- Knapp 60 Prozent der strukturierten Vliestapeten im Test sind "ungenügend".
- Grund dafür sind problematische Inhaltsstoffe: Weichmacher, halogenorganische Verbindungen und Dibutylzinn.
- Zwei Vliestapeten sind mit "gut" empfehlenswert.
Aktualisiert am 14.05.2020; Einkauf Testprodukte Nov 2019 | Vliestapeten machen das Tapezieren leichter: Man streicht den Kleister auf die Wand – nicht auf die Tapete – und bringt die Bahnen darauf an. Nach unserem Test können wir sagen: Viele Vliestapeten sind tatsächlich gut zu handhaben. Doch teils bringen die Tapeten Schadstoffe in die eigenen vier Wände. Insgesamt haben wir 14 weiße, strukturierte Vliestapeten eingekauft, darunter Tapeten von Markenherstellern wie A.S. Création, Erfurt, Erismann und Rasch, außerdem Eigenmarken von Bau- und Möbelmärkten.
Vliestapeten im Test: Von acht Tapeten raten wir ab
Nur zwei der getesteten Vliestapeten können wir mit "gut" empfehlen. Vier schneiden mittelmäßig ab, und die restlichen acht Tapeten im Test fallen ganz durch. Sie erhalten das Gesamturteil "ungenügend".
Wesentliches Problem: In sechs Vliestapeten steckt Diisononylphthalat (DINP), teilweise zu mehr als zehn Prozent. Der Weichmacher kann ausdünsten und in den Hausstaub übergehen. DINP ist in Spielzeug und Babyartikeln, die von Kindern in den Mund genommen werden können, verboten – wegen des Verdachts, hormonell zu wirken. Auch wenn die Auswirkungen auf die Fortpflanzung nicht sicher nachgewiesen sind, hat der Phthalat-Weichmacher aus unserer Sicht auch in Vliestapeten nichts verloren.
Kritik an umweltschädlichen Verbindungen
In vier Produkten stecken sogenannte Ersatzweichmacher. Über deren gesundheitliche Unbedenklichkeit liegen aus unserer Sicht noch nicht ausreichend Informationen vor, deshalb bemängeln wir auch Ersatzweichmacher.
In nahezu allen Tapeten mit Weichmachern kritisieren wir auch umweltschädliche chlorierte Verbindungen. Das ist kein Zufall: Anbieter setzen Phthalate und Ersatzweichmacher ein, um Kunststoffe wie PVC weich zu machen. Die drei geprägten Vliestapeten im Test kommen ohne Weichmacher aus.
Außerdem in der Kritik: umstrittene halogenorganische Verbindungen. Diese hat das beauftragte Labor in allen Vliestapeten im Test nachgewiesen. Viele Vertreter dieser Stoffgruppe reichern sich in der Umwelt an, viele gelten als allergieauslösend, manche können Krebs erzeugen. Mit der von uns angewandten Methode lässt sich die genaue halogenorganische Verbindung nicht eindeutig bestimmen. Wir meinen aber, dass Verbraucherprodukte grundsätzlich frei von solchen Verbindungen sein sollten.
In vier Produkten bemängeln wir zudem Dibutylzinn aus der Gruppe der zinnorganischen Verbindungen. Es steht unter anderem im Verdacht, die Fortpflanzung zu gefährden. Immerhin: Keine der untersuchten Tapeten gast flüchtige organische Verbindungen (VOC) aus. VOC tragen erheblich zur Belastung der Raumluft bei.
Tapezieren der Vliestapeten klappt häufig gut
Schade, dass die Tapeten so viele Schadstoffe enthalten. Denn tapezieren lassen sich die meisten recht gut. Das zeigte der Praxistest von Malermeister Peter Hoffmann. Einige Punkte stören den Fachmann aber.
Zum einen lassen sich bei der Hälfte der Tapeten die Bahnen etwas schwer an die vorigen anschließen. Zum anderen geben die Anleitungen teils zweifelhafte Tipps, etwa, dass man einen konischen Nahtroller verwenden soll. Der kann aber leicht zu irreparablen Druckstellen führen. Stattdessen wäre ein Hinweis angebracht, wie mit Kleisterflecken umzugehen ist.
Ein weiterer Kritikpunkt des Profi-Testers: Einige Vliestapeten decken nicht gut genug ab. Im Test markierte Peter Hoffmann den Untergrund jeweils mit Bleistiftstrichen. Drei Tapeten-Marken ließen die Striche besonders deutlich durchscheinen. In diesen Fällen hält unser Fachmann einen Anstrich für notwendig. Für einige andere Tapeten empfiehlt er ihn zumindest.
Untergrund der Tapeten: Das sollten Sie beachten
Überhaupt, der Untergrund: Für Vliestapeten sollte er möglichst glatt und homogen sein. Viele Anbieter weisen darauf hin, mit pigmentiertem Tapetengrund vorzustreichen oder ein Malervlies anzubringen. Das halten auch wir für sinnvoll, um gute Ergebnisse zu erzielen.
Eine andere Möglichkeit: die Vliese nach dem Tapezieren überstreichen. Fünf Vliestapeten im Test – darunter die beiden "guten" – sind aus unserer Sicht sogar erkennbar dafür vorgesehen. Die Anbieter machen entsprechende Angaben auf der Verpackung oder in der Anleitung. Bei diesen Produkten haben wir deshalb nicht bewertet, ob der Untergrund durchscheint oder ob Kleisterflecken auftauchen.
Andere deklarieren lediglich "überstreichbar" oder gehen gar nicht näher auf diese Frage ein. Ärgerlich, wenn Verbraucher erst nach dem Tapezieren merken, dass sie ihre Tapete auch noch überstreichen müssen. Um Ihnen das zu ersparen, geben wir Infos zum Überstreichen für jedes getestete Produkt direkt in der Testtabelle.
Sollen die Tapeten später wieder von der Wand entfernt werden, lassen sich zumindest solche mit glatter Rückseite wieder leicht trocken abziehen. Das ergab eine Prüfung unseres Praxistesters. Dieses Ergebnis fließt aber nicht in unsere Bewertung ein.
Vliestapeten: Tipps zum Tapezieren
Peter Hoffmann, Malermeister und Berufsschullehrer, erklärt kurz und knapp, wie er tapeziert:
Untergrund vorbereiten:
- Er sollte trocken sein, sauber, glatt und ohne farbliche Schattierungen.
- Dazu spachteln, schleifen und weißen Tapetengrund oder eine glatte Vliestapete (Malervlies) aufbringen.
Tapezieren:
- Die Bahnen auf die gewünschte Höhe plus 15 Zentimeter zuschneiden.
- Den Spezial- oder Vliestapetenkleister satt mit dem Farbroller auf die Wand auftragen, immer nur eine Bahn im Voraus.
- Die Bahn von oben ins Kleisterbett einlegen und blasenfrei andrücken. Dabei leistet ein Tapezierwischer oft bessere Hilfe als eine Moosgummiwalze.
- Kleisterflecken sofort mit weichem, feuchten Tuch entfernen.
- Zum Schluss den Übersatz am unteren Rand kürzen, entweder mit Cutter und Beschneidelineal oder mit einer Tapetenschere.
Diesen Test haben wir erstmal im ÖKO-TEST Magazin 4/2020 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für den Ratgeber Bauen & Wohnen 2020, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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