Weizenmehl im Test: Welches Mehl Sie fürs Backen bedenkenlos nutzen können

Magazin November 2024: Weizenmehl | Autor: Sarah Becker/Birgit Hinsch/Annette Dohrmann/Lena Wenzel | Kategorie: Essen und Trinken | 24.10.2024

Weizenmehl im Test: Wie schlagen sich die 30 Mehle im Test?
Foto: ÖKO-TEST

Weizenmehl der Typen 405 und 550 ist vermutlich in den meisten Haushalten zu finden. Es eignet sich gut zum Backen von Kuchen oder Keksen. Unser Test zeigt: Viele dieser Mehle sind empfehlenswert. Notenabzüge gibt es vor allem für Mehrfachrückstände von Pestiziden.

  • Im Test: Weizenmehl der Typen 405 und 550. Insgesamt haben wir 30 Mehle untersucht, darunter zwölf Bio-Produkte. 
  • Viele Mehle im Test sind mit "sehr gut" empfehlenswert. 
  • Kritik gibt es vor allem für enthaltene Pestizidrückstände. Das von uns beauftragte Labor ist auch auf besonders bedenkliche Pestizide gestoßen. 

22 Millionen Tonnen Weizen wurden 2023 in Deutschland geerntet. Es hat damit den mengenmäßig größten Anteil an der Getreideernte. Doch wussten Sie, dass nur 20,1 Prozent der hiesigen Weizenernte der Erzeugung von Lebensmitteln dient? Ganze 60 Prozent landen laut Greenpeace im Futtertrog, 8,9 Prozent als Sprit im Tank.  

In unserem Test geht es jetzt aber um das Mehl, das wir zum Backen verwenden. Genau gesagt, haben wir vor allem Weizenmehle der Type 405 eingekauft – falls ein Anbieter die nicht im Sortiment hat, landete Type 550 in unserem Einkaufskorb.

Mehltypen 405 und 550: Was bedeuten die Zahlen? 

Zur Erklärung: Die Typenzahl bei Mehl verrät, wie stark das Getreide vermahlen ist. Genauer: wie viel Milligramm Asche auf 100 Gramm Getreide nach dem Verbrennen bei 900 Grad Celsius übrig bleiben. Bei Weizenmehl Type 405 sind es also 405 mg Mineralstoffe auf 100 g Mehl. Der Rest ist Stärke oder je nach Ausmahlgrad Eiweiße, Vitamine und Fette.

Glatte Mehle mit niedriger Typenzahl – wie etwa 405 und 550 – sind fein, nehmen daher leicht Wasser auf und lassen sich gut verbacken. Sie eignen sich für feinporige Teige wie Biskuit-, Mürbe- oder Crêpesteig. Doch die Auswahl in den Verkaufsregalen ist groß. Kann man hier etwas falsch machen? 

Lidl, Rewe & Co.: Mehl im Test 

Unser Test zeigt: Von 30 Mehlen schneidet die Mehrheit mit Bestnote ab. Erfreulicherweise fanden die von uns beauftragten Labore weder abwertungsrelevante Gehalte von giftigem Cadmium und Mineralölbestandteilen noch Verunreinigungen mit potenziell gesundheitsschädlichen Keimen.

Auch Schimmelpilzgifte waren – trotz der zum Teil sehr feuchten Witterung in diesem Jahr – kein Thema. Ebenso wenig wie Glyphosat. Dennoch waren Rückstände mehrerer beziehungsweise besonders bedenklicher Pestizide in diesem Test der häufigste Grund für Abwertungen.

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Pestizidrückstände in Mehlen im Test 

Das Labor hat in einigen Weizenmehlen im Test mehr als zwei Rückstände von Pestiziden nachgewiesen. Das bemängeln wir, weil mögliche Gesundheitsrisiken durch Wechselwirkungen einzelner Pestizide aus unserer Sicht noch viel zu wenig erforscht sind. 

Besonders bedenklich sind Pyrethrine und Pirimiphos-methyl. Dabei handelt es sich um Pestizide, die als bienengiftig eingestuft sind. Außerdem stehen sie auf der Liste der besonders gefährlichen Pestizide des Pestizid Aktions-Netzwerks (PAN). 

Überflüssiger Vitaminzusatz im Weizenmehl 

Kritisch sehen wir auch den Zusatz von Vitaminen wie Thiamin (Vitamin B1), Riboflavin (B2) und Vitamin B6. Es sind vereinzelt Gehalte deklariert, die so nur in Vollkornmehl enthalten sind. Wir meinen: Wer ein Mehl will, in dem mehr Vitamine und Mineralstoffe stecken, greift besser zu Vollkornmehl.

Übrigens: Vollkornmehle eignen sich gut zum herzhaften Backen. Sie liefern mehr Ballast- und Mineralstoffe als helle Mehle. 

Mehle und Teige besser nicht roh verzehren 

Auch mit dem Kleingedruckten sind wir nicht immer zufrieden: Einmal fehlt uns der Hinweis, dass Mehle und Teige nicht roh verzehrt, sondern stets gut durchgebacken werden sollten. Denn roher Teig kann mit potenziell gesundheitsschädigenden Keimen verunreinigt sein, die aus dem Mehl stammen können.

Zuletzt ein Tipp zur Aufbewahrung: Mehl am besten luftdicht, kühl und dunkel lagern. Nach dem Kauf am besten aus der Papiertüte nehmen und in ein dicht schließendes Gefäß umfüllen, sonst kann das Mehl Feuchtigkeit und Fremdgerüche aufnehmen.

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Testverfahren

Im Test: 30 Weizenmehle, darunter 18 aus konventioneller Landwirtschaft und 12 aus biologischem Anbau. Die Mehle haben wir in Discountern und (Bio-)Supermärkten zu Preisen zwischen 49 Cent und 2,59 Euro pro Kilo eingekauft. Wir haben uns dabei für die häufig verwendete Type 405 entschieden oder – falls ein Anbieter die nicht im Sortiment hat – für Type 550.

In einem spezialisierten Labor ließen wir alle Mehle umfangreich auf Rückstände von Pestiziden untersuchen, darunter auch AMPA, Glufosinat, Glyphosat und die Wachstumsregulatoren Mepiquat und Chlormequat. Ein weiteres Labor analysierte die Weizenmehle auf Mineralölbestandteile. Ebenfalls im Test-Portfolio: Das giftige Schwermetall Cadmium, das natürlicherweise in Böden vorkommt und über die Pflanzen aufgenommen wird. Allerdings wies keines der untersuchten Mehle kritische Mengen an Cadmium auf. Das gilt auch für Schimmelpilzgifte, die das Getreide vor allem bei feuchter Witterung in der Wachstumsphase befallen können. In keinem Mehl wies das Labor kritische Gehalte an Mykotoxinen nach. Ebenfalls keinen Anlass für Bedenken gab die mikrobiologische Untersuchung der Produkte: Die gemessenen Gehalte an problematischen Keimen lagen in allen Mehlen unterhalb der Richt- und Warnwerte für Getreidemehle, die von der Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie veröffentlicht wurden.

Zusätzlich fragten wir die Anbieter der Mehle nach dem Anbauland des dafür vermahlenen Weizens. Per Deklaration erfassten wir Zusätze wie Vitamine. Zudem überprüften wir die Verpackungen auf Umweltauslobungen, die nicht ausreichend erläutert werden, und auf den Hinweis, dass Mehle und Teige nicht roh verzehrt werden sollen.

Bewertungslegende 

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt, zugrunde gelegt werden die gemessenen Gehalte. Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das "unterhalb der Bestimmungsgrenze" der jeweiligen Testmethode. Bei Richt- und Orientierungswerten sowie Verarbeitungsfaktoren handelt es sich um rechtlich nicht bindende Werte, die eingehalten werden sollten, während rechtlich bindende Grenzwerte eingehalten werden müssen. Die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) ist ein Schätzwert, wie viel von einem Stoff lebenslang pro Tag ohne gesundheitliche Folgen aufgenommen werden kann. Zur Bestimmung des TDI wurde ein durchschnittliches Körpergewicht eines Erwachsenen von 60 Kilogramm und eine tägliche Portion von 250 Gramm Brot zugrunde gelegt, wobei für das Brot ein Mehlgehalt von 65 Prozent angenommen wurde. MOSH/MOSH-Analoge beinhalten gegebenenfalls auch POSH (Polyolefin Oligomeric Saturated Hydrocarbons), PAO (Poly Alpha Olefins) und MORE (Mineral Oil Refined Products).

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils eine Note: a) ein bis zwei besonders bedenkliche Pestizide in gemessenen Gehalten von mehr als 0,01 mg/kg. Dabei orientieren wir uns an der Liste der hochgefährlichen Pestizide des Pestizid-Aktions-Netzwerks (PAN), Stand: 8/2021, insbesondere der in Gruppe 2 oder Gruppe 3 als sehr bienentoxisch oder sehr bioakkumulierend und sehr persistent in Wasser, Böden oder Sedimenten genannten Stoffe sowie an Einstufungen von Pestiziden in der EU-Datenbank oder CLP-Verordnung (ECHA) als (vermutlich) kanzerogen oder reproduktionstoxisch (hier: Pirimiphos-methyl, Pyrethrine); b) ein Mehrfachrückstand an zwei bis sechs Pestiziden und/oder Wirkverstärkern; c) der Zusatz von Vitaminen (in Tabelle: "Vitaminzusatz").

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um eine Note: ein fehlender Hinweis auf der Verpackung, dass Mehle und Teige nicht zum Rohverzehr bestimmt sind (basierend auf der BfR-Stellungnahme Nr. 004/2020).

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.  

Testmethoden 

Pestizide: LC-MS/MS und GC-MS; Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen
Aminomethylphosphonsäure (AMPA) / Glufosinat / Glyphosat / Mepiquat / Chlormequat: LC-MS/MS; Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen
Cadmium: DIN EN 15763:2010-04 (nach Aufschluss gemäß DIN EN 13805:2014-12); Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen
Deoxynivalenol / Nivalenol / 3-Acetyl-DON / 15-Acetyl-DON / Zearalenon / Ochratoxin A / T2-Toxin / HT2-Toxin / Diacetoxyscirpenol / Fusarenon-x / Fumonisin B1 / Fumonisin B2: LC-MS/MS; Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen
Salmonellen: ASU L 00.00-20:2021-07
E. coli: ASU L 00.00-132/2:2021-03 / präsumtive Bacillus cereus: ASU L 00.00-33:2021-03 / koagulase pos. Staphylokokken: ASU L 00.00-55:2022-08 / Clostridium perfringens: ASU L 00.00-57:2006-12
Gesamtkeimzahl, aerob: DIN EN ISO 4833-2:2022-05
Schimmelpilze: ISO 21527-2:2008-07
Shigatoxin-bildende E.coli-Stämme (STEC): PCR stx1/stx2-Gen, eae-Gen: DIN CEN ISO/TS 13136:2013-04
MOSH/MOSH-Analoge/MOAH: ISO 20122:2024-04 mod (Die Modifikation betrifft die Verseifung und eine andere Matrix.); Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen.

Einkauf der Testprodukte: Juni bis Juli 2024 

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