Bei 3.200 Euro für die Badrenovierung hat Klaus Krüger* aus Frankfurt zugeschlagen - glatte 750 Euro weniger, als er zuvor kalkuliert hatte. Der viel beschäftigte Blumenhändler freut sich nicht nur über den günstigen Preis, sondern auch darüber, dass ihn die Handwerkersuche nur wenig Zeit gekostet hat. Statt die Gelben Seiten zu wälzen, mühsam Firmen abzutelefonieren und diverse Kostenvoranschläge zu vergleichen, bestand sein ganzer Aufwand darin, sich im Internetportal www.myhammer.de zu registrieren, eine Auftragsbeschreibung samt Preisvorstellung auf die Homepage zu stellen und dann zu warten. Innerhalb von acht Tagen unterbreiteten sieben Handwerksbetriebe per Mail ihre Angebote, bis sich Klaus Krüger für das günstige Angebot einer ausgewiesenen Fachfirma entschied.
Wie myhammer.de vermitteln auch andere Unternehmen auf ihrer Homepage Handwerker- und Dienstleistungsangebote. Vorbei sind allerdings die Zeiten, als sich beim Gros der Internetportale die interessierten Auftragnehmer unterboten und dann automatisch das günstigste Angebot zum Zuge kam. Anbieter wie Myhammer, Blauarbeit, Quotatis und Auftrago bieten solche Rückwärtsauktionen nicht mehr an und verstehen sich heute ausschließlich als Vermittler von Handwerkeraufträgen und Dienstleistungen. Den Grund für die Abkehr vom ursprünglichen Auktionsmodell erklärt Myhammer-Sprecher Niels Genzmer: "Wir haben festgestellt, dass der Preis nicht das wichtigste Auswahlkriterium ist. Auftraggeber wollen sich selber für ein Angebot entscheiden. Dabei spielt vor allem die nachweislich fachliche Qualität des Auftragnehmers eine entscheidende Rolle." Dass zunehmend Qualitätskriterien die Auftragswahl bestimmen und Auktionen bei den potenziellen Auftragnehmern nicht mehr gefragt sind, bestätigt Michael Klafft, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Fraunhofer-Institut in Berlin: "Wir haben bei Test-Nutzern festgestellt, dass feste Auktionsregeln, bei denen der Kunde das Ergebnis wenig beeinflussen kann, nicht mehr ankommen. Wer einen Handwerker oder Nachhilfelehrer sucht, will nach eigenen Kriterien entscheiden."
Nach dem Prinzip der Niedrigstpreisauktion funktionieren derzeit nur noch die Angebote von Undertool und Work5. Zugleich haben die Aufraggeber bei beiden Portalen aber auch stets die Möglichkeit, die Auftragnehmer selbst zu bestimmen. Andere Anbieter wie Worksky und Handwerkerauftrag haben den Betrieb entweder vorübergehend eingestellt oder sind sogar völlig vom Markt verschwunden. "Das Handwerker-Auktionsmodell hat sich für uns nicht gelohnt", erklärt dazu Jens Seyfert, Geschäftsführer von Worksky. Anders beim Portal Jobdoo. "Wir arbeiten an einem neuen Modell, das im Juli 2010 fertig sein soll", kündigt Projektmanagerin Beate Ruuck an.
Nur Auftragnehmer zahlen für die Vermittlung
Doch egal ob reine Vermittlung oder Auktion: Die Auftragsvergabe ist bei allen Portalen kostenlos. Dafür zahlen Auftragnehmer, die den Zuschlag erhalten, in den meisten Fällen Gebühren an den Internetanbieter. Lediglich bei Work5 ist auch dieser Service kostenlos, "da sich das Portal derzeit über Werbeeinnahmen und private Gelder finanziert", so Work5-Servicemitarbeiter Metin Özkan. Dass eine große Zahl von Handwerksbetrieben bereit ist, für potenzielle Aufträge zu zahlen, hat einen einfachen Grund: Die Betriebe sehen gute Chancen, freie Kapazitäten ohne große Werbeaktionen schnell und unkompliziert zu schließen. So werden in Deutschland bereits private Handwerker- und Dienstleistungsaufträge im Wert von mehreren Hundert Millionen Euro über Internetportale abgeschlossen, schätzt Michael Klafft vom FraunhoferInstitut. Dabei sind es längst nicht mehr nur klassische Handwerkerleistungen wie Maler, Installateur-, Elektro- oder Dachdeckerarbeiten, für die möglichst preisgünstige Angebote im Netz gesucht werden. "Erfolgreiche Vermittlungen gibt es in nahezu allen Branchen und Geschäftsbereichen vom Schafe scheren bis zur Dekoration der Hochzeitstafel", erklärt Niels Genzmer. Nur unsittliche und rechtswidrige Aufträge würden von vornherein ausgeschlossen.
Allerdings: Nicht immer werden die Auftraggeber fündig. "Ihre Chancen wachsen jedoch mit der Anzahl potenzieller Auftragnehmer, die bei den einzelnen Portalen registriert sind", erklärt Georg Tryba, Referent bei der Verbraucherzentrale NRW. Zurzeit haben Auftraggeber beim Marktführer myhammer.de die besten Karten. Das Portal zählte Anfang April 2010 rund 230.000 Auftragnehmer. Es folgen blauarbeit.de mit 94.000 und undertool.de mit 41.000 Registrierungen.
Schnäppchenangebote immer kritisch prüfen
Bleibt die spannende Frage nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis der Angebote. Glaubt man den Werbebotschaften der Handwerker- und Dienstleistungsportale, schließen sich günstiger Preis und Kundenzufriedenheit nicht aus. "Nie wieder zu viel zahlen", kündigt Blauarbeit auf der Homepage an. "Der Preis sinkt um mindestens 30 Prozent", verspricht Myhammer. "Hier treten allerdings die meisten Probleme auf", warnt Verbraucherschützer Tryba. Nur wer den Marktpreis kennt, kann beurteilen, ob ein Angebot realistisch ist oder sich dahinter eher ein Auftragnehmer verbirgt, der es mit der Arbeitsqualität nicht so genau nimmt. "Deckt der angebotene Preis kaum die Kosten des Auftragnehmers, wird kein qualifizierter Handwerker seine Dienste anbieten", ist Manfred Steinritz, Geschäftsführer der Handwerkskammer Düsseldorf, überzeugt. Zudem bestehe immer die Gefahr, dass Billigarbeiten ohne Rechnung ausgeführt werden sollen.
In beiden Fällen sind die Kunden die Dummen. Zwar haben sie bei schlampiger Ausführung das Recht auf Nachbesserung. Doch lässt sich über das Ausmaß angesichts des Spottpreises streiten. Häufig müssen deshalb Gerichte und Sachverständige für Klärung sorgen. Jurist Steinritz: "Unterm Strich bringt das vermeintliche Schnäppchen dann großen Ärger und kann sehr teuer werden - mal ganz abgesehen davon, dass sich die Auftraggeber und -nehmer bei Schwarzarbeit strafbar machen."
Jede Menge Ärger bringen auch ungenaue Auftragsbeschreibungen im Internet, die ungeplante Mehrarbeiten nach sich ziehen können. "Der vereinbarte Preis gilt ausschließlich für die Leistungen, die der Kunde im Internet beschrieben hat", erklärt der Düsseldorfer Anwalt Julius Reiter von der Kanzlei Baum, Reiter & Collegen, die sich unter anderem auf Datenschutz und rechtliche Fragen zu Internetangeboten spezialisiert hat. Dabei reiche eine Leistung "mittlerer Art und Güte". Sie muss der Kunde abnehmen - und bezahlen. Anwalt Reiter: "Für Mehrarbeiten, die nicht im Auftrag stehen, aber bei der Besichtigung vor Ort offenkundig sind, kann der Kunde zusätzlich zur Kasse gebeten werden." Sei der Auftraggeber dazu nicht bereit, habe der Auftragnehmer das Recht, vom Vertrag zurückzutreten.Die Probleme kennen natürlich auch die Betreiber der Handwerker- und Dienstleistungsportale. Für Kundenzufriedenheit soll deshalb zusätzlicher Service sorgen. Sind Auftrag und Zahlung abgeschlossen, können Auftraggeber bei allen Portalen die Leistungen bewerten. Das soll anderen Auftraggebern die Auswahl erleichtern und die Qualität des Handwerkers sichtbar machen. Einen besonderen Service halten Myhammer, Blauarbeit, Undertool und Auftrago bereit. Die Auftraggeber können das Geld für die Handwerkerleistung vorab auf ein Treuhandkonto überweisen. Die Handwerker erhalten erst dann ihren Lohn, wenn ihre Arbeit o.k. ist. Bei Quotatis müssen die Geschäftskunden eine Qualitätsvereinbarung unterschreiben und erhalten einen persönlichen Kundenbetreuer.
Tipps für Auftraggeber
- Beschreiben Sie die Arbeiten so detailliert wie möglich und fügen Sie Fotos bei.
- Prüfen Sie auch Alternativen. Adressen qualifizierter Handwerker finden Sie auch in Online-Suchmaschinen der regionalen Kreishandwerkerschaften.
- Notieren Sie sich die Termine von Auktionsende und Entscheidungsfristen. Auch automatisch zustande gekommene Zuschläge sind bindend. Haben Sie denselben Auftrag bei mehreren Portalen ausgeschrieben, kann das teuer werden.
- Bedenken Sie immer, dass das günstigste Angebot nicht das Beste sein muss.
- Fordern Sie immer eine Rechnung, um Gewährleistungsansprüche zu sichern.
- Treten Sie vom Vertrag zurück, wenn die vorgelegten Qualifikationsnachweise den Angaben im Internet widersprechen.