Mais, Reis, Weizen, Roggen, Gerste und Hafer sind die Basis für viele Grundnahrungsmittel wie Brot und Nudeln. Die Getreidesorten nehmen eine wichtige Rolle in unserer täglichen Ernährung ein – sie spenden Energie und sättigen. Doch neben den vielen wichtigen Kohlenhydraten haben die Getreideprodukte noch eine weitere Gemeinsamkeit: Sie enthalten oft die Schimmelpilzgifte H-2 und HT-2. Unsere Tests zeigen: Diese sind immer wieder ein Problem.
Als wir im Jahr 2023 Mais-Snacks überprüften, waren zehn von 19 Produkten aus unserer Sicht in bedenklicher Höhe mit Schimmelpilzgiften verunreinigt. Im Toasties-Test, der im August dieses Jahres veröffentlicht wurde, wies das Labor elfmal T-2/HT-2-Schimmelpilzgifte nach – fünf Produkte davon wiesen Gehalte auf, die wir als "erhöht" bewerten. Aktuell haben wir zarte Haferflocken überprüft. Hier bemängeln wir enthaltene Schimmelpilzgifte in acht Produkten.
Warum landen mit Getreide-Produkten immer wieder Schimmelpilzgifte in unserem Essen? Molekularbiologin Dr. Lisa Hitschler, Projektleiterin bei ÖKO-TEST, gibt Antworten.
Fusarien-Pilze sind ein großes Problem in der Landwirtschaft
Wie entstehen die Schimmelpilzgifte T-2/HT-2?
Lisa Hitschler: T-2/HT-2 sind Toxine, die hauptsächlich von Pilzen der Gattung Fusarium gebildet werden. Diese Pilze bevorzugen Getreide und Mais sowie Gräser als Wirtspflanze, weshalb Getreidearten als Kulturpflanze besonders betroffen sind. Dazu gehören Mais, Reis, Weizen, Roggen, Gerste und eben auch Hafer. Die Übertragung der Sporen kann beispielsweise über Wind und Wasser, aber auch bereits befallene Pflanzenteile erfolgen.
Die Pilze mögen ein feuchtwarmes Klima und können sich dann besonders gut vermehren. Sie können in den Haferkern eindringen und dort dann die Toxine bilden. Das Ausmaß der Toxinbildung hängt somit vor allem von Faktoren wie Feuchtigkeit und Temperatur während der Vegetationsperiode, der Fruchtfolge, der Bodenbearbeitung, aber auch der Sortenanfälligkeit ab.
Warum sind Fusarien in der Landwirtschaft so ein großes Problem?
Hitschler: Fusarien-Erreger sind weit verbreitet, da sie als natürliche Bodenpilze Pflanzenreste im Boden abbauen und so über viele Jahre im Ackerboden überleben können. Außerdem sind sie beispielsweise auch an abgestorbenen Pflanzenresten und Ernterückständen von Getreide oder auch Zuckerrüben zu finden.
Wird anschließend eine geeignete Wirtspflanze wie Getreide angebaut und ist das Klima günstig, kann es zu einem Befall kommen. Ein Fusarienbefall führt zu erheblichen wirtschaftlichen Schäden, da die Getreidepflanze durch den Pilzbefall geschädigt wird und somit der Ertrag gesenkt wird.
Die gebildeten Toxine können aber nicht nur die Pflanze schädigen und so zu einer Qualitätsminderung z. B. beim Befall der Ähre führen. Zusätzlich sind sie auch schädlich für Tier und Mensch. Sind die Toxingehalte demnach besonders hoch und überschreiten die festgelegten Grenzwerte, kann das befallene Getreide nicht mehr als Futter- oder Lebensmittel eingesetzt werden.
Schimmelpilzgifte können das Immunsystem schwächen
Im Haferflocken-Test enthielten fast nur konventionelle Produkte Schimmelpilzgifte. Gibt es dafür eine Erklärung?
Hitschler: Dieses Phänomen, dass hauptsächlich konventionelle Produkte mit hohen Toxingehalten belastet sind, haben wir bereits in vergangenen Tests und auch in diesem Haferflocken-Test festgestellt. Fusariengifte entstehen abhängig von den Witterungsbedingungen, hängen aber auch von Faktoren wie der Bodenbearbeitung, Fruchtfolge oder Sortenanfälligkeit ab.
Eine mögliche Erklärung dafür, dass Bio-Haferflocken weniger Probleme mit den Schimmelpilzgiften hatten, könnte die im Öko-Landbau übliche Fruchtfolge sein. Denn laut Saaten-Union, einem Verband deutscher Pflanzenzüchter, reduzieren bestimmte Fruchtfolgen das Fusarien-Risiko. Indem beispielsweise der Mais- oder Getreideanteil in einer Fruchtfolge verringert wird und die Fruchtfolge mit weniger geeigneten Wirtspflanzen aufgelockert wird.
Wir sprechen in den Tests immer vom gesetzlichen Grenzwert, aber auch vom TDI. Was ist da der Unterschied?
Hitschler: Gesetzliche Grenzwerte für T-2/HT-2-Schimmelpilzgifte wurden erst kürzlich festgelegt und sind im Juli 2024 in Kraft getreten, um ein Schutzniveau für die öffentliche Gesundheit zu gewährleisten. An die Einhaltung des Grenzwerts müssen sich die Hersteller halten und dessen Einhaltung wird von den zuständigen Behörden überwacht.
Der TDI ist dagegen nur ein Richtwert, zu dessen Einhaltung die Hersteller nicht verpflichtet sind. Beim TDI handelt es sich um die maximale Tagesdosis, bis zu der die Aufnahme von T-2/HT-2 über einen längeren Zeitraum noch als gesundheitlich tolerabel gilt. Für T-2/HT-2 Toxin hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) den TDI 2017 aufgrund neuer wissenschaftlicher Studien auf 0,02 µg/kg per Kilogramm Körpergewicht gesenkt.
Wir halten den TDI für ein wichtiges Mittel, um die Gesundheitsgefahr von Toxingehalten in Lebensmitteln abzuschätzen, da dieser auf toxikologischen Erkenntnissen beruht. Denn die chronische Exposition, also der langfristige Verzehr von Lebensmitteln mit Schadstoffen wie Schimmelpilzgiften über dem TDI, ist ein potentielles Gesundheitsrisiko, insbesondere für Säuglinge, Kinder und Jugendliche.
Schimmelpilzgifte sind nur im Labor erkennbar
Was können die Schimmelpilzgifte für gesundheitliche Auswirkungen haben?
Hitschler: T-2 und HT-2 hemmen die Proteinbiosynthese, sind starke Zellgifte, greifen den Verdauungstrakt an und können das Immunsystem schwächen.
Können Verbraucherinnen und Verbraucher erkennen, ob Getreideprodukte von Schimmelpilzgiften betroffen sind?
Hitschler: Schimmelpilzgifte selbst kann man weder sehen noch riechen, sondern nur im Labor mittels aufwändiger analytischer Verfahren nachweisen. Um die Sicherheit von Lebensmitteln festzustellen, ist zunächst der Hersteller verantwortlich, durch Eigenkontrollen zu gewährleisten, dass von dem hergestellten Lebensmittel keine schädlichen Auswirkungen für die Gesundheit ausgehen.
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