Singvögel im Garten sorgen nicht nur für das morgendliche Open-Air-Konzert, sondern sie helfen auch dabei, die Schädlingspopulation zu regulieren. Aber wie lockt man sie auf das Grundstück? Mit einem ganzjährig ausgewogenen Nahrungsangebot.
Aber vor allem im Winter ist das Bedürfnis der Vögel nach Nahrung groß, sagt Martin Rümmler, Referent für Vogelschutz beim Naturschutzbund Deutschland (NABU). Dann brauchen die Tiere energiereiches Futter – vor allem Ölsaaten, aber auch reife Früchte.
Im Idealfall können Vögel an den Gartenpflanzen Beeren und Samen ernten – und nicht nur eine Sorte. Denn die verschiedenen gefiederten Mitbewohner haben ihre jeweilige Lieblingsspeise und das sind in der Regel heimische Pflanzenarten. Diese sind an die Bedürfnisse der Vogelwelt angepasst – und umgekehrt diese an die Pflanzen.
Ornithologen-Tipp: Niedriger Ehrenpreis
Ein gutes Beispiel dafür ist dieser Tipp des Ornithologen Peter Berthold. Der Niedrige Ehrenpreis ist eine kleine, krautige Pflanze, die bei milder Witterung ab Januar blüht. "Der Girlitz sammelt die kleinen Samen in der Milchreife, um sie im Frühling an die Jungen im Nest zu verfüttern", erzählt der emeritierte Professor für Vogelkunde.
Aber jede Regel hat Ausnahmen – so auch bei den nicht heimischen Pflanzenarten. So sind zum Beispiel die ursprünglich aus Nordamerika stammenden Nachtkerzen durchaus eine Nahrungsquelle für heimische Vögel. Und eine ganz wertvolle dazu.
Denn sie geben nicht all ihre Samen auf einmal frei, sondern öffnen ihre Kammern in Etappen, erklärt der Ornithologe Peter Berthold. "Selbst im Juni des darauffolgenden Jahres können sich noch Schoten öffnen." Daher sind die Nachtkerzen für den Vogelkundler eine Art immerwährende Streudose für Vogelfutter.
Sonnenblumen-Blüte stehen lassen
Auch die nicht heimischen Königskerzen, Telekien und Alant liefern dem Experten zufolge begehrte Samen. Genauso wie eine Pflanze, deren Kerne sogar in vielen kaufbaren Vogelfuttermischung zu finden sind: Die Sonnenblume.
Gefühlt ist sie sowieso schon längst heimisch in unseren Gärten – und das mit großem Mehrwert für die Tiere. Vögel können im Herbst nach der Blüte der Sonnenblume die ölhaltigen Samen direkt aus dem Blütenboden picken. Man sollte die welken Blüten also nicht direkt abschneiden.
Übrigens: Peter Berthold empfiehlt, während der Winterwochen sogar Unkräuter in den Gemüsebeeten wachsen beziehungsweise stehen zu lassen. Sogar aus zwei guten Gründen: Die Pflanzen schützen den Boden und das Nahrungsangebot für die Vögel wird vergrößert.
Die vielen Beispiele zeigen: Man sollte sich gut damit auseinandersetzen, welche Pflanzen Vögeln etwas bieten können. Und selbst innerhalb einer Pflanzengruppe kann es Unterschiede geben, über die man sich bewusst sein sollte, wenn man Vögeln im eigenen Garten etwas Gutes tun möchte. Ein Beispiel dafür sind die Disteln.
Unter dieser Bezeichnung werden viele verschiedene Gattungen und Arten zusammengefasst – etwa die dekorativen, hohen Eselsdisteln, die wunderschöne Wollkopf-Kratzdistel und auch die Karden. "Der Stieglitz pickt mit großer Vorliebe an den Karden", so Peter Berthold.
Etwas Fallobst für die Vögel übrig lassen
Nicht alle gefiederten Gartenbewohner ernähren sich von Samen. Manche Vögel wie die Amsel und das Rotkehlchen sind Weichfutterfresser. Sie greifen sich im Herbst vorzugsweise Beeren und andere Früchte, die an Sträuchern und Bäumen reifen. Darunter sind die verschiedenen Arten der Vogelbeere quasi die begehrtesten Restaurants der Stadt. Die orangeroten Beeren leuchten nur kurz im herbstlichen Laub, dann sind sie auch schon vertilgt.
Auch Fallobst ist begehrt, von dem man daher den Vögeln etwas liegen lassen sollte, rät Nabu-Experte Martin Rümmler. Aber nur gesunde Früchte, damit die Vögel keine Krankheiten erleiden.
Er empfiehlt außerdem das Pflanzen von den Wildgehölzen Kornelkirschen, Holunder und Wildrosen. Und ein "Notnagel" für die späten Wintertage sei der Efeu. Das Klettergehölz kommt im Spätsommer zur Blüte, so dass die Beeren entsprechend erst im Winter reif sind. Dann sind viele Vorräte bereits verbraucht, so dass der Nachschub bei den Vögeln dann begehrt ist.
Finken möchten Birke, Kernbeißer Kirschen
Aber auch unter den fruchtbildenden Vogelpflanzen kommt es oft wieder darauf an, welche Tiere auf welche Früchte spezialisiert sind: Finken ernten ihre Nahrung gerne an Erlen, Birken und Haselstrauch, während der Kernbeißer mit seinem dicken Schnabel Kirschkerne öffnet und den Samen herauspickt.
Übrigens: Die Vögel brauchen ja nicht nur Futter im Garten, sondern auch Unterkünfte. Gerade eine dichte Aststruktur von Bäumen und Hecken bietet den Tieren einen guten Witterungsschutz.
Und man sollte Pflanzen, die einen Schnitt vor dem nächsten Austrieb brauchen, erst nach dem Winter stutzen – um die Samen zu erhalten, aber auch um Insekten etwa in den Stängeln der Stauden einen Überwinterungsplatz anzubieten. Denn wer sie fördert, fördert nun mal auch die Insektenfresser unter den Vögeln.
Und zur Ausstattung eines vogelfreundlichen Gartens sollte auch eine Tränke gehören, die regelmäßig befüllt wird – sogar im Winter.
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