"Beiß nicht gleich in jeden Apfel. Er könnte sauer sein. Denn auf rote Apfelbäckchen fällt man leicht herein": So warnte in den 60er Jahren ein bekannter deutschsprachiger Schlager. Jetzt, knapp sechzig Jahre später, sollten Konsumenten eher darauf hingewiesen werden, nicht gleich jedes Brot für besonders gesund zu halten, das eine angenehme, rötlich-braune Farbe hat.
Woran wir uns beim Einkauf orientieren
Denn: Wir alle orientieren uns beim Einkauf an bestimmten Vorlieben und Gewohnheiten. Anhand der Optik eines Lebensmittels schätzen wir beispielsweise ein (normalerweise, ohne dass uns das bewusst ist), wie frisch ein Produkt vermutlich ist oder welche Qualität es hat.
Von einem Brot mit guten Nährwerten erwarten wir beispielsweise, dass es einen angenehmen Braunton aufweist. Das hat auch einen Grund: Weil für gesundes Vollkornbrot alle Bestandteile der Getreidekörner verarbeitet werden, fällt es dunkler aus, nämlich gräulich-braun. Weißer Toast, der aus hellem Weizenmehl gebacken wird, ist hingegen dafür bekannt, nur mit wenigen Nährwerten zu punkten.
Vorsicht vor Pseudo-Vollkornbrot
Genau das haben natürlich auch die Hersteller von Backwaren gemerkt – und helfen deshalb hin und wieder etwas nach, um ihre Produkte mit dem "richtigen", nämlich dunkleren Farbton auszustatten. Dazu werden laut der Verbraucherzentrale Hamburg beispielsweise die Zusatzstoffe Karamellsirup, Malzsirup, geröstetes Malzmehl (Röstmalz, Farbmalz) oder Zuckerrübensirup eingesetzt, die für gesunde Bräune sorgen.
Offiziell werden die färbenden Zusatzstoffe übrigens aus Geschmacksgründen beigesetzt: Reine Lebensmittelfarbstoffe dürfen in Brot nämlich nicht verwendet werden. An den Inhaltsstoffen des Brots ändert sich dadurch natürlich nur wenig – das Produkt wird lediglich süßer, wenn ihm beispielsweise Sirup beigegeben wird.
Dass die Praxis, Brot auf die genannten Weisen aufzuhübschen, weit verbreitet ist, lässt sich leicht durch einen Gang in den Supermarkt nachprüfen.
Aktuelle Beispiele aus dem Supermarkt
Wir haben beispielsweise im Oktober 2022 die hier gezeigten Beispiele eingesammelt, bei denen abgepackte Brote die färbenden Zutaten Karamellsirup oder Zuckerrübensirup – oder gleich beide – enthalten (oberes Bild). Im Backautomaten des besuchten Supermarkts wiederum wurden zwei dunkle Brote angeboten, die Röst- bzw. Farbmalz enthalten (unteres Bild).
Die Produkte sind zweifellos hübsch anzusehen – gesünder werden sie durch Sirup & Co. aber nicht. Erst echte Vollkorn-Backwaren – nämlich solche, die die Bezeichnung "Vollkorn" auch im Namen tragen – dürfen für sich in Anspruch nehmen, besser für die Ernährung zu sein. So punktet Vollkornbrot unter anderem mit mehr Ballaststoffen, Mineralien und B-Vitaminen als gewöhnliches Gebäck, da es auch die äußeren Bestandteile des Getreidekorns (und damit deren Nährstoffe) enthält.
Auch Vollkornbrot kann gefärbt sein
Wenn Sie also Brot mit möglichst guten Nährwerten kaufen wollen, ignorieren Sie die Farbe und achten Sie stattdessen darauf, dass es die Bezeichnung "Vollkorn" im Namen trägt – sie ist gesetzlich geschützt. Solche Brote müssen aus mindestens 90 Prozent Vollkornmehl oder -schrot gebacken werden. Wenn Sie eine ökologisch betriebene Landwirtschaft unterstützen wollen, bevorzugen Sie außerdem Bio-Produkte.
Gut zu wissen: Wir haben bei unserer Supermarkt-Stichprobe festgestellt, dass auch einige echte Vollkorn-Produkte mit färbendem Sirup versehen wurden. Hier scheint den Herstellern die natürliche Farbe des Brots nicht "gesund" genug (oder der Geschmack nicht süß genug) gewesen zu sein.
Ebenfalls wichtig: Der Begriff "Mehrkorn", der sich inzwischen auf vielen Backwaren findet, suggeriert gesunde Produkte, hat aber nichts mit "Vollkorn" zu tun. "Mehrkorn" bedeutet laut Deutschem Lebensmittelbuch lediglich, dass mindestens drei Getreidesorten zu jeweils mindestens fünf Prozent enthalten sein müssen. Ob das bessere oder schlechtere Nährwerte bedeutet, hängt ganz vom Produkt ab.
Von "fitten" und "vitalen" Brötchen
Auf andere kreative Namensgebungen ("Fitness-Brot", "Körner-Sandwich", "Pro-Vital-Schnitte") sollten Sie gar nicht erst hereinfallen. Keine dieser Bezeichnungen reicht aus, um ein gesundes Frühstück zu garantieren – was umgekehrt nicht heißt, dass all die "fitten" und "vitalen" Brote und Brötchen automatisch ungesund sein müssen. Auch hier kommt es drauf an, was wirklich drinsteckt.
Und: Auch Körner, die sichtbar im Brot stecken oder auf die Oberfläche gestreut sind, sind noch kein Beleg für ein überdurchschnittlich gesundes Brot.
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