Beim Fleischkauf im Supermarkt und in Metzgereien sollen Kundinnen und Kunden mehr Klarheit bekommen: dazu, woher Koteletts und Schnitzel stammen und wie die Schweine einmal gehalten wurden. Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) hatte dazu zwei neue Kennzeichnungen ins Gesetzblatt gebracht, nun soll die praktische Umsetzung folgen.
Ab 1. Februar gelten in den Kühltheken erweiterte Pflichtangaben zum Herkunftsland. Für das künftige staatliche Tierhaltungslogo gibt es einen Fahrplan bis 2025.
Die erweiterte Herkunftskennzeichnung bei Fleisch
Informationen zum Herkunftsland der geschlachteten Tiere werden jetzt für mehr Fleischwaren zur Pflicht. Özdemir regelt das national, nachdem eine in Aussicht gestellte EU-weite Lösung ausblieb. Verbraucherinnen und Verbraucher könnten so auch regionale Wertschöpfung und hohe Umwelt- und Tierschutzstandards unterstützen, sagte der Grünen-Politiker bereits zur Billigung der Verordnung im Sommer im Bundesrat.
- In Supermärkten, Metzgereien, Hofläden und auf Wochenmärkten werden Pflichtkennzeichnungen zum Herkunftsland auch auf unverpacktes Fleisch von Schweinen, Schafen, Ziegen und Geflügel ausgedehnt. Bei verpackter Ware gilt das schon, ebenso bei unverpacktem Rindfleisch.
- Anzugeben sind Aufzucht- und Schlachtland, und zwar mit kleinen Schildern an der Ware oder auch an Bildschirmen. Also zum Beispiel: "Aufgezogen in: Frankreich. Geschlachtet in: Deutschland", wie das Ministerium erläuterte. Waren Geburt, Aufzucht und Schlachtung in einem einzigen Staat, kann es heißen "Ursprung: Deutschland".
- Wird überwiegend Fleisch gleicher Herkunft verkauft, reicht auch ein allgemeiner Hinweis im Laden. Also etwa ein gut sichtbarer Aushang: "Unser gesamtes Schweinefleisch in der Theke hat den Ursprung Deutschland."
- In den Blick nimmt das Ministerium auch eine nationale Ausweitung der Herkunftskennzeichnung in Restaurants und Gaststätten, wie ein Sprecher sagte. Die Abstimmung eines Entwurfs in der Bundesregierung ist demnach für das Frühjahr 2024 angedacht.
Das verpflichtende Tierhaltungslogo
Zu den Lebensbedingungen von Tieren gibt es schon seit 2019 eine weit verbreitete freiwillige Kennzeichnung der großen Supermarktketten mit dem Aufdruck "Haltungsform". Sie umfasst auch bereits Fleisch von Rindern, Schweinen und Geflügel. Dazukommen soll aber künftig noch ein staatliches Logo, das schrittweise ausgedehnt werden soll.
- Das Gesetz sieht eine Pflichtkennzeichnung für inländische Erzeugnisse vor. Starten soll sie zunächst mit Schweinefleisch im Handel. Kommen soll ein System mit fünf Kategorien, wenn Ferkel nach der Aufzucht in die Mast kommen. Es beginnt bei der Haltungsform "Stall" mit den gesetzlichen Mindestanforderungen. Die Stufe "Stall+Platz" gibt 12,5 Prozent mehr Platz vor, "Frischluftstall" Kontakt zu Außenklima. Dazu kommen noch die Stufen "Auslauf/Weide" und "Bio".
- Aussehen soll das Logo sachlich-nüchtern: ein weißes, abgerundetes Rechteck, in dem in schwarzer Umrahmung "Tierhaltung" steht. Die Haltungsform zeigt dann ein schwarz ausgefülltes kleineres Rechteck an – bei fünf kleinen Rechtecken für die fünf Kategorien.
- Genutzt werden kann auch eine Variante mit mintgrünem Hintergrund, wenn das besser sichtbar ist. Ein Leitfaden legt zudem einheitliche Anforderungen etwa an die Lesbarkeit fest. Die Schrift muss demnach je nach Packungsgröße mindestens 0,9 oder 1,2 Millimeter hoch sein.
- Bei gemischten Produkten wie Hackfleisch oder Großpackungen mit Fleisch mehrerer Haltungsformen können Prozentangaben in den kleinen Rechtecken stehen: also etwa "70% Stall" und "30% Stall+Platz".
Der Fahrplan sieht vor, dass Tierhalter ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes Zeit haben, ihre Haltungseinrichtungen den zuständigen Behörden mitzuteilen – also bis Ende August 2024. Verpflichtend wird die Kennzeichnung von Produkten dann ab September 2025 nach einer zweijährigen Übergangsfrist, wie das Ministerium erläuterte.
Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir hat angekündigt, dass die Kennzeichnungsregeln zügig ausgeweitet werden sollen: Ein nächster Schritt soll im neuen Jahr unter anderem die Außer-Haus-Verpflegung in der Gastronomie sein.
Das sagt ÖKO-TEST zum Fahrplan
"Letztlich ist die staatliche Kennzeichnung, die jetzt kommt, kaum etwas anderes als das, was die Industrie schon seit Jahren praktiziert", sagt Katja Tölle, stellvertretende Chefredakteurin von ÖKO-TEST. "Die Politik hat da einfach eine große Chance vertan, wirklich etwas für die Tiere in den Ställen zu tun."
Denn klar ist:
- Die Tiere haben etwas mehr Platz, aber erst in Stufe 4 dürfen sie überhaupt raus.
- Und für das Tierwohl das wohl wichtigste Kriterium, die Gesundheit der Tiere, die blendet diese Kennzeichnung komplett aus.
Katja Tölle weiter: "Im Grunde ist die Industrie hier vorgeprescht, hat sich selbst Regeln festgelegt, und die Politik ist den Vorgaben gefolgt. Das einzige, was wirklich gut ist, ist, dass die Regeln jetzt gesetzlich verpflichtend werden. Aber die Latte für die Stufen – bis auf 4 und 5 – hängt wirklich nicht hoch."
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