In Deutschland gibt es rund 14.000 Arten von Pilzen. Sie sind ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems: Viele Bäume könnten ohne Pilze kaum wachsen, zahlreiche Tiere ernähren sich von ihnen. Und ab und zu auch der Mensch.
Ist 2024 eine ergiebige Pilzsaison?
Der zeitweise regnerische Sommer hat die Pilze vielerorts bereits weit vor dem eigentlichen Herbstanfang sprießen lassen. Warm und feucht – so gefällt es Pilzen bekanntlich am besten. Je nach Wetterbedingungen konnten Sammlerinnen und Sammler schon von Juli an durch die Wälder streifen.
Für Pfifferlinge beispielsweise war es schon ein guter Start. Auch für Sommersteinpilze bestünden ebenfalls noch gute Bedingungen.
"Speisepilzsammelnde kommen bis dato dieses Jahr voll auf ihre Kosten", sagte beispielsweise der Pilzsachverständige Linus Koch der Deutschen Presse-Agentur. Die Hauptsaison für viele Pilzarten sind September und Oktober.
Pilze sammeln: Wie viel und wo darf ich sammeln?
Es spricht viel dafür, auch 2024 zum Sammeln auszuschwärmen. Doch: Wie viel ist erlaubt? Die Menge richtet sich grundsätzlich nach dem Eigenbedarf. Das heißt: Man darf nur so viele Pilze in den Korb packen, wie man selbst verwerten kann.
Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände gibt an, dass das Limit je nach Gegend in Deutschland variiert:
- In Nordrhein-Westfalen etwa gehen die Behörden von höchstens zwei Kilogramm pro Sammler und Tag aus, anderswo kann es weniger sein. Wer mehr sammeln will, braucht eine Genehmigung. Und wer dagegen verstößt, kann sich ein Bußgeld einhandeln.
- Pilze aus dem Wald auf Märkten oder an die Gastronomie zu verkaufen, ist verboten.
- In Naturschutzgebieten und Nationalparks ist das Sammeln grundsätzlich untersagt.
- Nach den einzelnen Waldgesetzen in den Bundesländern kann es ebenfalls rechtswidrig sein, eingezäunte Waldstücke, Schonungen oder Flächen mit Holzeinschlag zu betreten.
- Auch sind bestimmte Arten aus Schutzgründen tabu, wie zum Beispiel der Sommer-Röhrling oder der Trüffel.
Pilze sammeln: Wichtige Tipps für die Pilzsaison
Sammler sollten unbedingt auf folgende Punkte achten, wenn sie auf Pilzsuche sind:
- Pilze nicht in der Dämmerung oder nachts sammeln: Darauf weist der Deutsche Jagdverband hin. Pilzsammler stören ansonsten Reh und Co.
- Sammler sollten aufpassen, wie weit sie sich in Dickicht und Gebüsche schlagen. Diese sind sozusagen "Wild-Wohnzimmer".
- Wer einen essbaren Pilz gefunden hat, sollte ihn vorsichtig herausdrehen oder abschneiden, ihm aber keinesfalls mit der Schaufel zu Leibe rücken. Damit könnte das unterirdische Pilzgeflecht zerstört werden. Beim Herausdrehen bleibt der Stiel dran, das hilft später bei der Bestimmung des Pilzes.
- Zum Transport der schon im Wald grob gereinigten Pilzernte eignet sich ein luftiger Korb oder ein Stoffbeutel. In Plastiktüten oder luftdichten Dosen verderben Pilze dagegen schnell.
- Besonders hoch ist die Wahrscheinlichkeit für den Fund von Steinpilzen und Pfifferlingen unter Bäumen und auf sauren Böden. Doch gute Wachstumsbedingungen für Speisepilze treiben auch giftige Pilze aus dem Boden. Besonders achtgeben sollten Pilzsammler auf den Grünen Knollenblätterpilz und den Pantherpilz. Beide sind bei Verzehr potenziell tödlich.
Pilze nach dem Sammeln verzehren
Wenn Sie die gesammelten Pilze verzehren möchten, sollten Sie sie nach Expertenmeinung in jedem Fall für 15 Minuten bei mindestens 60 Grad erhitzen.
Viele Speisepilze werden erst durch das Kochen genießbar. Dazu zählen der Parasol (Gemeiner Riesenschirmling) sowie der Austernseitling.
Vorsicht vor giftigen Doppelgängern
Wer im Wald Pilze sammelt, sollte sich gut auskennen. Denn manche Exemplare sind giftig. Das Problem ist, häufig sehen sie den genießbaren Pilzen zum Verwechseln ähnlich.
In Deutschland gibt es sehr giftige Exemplare, beispielsweise den Grünen Knollenblätterpilz. Sammlerinnen und Sammler können ihn schnell mit dem essbaren Wiesen-Champignon verwechseln, der ebenfalls zu den Blätterpilzen zählt.
"Pilze, die eine Röhrenschicht (Schwammähnliche Struktur) unter dem Hut haben, sind bestens für Anfängerinnen und Anfänger geeignet. Steinpilz und Maronenröhrling gehören dazu. Hier gibt es keine tödlich giftigen Arten oder Verwechslungspartner", erklärt Linus Koch.
Wichtig: Sammler sollten Pilze nur mitnehmen, wenn sie diese hundertprozentig kennen und bestimmen können, rät der Nabu. Bestimmungsbücher, Kurse oder Pilzberatungsstellen können dabei hilfreich sein. Was dagegen nicht ausreicht: Sich ausschließlich auf Handy-Apps für Pilzsammler zu verlassen.
Zu junge und zu alte Pilze sollten Sie generell stehen lassen. Denn junge Pilze sind schwerer zu identifizieren und alte oder überreife sind laut der Aktion "Das Sichere Haus" (DSH) oft von Insekten befallen oder verfault. Transportieren Sie Ihre Ernte am besten in einem luftdurchlässigen Korb, denn in Plastiktüten können Pilze schnell verderben.
Experten-Tipp für Anfänger
Tipp des Nabu: Anfänger können bevorzugt Röhrlinge sammeln. Denn unter unseren heimischen Röhrlingspilzen gibt es zwar bittere und unbekömmliche, aber keine tödlich giftigen. Pilze mit weißen Lamellen besser meiden, denn unter ihnen befinden sich tödliche und giftige Arten.
Giftig oder essbar: Wie hilfreich sind Pilz-Apps?
Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Mykologie sind hierzulande mehr als 6.000 Großpilze bekannt. Um die Unterschiede etwa zwischen einem essbaren Perlpilz und dem sehr giftigen Pantherpilz zu erkennen, verlassen sich erfahrene Pilzsammler auf ihr Auge.
Handy-Apps werben damit, Pilze schnell und einfach teils anhand eines einzigen Fotos bestimmen zu können. Aber: Das variable Aussehen der Pilze in Deutschland könne keine App in allen Formen wiedergeben, heißt es auf der Homepage der Gesellschaft.
Die Experten empfehlen deshalb generell keine Apps zur Bestimmung von Speisepilzen. Das Wissen darum, welche Sorte essbar, ungenießbar oder giftig ist, solle besser über Lehrwanderungen, Kurse, Bestimmungsveranstaltungen oder Ausstellungen vertieft werden.
Auch Pilzberater in den Bundesländern halten Apps zur Pilzbestimmung für ungeeignet: Sie lägen bei der Bestimmung der Art häufig daneben. Die Kombination verschiedener Merkmale sei sehr komplex.
Wie radioaktiv belastet sind unsere Pilze?
In der Bundesrepublik ist es nicht erlaubt, Lebensmittel mit mehr als 600 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm in den Handel zu bringen. Doch nach Angaben des Bundesamts für Strahlenschutz sind bestimmte Pilzarten in einigen Gegenden stärker mit diesem radioaktiven Stoff belastet. Gründe sind die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl von 1986 und – nach einer aktuellen Analyse – auch Atomwaffenversuche vor allem in den 1950er Jahren.
Hauptsächlich der Süden Deutschlands – Südbayern, der Bayerische Wald und Teile Oberschwabens – ist betroffen.
2020 bis 2022 hat das Bundesamt insgesamt 165 Pilzarten untersucht: Messwerte von mehr als 1.000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm fanden sich zum Beispiel bei Semmelstoppelpilzen, verschiedenen Schnecklingsarten, Gelbstieligen Trompetenpfifferlingen, Gemeinen Rotfußröhrlingen, Maronenröhrlingen, Mohrenkopfmilchlingen, Ockertäublingen, Rotbraunen Scheidenstreiflingen, Violetten Lacktrichterlingen und Ziegenlippen.
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Was bedeutet die Klimakrise für die Pilze?
Extreme Hitze und längere Dürren setzen den Wald insgesamt unter Druck – und damit auch die Pilze. Denn sie gehen unter der Erde eine Symbiose mit den Bäumen ein: Die Pilze liefern Wasser und Nährstoffe und erhalten im Gegenzug Kohlenhydrate in Form von Zucker. Stirbt ein Baum, suchen sich die Pilze eigentlich einen neuen Organismus. Doch wenn durch ein rasanteres Waldsterben weniger gesunde Bäume zur Verfügung stehen, gehen auch die Pilzgründe zurück.
So hat zum Beispiel der Rückgang der Fichtenwälder in Nordrhein-Westfalen aufgrund von Dürre und Borkenkäferbefall zu einem enormen Verlust von traditionellen Fundstellen geführt. Auch der begehrte Speisepilz Burgundertrüffel wird wegen der Zunahme heißer und trockener Sommer rarer. Wenn man allerdings weiß, mit welchen Bäumen die gesuchte Pilzart Partnerschaften eingeht, kann man noch fündig werden. So sei der begehrte Steinpilz laut Experten nicht nur unter Fichten, sondern auch unter Buchen anzutreffen.
Es gibt auch Gewinner des Klimawandels: Arten, die eigentlich im Mittelmeerraum wachsen, sind mittlerweile auch nördlich der Alpen zu finden. Dabei halten nicht nur Speisepilze wie der Kaiserling Einzug, sondern auch giftige Arten.
Experten gehen davon aus, dass der Klimawandel langfristig eine Veränderung der Pilz-Vorkommen bewirkt. Kälteliebende Arten werden sich in höhere Lagen zurückziehen. Und wärmeliebende Arten stärker nordwärts ausbreiten.
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