- ÖKO-TEST hat insgesamt 71 Mineralwässer auf bestimmte Mikroplastikpartikel analysieren lassen.
- In 27 von 61 Wässern aus PET-Plastikflaschen fand das Labor antimonhaltiges Mikroplastik. Das sind gut 44 Prozent.
- Die zehn untersuchten Mineralwässer aus Glasflaschen waren frei davon.
Lösen sich Plastikteilchen aus Plastikflaschen in Mineralwasser? Und wenn ja, handelt es sich dabei um Mikroplastik? Das wollte ÖKO-TEST wissen. Das auf Elementanalysen spezialisierte Labor Indikator hat für uns erstmals Mineralwässer mit einer neu entwickelten Methode auf antimonhaltige Partikel untersucht. Hintergrund: Das Halbmetall Antimon wird in Form von Antimontrioxid zur Herstellung von PET-Kunststoffen eingesetzt. Und Plastik-Mineralwasserflaschen bestehen in der Regel aus PET.
In einem aufwendigen Messverfahren wurden einzelne Partikel auf das chemische Element analysiert und gezählt. Insgesamt untersuchte das Labor 71 Proben Mineralwasser der Sorten Still und Medium. Darunter waren neben Wässern in PET-Einweg- und PET-Mehrwegflaschen auch zehn stille Wässer in Glasflaschen.
Mineralwasser mit bis zu 500.000 Mikroplastik-Teilchen
In vielen, aber nicht in allen Mineralwässern aus Plastikflaschen hat das Labor PET-Abrieb im Mikrometerbereich indirekt nachgewiesen. Konkret enthielten 27 von 61 Plastikflaschenwässer antimonhaltige Partikel – das sind rund 44 Prozent.
Die Spitzenwerte fanden sich in den stillen Wässern aus PET-Einwegflaschen. Insgesamt viermal fanden die Chemiker darin mehr als 100.000 Partikel pro Liter. Der Spitzenwert lag bei 500.000 Partikeln pro Liter. Wie viel oder wenig das im Vergleich im Vergleich mit den Mikroplastikmengen in anderen Lebensmitteln ist, können wir nicht sagen, weil uns keine weiteren Untersuchungsergebnisse nach der selben Methode vorliegen.
Wasser aus PET-Mehrwegflaschen war ebenfalls betroffen. Auch hier fand das Labor in knapp der Hälfte der untersuchten Proben Partikel. Allerdings war die Anzahl der gefundenen Teilchen mit maximal 25.000 Partikeln geringer. Aufgrund der vergleichsweise kleinen Menge untersuchter PET-Mehrwegflaschen besteht hier jedoch weiterer Forschungsbedarf.
Mineralwasser aus Glasflaschen war erwartungsgemäß frei von antimonhaltigen Partikeln. Denn Glas enthält kein Antimon. Andere Mikroplastikpartikel können aber theoretisch auch in Mineralwasser in Glasflaschen vorkommen, etwa aus den Deckeln oder aus Rohren, durch die das Wasser in der Produktion läuft.
Antimon-Mikroplastik in Mineralwasser – Die Ergebnisse
So klein ist das Mikroplastik in Wässern
Die Größe der gefundenen Teilchen beträgt ein bis zehn Mikrometer (µm), berechnet als PET. Sie bewegen sich damit im unteren Bereich von Mikroplastik. Wissenschaftler definieren Kunststoffpartikel kleiner als 5.000 Mikrometer (= 5 mm) als Mikroplastik. Partikel in der Größe von einem Mikrometer (= 1.000 Nanometer) bis zu 100 Nanometern bezeichnen sie als Sub-Mikroplastik und Partikel kleiner als 100 Nanometer als Nanoplastik.
Und was bedeutet das Ergebnis? Die Untersuchung zeigt zweierlei:
-
Zum einen bestätigt sie andere Untersuchungen darin, dass Mikroplastik in Mineralwasser vorkommt. So hatte das Chemische Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher Lippe 2018 eine kleine Stichprobe von 38 Mineralwässern aus Glas- und Plastikflaschen sowie Kartons auf verschiedene Mikroplastikarten untersucht und vor allem PET- und Polypropylen-Teilchen, aber auch andere Kunststoffarten wie Polyethylen und Polyolefin gefunden. Die Prüfer wurden nicht nur in PET- sondern auch in einigen Wässern aus Kartons und erstaunlicher Weise auch aus Glasflaschen fündig. Die festgestellten Partikelzahlen waren deutlich geringer als die Zahl der Antimon-Mikroplastik-Teile in unserer Untersuchung.
-
Zum anderen liefert unsere Analyse einen neuen möglichen Ansatz für eine spezifische Bestimmung von PET-Partikeln in Mineralwasser. Wann und wodurch es zu dem Abrieb der Teilchen aus dem Plastikmaterial kommt, ob während der Produktion oder während der Lagerung des Mineralwassers, kann die Analyse nicht klären. Dazu bräuchte es weitere Untersuchungen.
Wie gefährlich ist Mikroplastik in Wasser?
Was Mikroplastik aus der Nahrung, Luft oder auch aus Kosmetika auf Dauer für unsere Gesundheit bedeutet, ist wissenschaftlich nicht geklärt. Einerseits ist der Körper in der Lage, feste Plastikteile genau wie Sand oder Samen von Beeren wieder auszuscheiden. Andererseits verhalten sich die winzig kleinen Teile eben anders als Plastik in Sandkorngröße. Erste Forschungsarbeiten zum Thema deuten auf Entzündungsreaktionen im Körper hin.
Eine dieser Studien hat das deutsche Umweltbundesamt (UBA) durchgeführt. Die Forscher haben humane Zelllinien aus Haut, Lunge und Leber untersucht. Die Ergebnisse der Tests: Plastikpartikel (< 1 µm) können in diese Zellen eindringen und Entzündungsreaktionen in Haut und Lunge verursachen. Allerdings gab es nur Reaktionen "in äußerst hohen Konzentrationen, die in Trinkwasser und Oberflächenwasser bei weitem nicht erreicht werden", betont Jochen Kuckelkorn vom UBA.
Und in der Leber haben die Forscher keine Entzündungen festgestellt. Dennoch, so warnt das Umweltbundesamt, "sind gesundheitliche Beeinträchtigungen infolge der aufgedeckten Mikroplastikpartikel-Zell-Interaktionen und des proinflammatorischen Effektes nicht gänzlich auszuschließen".
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) befindet bisher: "Nach dem derzeitigen Stand des Wissens ist nicht davon auszugehen, dass von den Plastikpartikeln in Lebensmitteln gesundheitliche Risiken für den Menschen ausgehen". Gleichzeitig weist das BfR aber auch darauf hin, dass die Wissenslücken groß sind.
Mikroplastik in Wasser: Was können Verbraucher tun?
Wer kein PET-Mikroplastik im Mineralwasser haben möchte, wählt Produkte in Glas-Mehrwegflaschen – vorsorglich, denn welche gesundheitlichen Auswirkungen Mikroplastik im Essen und in den Getränken hat, ist derzeit noch völlig ungeklärt. Die Umweltbilanz von Glas-Mehrwegflaschen ist am besten, wenn Verbraucher Wasser aus einem Brunnen in ihrer Region kaufen.
Hintergrund: So haben wir getestet
- Das Labor: Die Labor INDIKATOR GmbH, seit über 30 Jahren Spezialist in der Elementanalyse, ist ein privates Auftragslabor aus Wuppertal. Neben Routineuntersuchungen auf Schwermetalle in Lebensmitteln, Medizinprodukten oder Bedarfsgegenständen führt sie auch immer wieder Forschungs-Projekte im Bereich der Elementanalytik durch. Ein aktueller Schwerpunkt ist die Analyse von Mikroplastik-Partikeln mittels SingleParticle-ICP-MS.
- Die Proben: Insgesamt untersuchte das Labor 71 Proben Mineralwasser der Sorten Still und Medium. Der Schwerpunkt lag auf den dünnen PET-Einwegflaschen (52), wie man sie vom Discounter oder aus dem Supermarkt kennt. Von den stabileren PET-Mehrwegflaschen untersuchte das Labor neun Produkte. Stilles Wasser aus Glasflaschen wurde als Gegenprobe zehnmal aufgenommen.
- Die Analyse-Methode: Die verwendete Methode nennt sich SingleParticle-ICP-MS. Das Wasser wird der Flasche entnommen, in ein ICP-MS-Gerät eingespeist und auf antimonhaltige Partikel untersucht. Um möglichst alle – auch die kleinsten – Teilchen zu erfassen, dauert die Untersuchung jeweils rund eine Stunde. Das Analysengerät registriert in dieser Zeit rund drei Millionen Messpunkte, die statistisch ausgewertet werden. Wichtig: Da sich aus PET-Material auch freies Antimon lösen kann, wird dieses im Rahmen der Analyse sorgfältig abgetrennt. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass ausschließlich Partikel, die Antimon enthalten, gezählt werden. Die Größe der gefundenen Teilchen bestimmt das Labor mit Hilfe einer speziellen Kalibrierung des Instruments.
Warum untersucht ÖKO-TEST Mikroplastik nicht standardmäßig in Mineralwasser?
Bevor wir das möglicherweise tun können, sind noch weitere Untersuchungen nötig. PET ist nur eine Quelle für Mikroplastikpartikel. Andere Quellen sind PE und PP, die für die Flaschendeckel verwendet werden. Diese Partikel werden mit der SingleParticle-ICP-MS aber nicht erfasst. Die Analyse von antimonhaltigen Partikeln ist deshalb nur ein Ansatz von mehreren, den Experten verfolgen. Unklar ist auch, welchen Anteil Mikroplastikpartikel aus Mineralwasser an der Gesamtmenge an Plastik haben, die wir über Lebensmittel und Luft aufnehmen. ÖKO-Test setzt sich mit der aktuellen Forschung auseinander und untersucht weiter.
Weiterlesen auf oekotest.de:
-
Wasserkocher-Test: Die besten aus Glas, Edelstahl und Plastik
- Test Wassersprudler: Das taugen Sodastream & Co. in der Praxis
- Wasser filtern: Sind Wasserfilter wie Brita und Co. sinnvoll?
- Wasser in Glasflaschen: Deshalb schmeckt es frischer & klarer
- Bio-Wasser, Tafelwasser, Mineralwasser: Wo ist da der Unterschied?