- Wir haben 20 Packungen geschrotete Leinsamen eingekauft und getestet.
- Nur ein Produkt schneidet mit Bestnote ab.
- Ein paar Leinsamen im Test sind mit Mineralöl verunreinigt.
- Ärgerlich: Einige Hersteller zeigen wenig Verantwortung für die Arbeitsbedingungen in den Anbauländern.
Ab damit in den Joghurt oder ins Müsli: Zwei Löffel geschrotete Leinsamen können schon viel für eine ausgewogene Ernährung bringen. Der hohe Anteil guter Ballaststoffe und der angenehm nussige Geschmack sind dabei nur zwei von mehreren Vorteilen.
Dm, Davert, Demeter & Co.: Leinsamen im Test
Damit Leinsamen auch wirklich gesund sind, sollten sie natürlich frei von Schadstoffen sein. Und das ist in unserem Test leider oft nicht der Fall. Unsere Kritik in Kürze: Wir beanstanden aus unserer Sicht "erhöhte" Mineralölgehalte, zudem steckt in einem Produkt das Spritzgift Glyphosat. Nur ein Produkt schneidet insgesamt mit "sehr gut" ab. Sieben weitere können wir mit dem Gesamturteil "gut" empfehlen.
Mineralöl ist ein Problem in den Leinsamen im Test. Insgesamt zehnmal kritisieren wir Verunreinigungen mit gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen (MOSH) und chemisch sehr ähnlichen Verbindungen (MOSH-Analoge). MOSH reichern sich im menschlichen Körper an. Welche Folgen das hat, ist noch unklar.
Mineralöl als Problem in Leinsamen
Die Belastung in einem der Testschlusslichter ist nach ÖKO-TEST-Bewertung sogar "stark erhöht" und überschreitet den Orientierungswert, den Lebensmittelproduzenten und Überwachungsbehörden für Ölsaaten vereinbart haben. In diesem Produkt hat das Labor auch noch aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH) nachgewiesen, die nun wirklich überhaupt nichts in Lebensmitteln zu suchen haben.
Zur Stoffgruppe der MOAH können auch krebsverdächtige Verbindungen gehören. Denkbar wäre, dass die Mineralölbestandteile etwa aus Verpackungen in den Schrot übergegangen sind.
Ist Blausäure in Leinsamen gefährlich?
Was viele nicht wissen: Leinsamen gehören, wie bittere Aprikosenkerne und Bittermandeln zu den Lebensmitteln, die natürlicherweise relativ viel sogenannte cyanogene Glykoside enthalten, aus denen beim Kauen und Verdauen Blausäure freigesetzt wird.
Das ist erst mal kein Grund zur Panik, denn der menschliche Körper kann bestimmte Mengen an Blausäure abbauen. Zudem gibt es anders als bei hoch belasteten bitteren Aprikosenkernen keine Berichte über Vergiftungserscheinungen oder gar Todesfälle durch Leinsamen.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat festgestellt, dass aus Leinsamen weniger Blausäure ins Blut gelangt als aus Aprikosenkernen.
Das Risiko für Kinder ist nicht geklärt
Die Fachleute befanden selbst hoch belastete Leinsamen für gesundheitlich unbedenklich, sofern ein Erwachsener nicht mehr als 15 Gramm pro Mahlzeit isst - ausgehend von 3 Mahlzeiten pro Tag. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte man also nicht mehr als höchstens zwei Esslöffel pro Mahlzeit rohe Leinsamen essen.
Unklar hingegen ist die Sicherheit von rohen Leinsamen für Kinder. Wir monieren bei einer Reihe von Produkten, dass auf den Verpackungen der Hinweis auf eine maximale Aufnahmemenge und/oder die Information, dass die Leinsamen für Kleinkinder überhaupt nicht geeignet sind, fehlt. Beides freiwillige, jedoch wichtige Angaben.
Bisher ist kein gesetzlicher Grenzwert festgelegt
Einen gesetzlichen Grenzwert für Blausäure in Leinsamen gibt es noch nicht, aber auf EU-Ebene wird aktuell über einen Höchstgehalt von 150 Milligramm pro Kilogramm diskutiert. Daran orientiert bewerten wir den Gehalt in einigen Produkten als "erhöht".
Übrigens: Blausäure verflüchtigt sich, wenn Leinsamen erhitzt werden.
Überzeugen die Leinsamen im Geschmack?
Das ist ansonsten im Leinsamen-Test aufgefallen:
- Gute Nachricht aus dem Labor: Die in den Leinsamen enthaltenen empfindlichen Fette waren nicht ranzig. Die Sensorikexperten nahmen nur einmal Geruchsauffälligkeiten wahr: Ein Produkt roch leicht alt und sehr leicht fischig.
- Blei und Cadmium hat das beauftragte Labor nur in geringen Spuren gefunden und bis auf ein Produkt, das Spuren des Spritzgifts Glyphosat enthielt, waren alle anderen frei von Pestiziden.
Kein Produkt im Test stammt aus Deutschland
Obwohl Flachs auch hierzulande gedeiht und Leinsamen deshalb ein "heimisches Superfood" sein sollen, stammen von den getesteten Leinsamen null aus Deutschland. Je einmal sind immerhin Rohstoffe aus Österreich, Italien, Polen und Frankreich verarbeitet.
Die beiden am häufigsten vertretenen Anbauländer sind aber Kasachstan und Indien, Länder mit einer eher unsicheren rechtlichen und sozialen Lage – wie auch Russland. Bei Herkunftsländern mit einem höheren Risiko für Menschenrechtsverletzungen kommt es besonders darauf an, dass Anbieter sich darum kümmern, dass die Arbeitsbedingungen auch am Anfang ihrer Lieferkette in Ordnung sind.
Wir baten die Firmen für alle Leinsamen im Test darum, uns deren Stationen vor dem Verkauf transparent zu machen. Für die Risikoländer fragten wir nach Bemühungen um faire Arbeitsbedingungen und baten um aussagekräftige Dokumente. In acht von 14 Fällen legten die Anbieter uns externe Zertifikate und Auditberichte vor, die sich an internationalen Sozialstandards orientieren.
Für vier weitere Produkte aus Risikoländern machten die Firmen uns immerhin ihre Lieferketten nachvollziehbar. Was wir als sehr schlechtes Zeichen werten ist, dass wir für zwei Leinsamen überhaupt keine Antwort bekommen haben.
Tipps zum Verzehr von Leinsamen
- Wenn man Leinsamen isst, sollte man dazu reichlich trinken. Ohne Flüssigkeitszufuhr können geschrotete Leinsamen so verkleben, dass sie den Darm verschließen.
- Geschrotete Leinsamen eignen sich auch als Ei-Ersatz zum Beispiel beim Backen von Rührkuchen oder Vollkorngebäck oder zum Binden von Bratlingen. Sie geben dem Ganzen einen leicht nussigen Geschmack. Um ein Ei zu ersetzen, einen Esslöffel Leinsamenschrot mit drei Esslöffeln warmem Wasser anrühren. Wenn Leinsamen gebacken sind, muss man sich, wie oben bereits erwähnt, keine Sorgen wegen der giftigen Blausäure machen. Sie verflüchtigt sich bei Hitze.
- Geschrotete Leinsamen werden schnell ranzig. Das spricht dafür, kleinere Packungen zu kaufen. Möglichst luftdicht verschlossen aufbewahren.
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