Aspartam: WHO stuft den Süßstoff als "möglicherweise krebserregend" ein

Autor: Redaktion (hap/lr/lew) | Kategorie: Essen und Trinken | 14.07.2023

Der Süßstoff Aspartam, der unter anderem in Cola-Light-Getränken enthalten ist, soll wohl als "möglicherweise krebserregend" eingestuft werden.
Foto: Sarah2/Shutterstock

Der Süßstoff Aspartam steckt in vielen Getränken und Speisen. Nun hat ihn die Krebsforschungsagentur IARC von der Weltgesundheitsorganisation WHO als "möglicherweise krebserregend" eingestuft. Ein Überblick.

Aspartam ist ein künstlicher Süßstoff, der weltweit in diversen Lebensmitteln eingesetzt wird, etwa in Light-Getränken oder Kaugummis. ÖKO-TEST hat ihn zuletzt im Test Isotonische Getränke kritisiert.

Das Süßungsmittel ist kalorienarm, aber dafür 200-mal süßer als Zucker. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) hat es nun als "möglicherweise krebserregend" eingestuft. Gleichzeitig gibt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) aber Entwarnung. Wie passt das zusammen? 

Was ist Aspartam?

Aspartam ist ein synthetisch hergestellter kalorienarmer Süßstoff. Er ist laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) etwa 200-mal süßer als Zucker. Aspartam ist seit vielen Jahren für den menschlichen Verzehr zugelassen, etwa als Tafelsüßstoff oder in Lebensmitteln wie Erfrischungsgetränken, Kaugummi, Joghurt, Eis, Senf, Soßen, sowie in Zahnpasta, Hustensaft und manchen Vitamintabletten.

Der Süßstoff muss auf dem Etikett angegeben sein, entweder mit Namen oder seiner E-Nummer (E951). Aber wie viel davon im Produkt ist, erfahren Konsumentinnen und Konsumenten in der Regel nicht.

Was bedeutet die Einstufung der IARC?

Die IARC beurteilt, ob eine Substanz generell bei Menschen Krebs verursachen könnte. Sie unterteilt untersuchte Stoffe in drei Kategorien: "möglicherweise krebserregend", "wahrscheinlich krebserregend" und "krebserregend". Aspartam wurde erstmals untersucht und landete in der Kategorie "möglicherweise krebserregend", unter die auch 320 andere Substanzen fallen.

Allerdings: Die IARC berücksichtigt nicht, wie viel ein Mensch zu sich nehmen müsste, um ein Krankheitsrisiko zu haben. Deshalb ist es möglich, dass ein Stoff zwar als möglicherweise krebserzeugend eingestuft ist, die Menge, die ein Mensch üblicherweise etwa über Lebensmittel aufnimmt, aber so gering ist, dass das Risiko als vernachlässigbar gilt.

Die Ratschläge für Einzelpersonen stammen von einem separaten WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe, dem JECFA, sowie von den nationalen Regulierungsbehörden.

Was sagt die WHO zu Aspartam?

Die Weltgesundheitsorganisation macht anders als die IARC eine Risikoanalyse und berücksichtigt die konsumierte Menge. Sie hält die Studien, die die IARC für Aspartam heranzog, für nicht eindeutig genug. Deshalb hält sie den Verzehr im Rahmen ihrer bislang geltenden Tageshöchstempfehlungen für unbedenklich.

Wie viel Aspartam gilt laut EFSA und WHO als unbedenklich?

Die akzeptable Aufnahmemenge von Aspartam pro Tag (ADI) liegt laut EFSA und WHO bei 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Diese Menge könne nach den Einschätzungen ein ganzes Leben lang ohne Bedenken eingenommen werden. Um diesen Wert zu erreichen, müsste eine 70 Kilogramm schwere Person am Tag beispielsweise neun bis 14 Dosen herkömmlicher Größe mit stark aspartamhaltigem Diät-Getränk trinken, rechnet die WHO vor.

Allerdings heißt das für leichtere Personen und damit vor allem auch für Kinder, dass die unbedenkliche Menge deutlich niedriger liegt. ÖKO-TEST rät deswegen, dass insbesondere kleine Kinder und Schwangere besser keine aspartamhaltigen Getränke trinken sollten.

Problem: Die Menge muss nicht deklariert werden

Die Mengen Süßstoff je nach Getränk und Hersteller sind unterschiedlich. Coca-Cola Schweiz berichtete 2020, dass in der Schweiz Coca-Cola zero und Coca-Cola light etwa 130 Milligramm Aspartam pro Liter enthielten. Davon könnte ein 70-Kilogramm-Mensch theoretisch dann am Tag mehr als 20 Liter trinken, ehe er an die empfohlene Höchstmenge stößt.

ÖKO-TEST weist an dieser Stelle auf ein Problem hin: Die Hersteller müssen nicht deklarieren, wie viel Aspartam sie verwenden. Das bedeutet, die Menge ist deswegen für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht erkennbar.

Sollte man Lebensmittel mit Aspartam künftig meiden?

Die WHO beruhigt: Dafür bestehe kein Anlass, solange man unter den täglichen Höchstmengen bleibe. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sagt, Aspartam sei eines der am besten untersuchten und von internationalen Expertengremien wiederholt bewerteten Süßungsmittel. Das BfR hat auch keine Bedenken.

Allerdings betont die WHO hingegen, dass es noch nicht genügend sichere Erkenntnisse gibt und weiterer Forschungsbedarf besteht.

Die WHO rät generell, sowohl Zucker als auch Süßstoffe zu reduzieren. Besser sei es, etwa mit Obst zu süßen.

Wie bewertet ÖKO-TEST Aspartam? 

Künstliche Süßstoffe wie Aspartam stehen schon seit Jahren in der Kritik von ÖKO-TEST. Diese Stoffe werten wir aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes ab. Das hat zwei Gründe:

  1. Schon lange wird vermutet, dass die dauerhafte Aufnahme von künstlichen Süßstoffen zu gesundheitlichen Folgen führen kann. Welche das sind, ist noch unklar.
  2. Künstliche Süßstoffe, die oft gentechnisch hergestellt werden, sind zwar frei von Kalorien, helfen Studien zufolge aber trotzdem selten beim Abnehmen. Vielmehr ist es sogar so, dass sich die Geschmacksnerven an die süße Kost gewöhnen können und sogar Appetit auf mehr davon machen. Will sich jemand gesund ernähren, ist es aber das Ziel, insgesamt weniger süß zu essen.

Für uns stellt sich sowieso die Frage, warum Hersteller überhaupt Aspartam einsetzen. Wir finden: Für einen Stoff, der als "möglicherweise krebserregend" eingestuft ist, gibt es keine sicheren Verzehrmengen. Außerdem gibt es durchaus Alternativen zu Aspartam. Hier sind die Hersteller gefragt: Aus unserer Sicht müssen sie Aspartam ersetzen. 

Aspartam war zuletzt ein Thema in unserem Test von Isotonischen Getränken. Wir kritisieren es in ein paar Produkten. Mehr zum Test lesen Sie hier: 

IARC hat 1.300 Studien untersucht 

Der Süßstoff bleibt umstritten. So zeigte eine französische Studie mit 100.000 Erwachsenen im vergangenen Jahr, dass Menschen, die größere Mengen an künstlichen Süßstoffen – einschließlich Aspartam – einnahmen, ein leicht erhöhtes Krebsrisiko hatten. Bereits in den früheren 2000er Jahren hatte eine Studie des italienischen Ramazzini-Instituts ergeben, dass einige Krebsarten bei Mäusen und Ratten mit Aspartam in Verbindung stehen können.

Allerdings konnte die erste Studie nicht nachweisen, dass Aspartam das erhöhte Krebsrisiko verursacht. Bei der zweiten Studie wurde die Methodik in Frage gestellt, auch von der EFSA, die diese Studie bewertet hat. Die IARC erklärte, sie habe bei ihrer Überprüfung im Juni 1.300 Studien bewertet.

Weiterlesen auf oekotest.de: