Wenn jemand vor ein paar Jahren von Thunfisch sprach, meinte er praktisch immer Dosenware: Weißlich-braune Fischstücke in Öl oder Wasser, die auch mal krümelig oder trocken sein konnten. Als Pizzabelag oder Salatbeigabe ganz okay. Aber keinesfalls etwas, das man in einem guten Restaurant bekommt. Heute verarbeiten Spitzenköche rohen Thunfisch zu Carpaccio oder Tartar, beizen ihn mit Sternanis oder verarbeiten ihn zu Thunfisch-Espuma, einem Schaum, der sofort auf der Zunge zergeht. Wer in diesen gastronomischen Gefilden Thunfisch brät, hüllt das Filet gerne in einen Sesammantel oder in ein Noriblatt. Anschließend gut durchbraten? Total verpönt! Der Gourmet liebt es außen heiß und innen roh und akzeptiert höchstens ein paar Millimeter "Bratschicht".
Doch nach wie vor ist frischer Thunfisch ein Nischenprodukt. Der meiste Thunfisch, der in Deutschland verzehrt wird, kommt aus der Konserve. Den Inhalt von rund zehn Dosen verzehrt jeder Bundesbürger pro Jahr.
Bislang wird der Fisch im großen Stil aus dem Meer geholt. Anders wäre der schier unersättliche Appetit auch kaum zu stillen: Insgesamt 6,3 Millionen Tonnen Thunfisch und nahestehende Arten haben die Fischer im Jahr 2008 aus dem Meer geholt, so ein aktueller Bericht, den die UN-Organisation für Landwirtschaft und Ernährung (FAO) im vergangenen Jahr herausgegeben hat. Viele Bestände nennt die FAO überfischt oder ausgebeutet. Sollen auch die kommenden Generationen noch in den Genuss von Sushi und Pizza Tonno kommen, bleibt nur, nachhaltig zu fischen. Oder Visionen zu haben.
Warum sollte sich Thunfisch nicht züchten lassen? Leider funktioniert das bislang nicht so gut. "Fischmast" wäre deshalb wohl der passendere Ausdruck für die Thunfisch-Aquakulturen an der Mittelmeerküste. Hierfür werden vor allem Jungtiere des ohnehin schon knappen Roten Thunfischs eingefangen und gehalten, bis sie die richtige Größe erreicht haben. Ein Unterfangen, das von Umweltschützern äußerst kritisch beäugt wird.
Eine Alternative zur Aquakultur in Küstennähe könnten vielleicht Fischfarmen in riesigen Netzgehegen sein, die durch das offene Meer treiben. Bislang sind die Gehege noch eine Vision des amerikanischen Meeresbiologen John Marra von der Columbia University New York. Diese Gehege, die die Ausmaße einer Kongresshalle haben könnten, sollen an der Küste eines Kontinents mit gezüchteten Jungfischen bestückt werden. Anschließend wandern die Netze über viele Monate hinweg durch den Ozean, getragen von der Meeresströmung. Wenn die Gehege ihr Ziel auf einem anderen Kontinent erreicht haben, so die Vorstellung, haben auch die Fische ihr Schlachtgewicht erreicht. Ob das aber je kommerziell und umweltverträglich funktionieren wird, ist eine ganz andere Frage.
Eine weitere Vision: Fischer könnten von Booten aus Thunfische anlocken, regelmäßig füttern und immer wieder einzelne Fische fangen. Warum sollte es nicht gelingen, Thunfische zu weiden, ähnlich wie ...