- Im Test: 17 wasserbasierte Lackfarben in der Farbe Weiß, wobei wir bevorzugt "seidenmatte" Lacke auswählten. Alle Produkte sind sowohl für den Innen- als auch für den Außenbereich geeignet, die meisten für den Anstrich von Holz, verschiedenen Metallen und bestimmten Kunststoffen ausgelobt.
- Drei weiße Lackfarben schneiden im Test "sehr gut" ab, zwei Produkte sind immerhin "gut".
- Wasserbasierte Lacke gelten als gut verträglich für Mensch und Umwelt. Aber ihre Konservierung ist in unseren Augen verbesserungswürdig. Wir kritisieren viele untersuchte Produkte aufgrund problematischer Konservierungsstoffe.
- Auffällig: Das staatliche Umweltzeichen Blauer Engel ist kein Garant für gute Gesamturteile.
Aktualisiert am 2.5.2024 | Eigentlich finden wir den Blauen Engel gut. Eine verlässliche Orientierung beim Einkauf schadstoffarmer Lacke und Farben ist in den unübersichtlichen Sortimenten der Baumärkte dringend notwendig, und hier leistet das staatliche Umweltzeichen in unseren Augen einen wichtigen Beitrag.
Wenn wir Heimwerkerprodukte testen, schneiden diejenigen mit dem Blauen Engel in aller Regel "sehr gut" ab. In diesem Test ist die Sache nicht ganz so eindeutig: 14 der 17 wasserbasierten Lackfarben tragen das Siegel des Bundesumweltministeriums. Doch nur drei davon glänzen mit "sehr gut". Die beiden "guten" Produkte im Test kommen dagegen ohne Blauen Engel aus. Das Siegel ist also kein Garant für gute Gesamturteile.
Weiße Lackfarben für drinnen und draußen im Test
Getestet haben wir wasserbasierte Weißlacke für den Anstrich drinnen und draußen: Farbpigmente, Hilfs- und Füllstoffe sind bei ihnen in einer Basis aus Acrylharzen und Wasser eingebunden und ergeben eine deckende Lackschicht.
Wasser – das klingt erstmal harmlos. Das ist es auch. Allerdings führt es schneller zum Verderb als eine Lösemittelbasis, deshalb brauchen solche Rezepturen eine effektive Konservierung.
Alle Lackfarben im Test setzen dafür Isothiazolinone ein. Die beiden Isothiazolinone MIT und BIT bleiben dabei unter den Höchstmengen. Andere kritisieren wir aber.
Allergenes Konservierungsmittel in Lackfarben entdeckt
- Chlormethylisothiazolinon (CIT)
In acht Lackfarben hat das beauftragte Labor Chlormethylisothiazolinon (CIT) nachgewiesen. Weil CIT unter den Isothiazolinonen ein besonders hohes allergenes Potenzial hat und in die Raumluft übergeht, finden wir: Heimwerkerprodukte sollten komplett frei von diesem Mittel sein.
Hier sind wir strenger als der Blaue Engel, der für CIT einen Maximalrückstand von 15 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) erlaubt. Noch strenger sind wir, wenn ein Hersteller das allergene Konservierungsmittel entgegen den Vorschriften nicht auf der Verpackung angibt, das beauftragte Labor es jedoch eindeutig nachweisen konnte.
ÖKO-TEST ist strenger als der Blauer Engel
- Zinkpyrithion
Ziemlich kritisch sehen wir auch den Konservierer Zinkpyrithion. Der biozide Wirkstoff ist seit 2020 in der EU als "wahrscheinlich reproduktionstoxisch beim Menschen" eingestuft. Reproduktionstoxisch bedeutet, dass ein Stoff die Fruchtbarkeit bei Mann und Frau und die Entwicklung des ungeborenen Kindes beeinträchtigt.
Dennoch machen einige Hersteller ihre Lackfarben mit Zinkpyrithion haltbar. Der Blaue Engel lässt in seiner jüngsten Fassung des Standards von 2019 Zinkpyrithion in einem Gehalt bis 200 mg durchgehen. Das empfinden wir angesichts der jüngsten Risikoeinstufung jedoch nicht mehr als zeitgemäß und verlangen, dass die Hersteller ihre Lacke auf andere Weise gegen Verderb schützen.
- Iodpropinylbutylcarbamat (IPBC)
Und damit nicht genug der bedenklichen Konservierungsmittel: Vier Lackfarben im Test enthalten laut Laborbericht Iodpropinylbutylcarbamat (IPBC). In einer Höhe, die der Blaue Engel noch toleriert, wir allerdings schon nicht mehr.
Denn die biozide Verbindung wirkt nicht nur gegen Keime in der Lackdose, sie bringt laut CLP-Verordnung auch mehrere Risiken mit sich: Unter anderem ist sie giftig beim Einatmen, kann zu allergischen Hautreaktionen führen und wirkt sich toxisch auf Wasserorganismen aus.
Deshalb finden wir auch, Verbraucherinnen und Verbraucher sollten Bescheid wissen, wenn ein Produkt IPBC enthält: Ein Hersteller versäumt es jedoch, das Mittel zu deklarieren.
Erfreulich übrigens: Zahlreiche Anbieter sind nach eigenen Angaben derzeit dabei, die Konservierungen ihrer Weißlacke neu aufzustellen.
Wenig Lösemittel in wasserbasierten Lackfarben
Einen großen Vorteil haben die wasserbasierten Lacke allerdings auch: Sie gasen weniger flüchtige organische Verbindungen (VOC) aus als ihre lösemittelbasierten Pendants. Das liegt daran, dass sie insgesamt viel weniger dieser Lösemittel enthalten dürfen – nämlich etwa zehn Prozent.
Unsere Laborberichte bestätigen, dass sie das einhalten: Rund zwei Drittel der Produkte haben einen aus unserer Sicht "geringen" oder sogar "sehr geringen" Gesamtgehalt an VOC, beim Rest ist er immerhin noch "akzeptabel".
In einer Lackfarbe im Test ist zwar der gemessene VOC-Gehalt "akzeptabel", jedoch fällt eine Verbindung aus dem Rahmen, wurden in der Lackfarbe doch mehr als 1.000 mg/kg Butoxyethanol gemessen. Die Verbindung gilt als schädlich beim Einatmen sowie als augen- und hautreizend.
Zwei Lackfarben überschreiten angegebene Gehalte
Viele Produkte werben mit dem Pluspunkt, dass sie "frei von Lösemitteln" sind oder die Lösemittel sich unterhalb einer bestimmten Schwelle bewegen, zum Beispiel "max. 130 g/l". Das interessiert Verbraucherinnen und Verbraucher, denn die flüchtigen Verbindungen darin gehen sehr schnell in die Raumluft über und können auch in kleineren Mengen Kopfschmerzen oder Müdigkeit auslösen.
Gar nicht okay finden wir es allerdings, wenn sich Produkte mit etwas brüsten, das sie gar nicht einhalten. Wir haben nachmessen lassen und festgestellt: Zweimal werden die selbst gesetzten Gehalte (< 1 g/l VOC) nicht eingehalten.
Inhaltsstoffe nicht immer deklariert
Überhaupt haben wir einiges auszusetzen an dem, was die Hersteller auf ihre Dosen schreiben. Oder vielmehr: nicht schreiben. Ein Muss sollte beispielsweise die Deklaration der Inhaltsstoffe auf der Verpackung sein, auch wenn sie leider noch nicht gesetzlich vorgeschrieben ist.
Bei drei weißen Lackfarben im Test suchten wir vergeblich danach – das ist wenig verbraucherfreundlich. Dabei wäre auf den Dosen noch genug Platz für ein paar Worte mehr gewesen.
Was passiert jetzt mit Titandioxid in Lackfarben?
Alle Lacke in unserem Test sind Weiß, und ein Großteil von ihnen erreicht diese weiße Farbe mit dem umstrittenen Farbpigment Titandioxid. Das ist nicht weiter schlimm, solange der Stoff im Lack gebunden bleibt. Deshalb haben wir in diesem Test keine Noten für den Inhaltsstoff abgezogen.
Anders liegt der Fall, wenn die Lackfarbe versprüht wird oder für einen Neuanstrich abgeschliffen. Denn 2020 hat die EU-Kommission Titandioxid offiziell als "karzinogen" eingestuft, wenn das mineralische Pigment in sehr kleinen, lungengängigen Partikeln eingeatmet wird.
Seither gilt auch für Lacke: Enthalten die Produkte mehr als ein Prozent Titandioxid, müssen sie einen Warnhinweis tragen, dass das Einatmen der Sprühnebel vermieden werden soll. Mehr nicht.
Maske und Schutzbrille tragen beim Abschleifen und Sprühen
Doch damit kam der Fall Titandioxid noch lange nicht zur Ruhe: Der Europäische Gerichtshof erklärte diese Einstufung Ende 2022 für nichtig, nachdem ein Hersteller dagegen geklagt hatte. Das Gericht sah Fehler bei der Interpretation der zugrunde liegenden Studie.
Daraufhin haben sowohl das EU-Mitglied Frankreich als auch die EU-Kommission gegen das EuGH-Urteil Rechtsmittel eingelegt. Die Entscheidung darüber steht noch aus – dürfte aber vor dem Sommer 2024 nicht fallen. Wir raten weiterhin: Fürs Abschleifen und Versprühen der Lacke auf jeden Fall Schutzbrille und eine Maske mit Kombifilter A2/P2 tragen.
Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Jahrbuch für 2024 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für den Ratgeber Bauen & Wohnen 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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