Was tun mit dem Restwasser aus dem Wasserkocher? Die Frage haben sich sicher viele schon mal in der Küche gestellt. Darauf deutet auch eine Umfrage im Auftrag des SGS Instituts Fresenius von 2017 hin: Demnach schütten 53 Prozent der Deutschen das Restwasser vom Vortag weg, während 47 Prozent es weiter nutzen.
Die größte Befürchtung der Umfrage-Teilnehmer: Im abgestandenen Wasser könnten sich gesundheitsschädliche Keime gebildet haben. Darüber muss man sich aber keine Sorgen machen, sagt Markus Egert, Professor für Mikrobiologie und Hygiene an der Hochschule Furtwangen. "Im stehenden Wasser sammeln sich zwar schnell Bakterien an. Aber die Hitze, die beim Aufkochen im Wasserkocher entsteht, tötet sie ab."
Konkret sterben die Bakterien, wenn das Wasser für zwei bis drei Minuten auf 60 bis 70 Grad Celsius erhitzt wird, erläutert der Experte.
Geben Wasserkocher Schadstoffe ab?
Wie sieht es aber mit möglichen Schadstoffen aus, die sich aus den Wasserkochern lösen könnten? In der Umfrage des Fresenius-Instituts von 2017 war das der zweite Grund, das Restwasser nach dem Aufkochen wegzuschütten.
Nun, es kann durchaus passieren, dass Edelstahlkocher Nickel freisetzen, während sich aus Kunststoffgeräten Mikroplastik bzw. Weichmacher wie das hormonell wirksame Bisphenol A (BPA) lösen kann.
Doch auch hier kann Entwarnung gegeben werden: "Im Wasserkocher werden keine Stoffe freigesetzt, die auch nur annähernd eine schädliche Wirkung haben könnten", sagt Professor Torsten Schmidt, Lehrstuhlinhaber für Instrumentelle Analytische Chemie an der Universität Duisburg-Essen.
"Wenn sich zum Beispiel Nickel löst, dann in der Regel nur in sehr geringen Gehalten", erläutert der Fachmann, der auch wissenschaftlicher Direktor für Wasserchemie am Rheinisch-Westfälischen Institut für Wasserforschung (IWW) ist. "Chemische Substanzen wie BPA werden nicht in bedenklichen Mengen über das Wasser im Wasserkocher aufgenommen. Problematischer ist die direkte Aufnahme über den Speichel, wie das etwa bei Schnullern der Fall ist", betont der Wissenschaftler.
Chemiker: Angst vor Schadstoffen ist unbegründet
Somit sei die Sorge um gefährliche Substanzen im Wasserkocher unbegründet. In Hinblick auf eine mögliche Schadstoffabgabe spiele es auch kaum eine Rolle, wie lange das Wasser im Kocher steht. Wichtiger sei es, einen neuen Wasserkocher vor der ersten Benutzung mit heißem Wasser zu reinigen. "Dadurch werden zum Beispiel oberflächlich anhaftende Stoffe größtenteils beseitigt", sagt Professor Torsten Schmidt. Das hierfür aufgekochte Wasser sollte dann weggeschüttet werden.
Generell möchte der Wasserchemiker beruhigen: "Menschen, die Angst vor Schadstoffen haben, die der Wasserkocher abgeben könnte, müssten sich im Prinzip auch über jeden Kochtopf und jede Plastikschüssel Gedanken machen."
Übrigens: Schadstoffe waren auch in unserem Wasserkocher-Test kein großes Thema, auch Bisphenol A nicht. Wir bemängeln nur an einem Kocher, dass zu viel Nickel ins Wasser übergeht. In Stichproben sind wir auch auf Mikroplastik gestoßen. Mikroplastik ist allgegenwärtig. Was das auf Dauer für unsere Gesundheit bedeutet, ist noch ungeklärt.
Plastikarme Wasserkocher bevorzugen
Wer lieber auf Nummer sicher gehen und das Schadstoffrisiko reduzieren möchte, sollte besser zu hochwertigen plastikarmen Wasserkochern greifen. Das Fresenius-Institut rät, auf das GS-Siegel zu achten (kurz für "Geprüfte Sicherheit"). Es bescheinigt einem Produkt, dass es den Anforderungen des deutschen Produktsicherheitsgesetzes entspricht.
Die GS-Prüfung ist freiwillig und für die Hersteller mit Kosten verbunden. Dabei untersucht eine unabhängige Prüfstelle das Produkt regelmäßig auf diverse Merkmale, wie elektrische Sicherheit, Ergonomie und Lärmemissionen. Auch der Kunststoff wird bewertet: Dieser darf keine Schadstoffe ans Wasser abgeben.
Zwar sind die zugrundeliegenden europäischen Sicherheitsnormen bei schädlichen Chemikalien nicht umfassend. Allerdings bieten GS-Siegel mehr Sicherheit als das CE-Zeichen: Dieses bringen die Hersteller bzw. Inverkehrbringer meistens selbst an. Sie bestätigen lediglich, dass das Produkte den Vorschriften der EU entspricht. Eine Überprüfung durch eine unabhängige Stelle erfolgt meistens nicht.
Kalk fördert das Bakterienwachstum
Fest steht also: Das erneute Aufkochen im Wasserkocher ist unbedenklich. Aber was ist mit Kalkablagerungen? Die sind aus gesundheitlicher Sicht kein Problem. Im Gegenteil: "Kalk ist sehr gesund", sagt Professor Markus Egert. Schließlich bestehe Kalk aus Kalzium und Magnesium, beides wichtige Mineralien, die unter anderem gut für die Knochen sind.
Dafür bringt Kalk andere unerfreuliche Effekte mit sich. "Er begünstigt das Wachstum von Bakterien zusätzlich. Außerdem wirkt sich Kalk negativ auf den Geschmack aus – zumindest gibt es Menschen, die das so wahrnehmen", schildert der Mikrobiologe, der sich auf die Haushaltshygiene spezialisiert hat.
Gut für die Geräte ist Kalk bekanntlich auch nicht: Wasserkocher, in denen sich viel Kalk abgelagert hat, brauchen mehr Zeit und Energie, um den Inhalt zu erhitzen. Deshalb ist es wichtig, die Geräte regelmäßig zu entkalken.
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Wenn das Wasser erhitzt wird, fällt Kalk aus
Es handelt sich übrigens um einen Irrglauben, dass stehendes Wasser zwangsläufig die Verkalkung fördert: Kalk wird erst richtig bei Hitze freigesetzt. "Der Kalk fällt aus, sobald das Wasser erhitzt wird", erklärt Wasserchemiker Torsten Schmidt.
Zwar könnten Kalkkristalle im restlichen stehenden Wasser beim nächsten Erhitzen von frischem Wasser zu vermehrtem Kalkausfall führen. Denn an der Oberfläche solcher Kristalle scheide sich weiterer Kalk schneller ab. "Der Effekt dürfte aber nur minimal sein."
Restwasser zum Blumengießen aufheben
Wer das abgestandene Wasser nicht mehr trinken möchte, sollte es jedoch nicht einfach wieder in die Spüle schütten: "Aus energetischer Sicht wäre das eine Verschwendung", sagt Markus Egert, Professor für Mikrobiologie und Hygiene an der Hochschule Furtwangen. Schließlich wurde das Wasser dann unnötig erhitzt, nur um wieder erneut in einem komplexen Verfahren zu Trinkwasser aufbereitet zu werden.
"Das Restwasser lässt sich noch gut verbrauchen, indem man es etwa in einer Gießkanne sammelt und zum Blumengießen verwendet", schlägt der Hygieniker vor. "Noch besser ist es natürlich, von vornherein nur so viel Wasser zu erhitzen, wie auch tatsächlich benötigt wird."
Nebenbei bemerkt, ist auch Leitungswasser nicht völlig keimfrei. "Es ist nie steril", sagt der Professor. "Pro Milliliter dürfen nämlich laut Trinkwasserverordnung bis zu 100 Keime enthalten sein." Unter ihnen dürften sich aber keinerlei pathogenen Keime wie E. coli-Bakterien befinden.
Kaffeemaschinen können zum Keimherd werden
Menschen, die Angst vor Keimfallen in der Küche haben, sollten sich im Übrigen öfters um ihre Kaffeemaschine kümmern. Denn: "Wenn sie nicht gut gepflegt werden, bilden sich im Wassertank Biofilme", erklärt Markus Egert.
Das sind Schleimschichten, die von Bakterienkolonien produziert werden. "Biofilme sehen nicht nur hässlich aus und können anfangen zu riechen. Sie sind auch ein potentielles Sammelbecken für Pathogene, also krankmachende Keime wie E. coli-Bakterien", so der Fachmann.
"Wenn der Kaffee aber heiß genug aufgebrüht wird, sterben auch die Bakterien aus den Biofilmen ab", sagt der Hygieneexperte. Hinzu komme, dass Koffein, wie auch das Teein in manchen Teesorten, eine antimikrobielle Wirkung habe. "Werden die Biofilme aber nicht entfernt, können sie mit der Zeit die Maschine verstopfen."
Eine besonders intensive Pflege bräuchten Kaffeemaschinen, die Milch aufschäumen können. Denn die Milch sei für Bakterien eine beliebte Futterquelle. "Sie enthält viele Proteine, die für Mikroben leicht verdaulich sind", sagt der Hochschulprofessor. Das Problem: Wenn die Milch nur erwärmt, nicht aber erhitzt werde, könnten Bakterien im Getränk landen. Umso wichtiger sei es, das Gerät bzw. die zugehörigen Schläuche stets sauber zu halten.
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