- Im Test: 18 weiße Antischimmel- beziehungsweise Feuchtraumfarben für Bad oder Küche, die wir in Bau-, Möbelmärkten oder Fachgeschäften eingekauft haben.
- Der Preis lag – umgerechnet auf eine Fläche von einem Quadratmeter – zwischen 50 Cent und 3,68 Euro.
- Enttäuschend: Die meisten Antischimmelfarben im Test enthalten bedenkliche Pestizide.
- Wer dennoch Antischimmelfarbe verwenden möchte, sollte eine ohne Zinkpyrithion oder Terbutryn wählen.
Schimmel in der Wohnung – das ist eine unangenehme Überraschung. Denn die schwarzen Flecken in Zimmerecken, an Fensterlaibungen, Badezimmerfugen oder hinter Möbelstücken sind nicht nur unansehnlich, sondern können handfeste gesundheitliche Folgen nach sich ziehen: So werden Schimmelpilze etwa in Zusammenhang mit Atemwegsbeschwerden, Allergien und Asthma gebracht.
Antischimmelfarben im Test enttäuschen
Klar, dass man die unerwünschten Mitbewohner so schnell wie möglich loswerden und verhindern will, dass sie sich erneut in den eigenen vier Wänden breitmachen. Baumärkte bieten für das Problem eine scheinbar einfache Lösung: spezielle Wandfarben mit schimmelhemmender Wirkung. Wir wollten genauer wissen, was in solchen Anstrichen steckt und haben 18 davon analysieren lassen.
Das Ergebnis fällt ernüchternd aus: Viele Antischimmelfarben fallen im Test durch. Das Problem: Bei den als Antischimmel-, Feuchtraum- oder Bad- und Küchenfarbe bezeichneten Produkten handelt es sich meist um Dispersionsfarben mit bioziden Zusätzen, die das Wachstum von Schimmelpilzen unterdrücken sollen. Doch durch die sogenannte Filmkonservierung holt man sich andere Probleme ins Haus.
Antischimmelfarben im Test enthalten Biozide
Eins dieser Probleme ist Zinkpyrithion, es steckt in zwölf Produkten. Der biozide Wirkstoff ist in der EU als vermutlich reproduktionstoxisch beim Menschen eingestuft, kann also die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und die Entwicklung ungeborener Kinder. In Kosmetika ist der Stoff seit 2021 verboten. Wir werten Zinkpyrithion, das zudem als sehr giftig für Wasserorganismen gilt, um zwei Noten ab.
Ebenso streng bewerten wir Terbutryn. Terbutryn ist ein Herbizid, das als Pflanzenschutzmittel in der EU nicht mehr zugelassen ist. Es hat in verschiedenen Organismen hormonähnliche und lebertoxische Effekte gezeigt und kann bei Hautkontakt zu allergischen Reaktionen führen.
Weitere gängige Biozide in Innenraumfarben sind auch:
- Octylisothiazolinon (OIT)
- Iodpropinylbutylcarbamat (IPBC)
Zwar können auch diese beide Substanzen Allergien auslösen und sind als langfristig gewässergefährdend eingestuft. Doch obwohl wir von der Verwendung biozidhaltiger Wandfarben abraten, werten wir OIT und IPBC als funktionsgebende Komponenten in Antischimmelfarben nicht ab.
Dabei orientieren wir uns an der Wiener Umweltanwaltschaft, die beiden Verbindungen den Vorzug vor anderen bioziden Wirkstoffen gibt: OIT und IPBC sind demnach leichter abbaubar und hätten kein krebserregendes, erbgut-oder fruchtschädigendes Potenzial.
Allergieauslösende Isothiazolinone überschreiten Spurengehalte
Neben OIT wies das Labor in allen Produkten weitere Isothiazolinone nach. Die stecken vermutlich als Topfkonservierer in den Farben, sollen also verhindern, dass diese in den Behältern vergammeln. Isothiazolinone gelten als stark allergieauslösend.
Nach den Kriterien des Umweltzeichens Blauer Engel dürfen sie in emissionsarmen Wandfarben höchstens in Spuren nachweisbar sein. Für die häufig kombiniert eingesetzten Verbindungen Benzisothiazolinon (BIT), Methylisothiazolinon (MIT) und Chlormethylisothiazolinon (CIT) orientieren wir uns an diesen Spurengehalten. Alle Farben überschritten mindestens einen dieser Werte.
Kritisch sehen wir auch das Konservierungsmittel Bronopol. Die halogenorganische Substanz kann die Haut reizen, die Augen schwer schädigen – und ist sehr giftig für Wasserorganismen.
Was ist das Problem an Bioziden in Antischimmelfarben?
Doch was sagen Experten zur Verwendung von Bioziden in Antischimmelfarben? Der Sachverständige Dr. Manfred Mierau jedenfalls rät auf Anfrage von ÖKO-TEST "aus baubiologischer Sicht strikt von der Verwendung solcher Farben" ab. Denn durch Ausgasen oder Abrieb könnten die Biozide freigesetzt werden und zu gesundheitlichen Risiken führen.
Er bezweifelt auch, dass schimmelhemmende Farben langfristig wirken, da viele biozide Wirkstoffe flüchtig sind. "Mir sind in der Praxis immer wieder Fälle begegnet, in denen nach einiger Zeit doch wieder Schimmel wuchs." Auch das Umweltbundesamt spricht sich gegen Biozide als Zusatz in schimmelhemmenden Wandfarben für Wohnräume aus.
Flüchtige organische Verbindungen in Antischimmelfarben im Test
Doch nicht nur Biozide sind ein Problem in Antischimmelfarben im Test. Ein weiterer Kritikpunkt sind flüchtige organische Verbindungen (VOC). Sieben Antischimmelfarben dünsteten im Labor eine aus unserer Sicht "erhöhte" Menge an VOC aus.
Die Verbindungen, darunter Formaldehyd und Hunderte weitere Substanzen, reizen die Atemwege und Schleimhäute, können zu Unwohlsein und Kopfschmerzen führen sowie Allergien begünstigen. Aus drei Produkten entweichen zudem mehr VOC als auf der Verpackung ausgelobt.
Das werten wir ebenso als Deklarationsmangel wie die Angabe "lösemittelfrei" auf drei Farben, in denen mehr als 700 Mikrogramm pro Kilogramm flüchtige organische Verbindungen gemessen wurden. Diesen Höchstgehalt sollten Farben nicht überschreiten, wenn sie gemäß einer Richtlinie des Verbands der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie als "lösemittelfrei" bezeichnet werden.
Tipps: So geht es auch ohne Pestizide
Mineralfarben benutzen: Eine ökologische Alternative zu Antischimmelfarben sind Mineralfarben wie Silikat- und Kalkfarben. Sie enthalten keine bedenklichen Biozide, sondern wirken aufgrund ihres hohen pH-Werts schimmelhemmend. Silikat- und Kalkfarben sind zudem diffusionsoffen, nehmen also Feuchtigkeit aus der Raumluft auf und geben sie wieder ab. Dieser Austausch macht es Schimmelsporen schwer, sich einzunisten.
Allerdings haben die Mineralfarben auch Nachteile: Sie sind aufwendiger und komplizierter in der Anwendung und in der Regel auch teurer als herkömmliche Dispersionsfarben. Kalkanstriche sind außerdem nicht wisch- und abriebfest und müssen in besonders feuchten Räumen wie Kellern regelmäßig erneuert werden, da sich ihr pH-Wert mit der Zeit verschiebt.
Schimmel vorbeugen: Wenn der Schimmel nicht auf Wasserschäden oder Baumängel zurückgeht, liegt es oft an unsachgemäßem Lüften, unzureichendem Heizen oder ungünstig aufgestellten Möbeln, wenn sich der fiese schwarze Belag an Wänden bildet. Um vorzubeugen, empfiehlt es sich, die Temperatur in allen Räumen – auch wenig genutzten – auf mindestens 16 Grad Celsius zu bringen – und auch in kalten Monaten regelmäßig stoßzulüften, am besten dreimal täglich.
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