Wartezeit von fünf Jahren gezahlt, auch wenn die Pflegebedürftigkeit früher eintritt. Weil wahrscheinlich überwiegend Kranke einen solchen Tarif abschließen, haben die Assekuranzen einen deutlichen Sicherheitszuschlag eingepreist.
Das wiederum hat zur Folge, dass deutlich weniger Menschen als geplant eine Pflege-Bahr-Versicherung abgeschlossen haben. Die Bundesregierung hatte in der Gesetzesbegründung Mitte 2012 mit 1,5 Millionen Verträgen allein für das Jahr 2013 gerechnet. Bis Ende 2014 wurden aber erst 549.900 Verträge abgeschlossen, wie der Verband der Privaten Krankenversicherer (PKV-Verband) mitteilt.
Das zieht weitere Probleme für die Versicherten nach sich. "Die Gesamtzahl der abgeschlossenen Pflege-Bahr-Tarife ist nicht so hoch, dass man auch nur ansatzweise sicher sein könnte, dass hier ein Risikoausgleich zwischen guten und schlechten Risiken erfolgt", warnt Versicherungsmathematiker Peter Schramm, aus Diethardt im Taunus. Ähnlich sieht es Jörg Werner vom Analysehaus KVpro aus Freiburg: "Da nun auch endlich Personen, die Vorerkrankungen aufweisen, chronisch krank sind und ein hohes Pflegerisiko haben, eine private Pflegezusatzversicherung abschließen können, steigt natürlich das Risiko, dass die Beiträge nach der fünfjährigen Wartezeit angepasst werden müssen." Zweifel daran, dass die auf dem Markt angebotenen Tarife langfristig solide kalkuliert sind, kommen sogar aus der Branche selbst. "Wir haben Schwierigkeiten uns vorzustellen, dass der Pflege-Bahr versicherungstechnisch nachhaltig kalkuliert ist", so der Continentale-Vorstand Christoph Helmich. Selbst bietet das Unternehmen daher keine Pflege-Bahr-Tarife an.
Kommt es ab 2018, wenn Pflegebedürftige erstmalig Leistungen aus den Bahr-Tarifen erhalten, zu deutlichen Beitragserhöhungen, dürften gesu...