- Die globale Lust auf Fleisch steigt, allen Skandalen zum Trotz, immer weiter an.
- Um den Klimawandel aufzuhalten, müsste der jährliche Fleischkonsum in Deutschland bei etwa 15 Kilo pro Kopf liegen. Aktuell sind es 60 Kilo pro Kopf.
- Vor allem die Altersgruppe der 15- bis 29-Jährigen schränkt ihren Fleischkonsum bereits heute ein.
Auf beängstigende 366 Millionen Tonnen Fleisch könnte die weltweite Fleischproduktion bis zum Jahr 2029 ansteigen, wenn sich am Konsumverhalten der Weltbevölkerung nichts ändert. So steht es im Fleischatlas 2021, herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung, dem Bund für Umwelt und Naturschutz und dem Magazin Le Monde Diplomatique. Alle drei Jahre beleuchten die Organisationen gemeinsam die globale Fleischwirtschaft. Übergreifendes Fazit dieser Analyse: Es gibt nur wenig Fortschritte.
So wurden im vergangenen Jahr alleine in Deutschland pro Tag mehr als zwei Millionen Tiere geschlachtet, darunter 1,7 Millionen Hühner, 151.000 Schweine und 94.000 Puten. Dabei produziert die deutsche Fleischindustrie sogar mehr, als wir hierzulande selber konsumieren, denn rund 16 Prozent der Fleischwaren werden ins Ausland exportiert. Deutschland ist damit einer der EU-Spitzenreiter bei der Fleischproduktion – und auch beim Konsum.
Fleischkonsum: 60 Kilogramm pro Kopf und Jahr
Der liegt aktuell bei etwa 60 Kilogramm pro Kopf. Um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen, müsste sich diese Menge allerdings eher bei 15 Kilogramm pro Kopf einpendeln. Für eine weitreichende Reduktion des Fleischkonsums, so schreiben die Autoren des Fleischatlas, müssen sich langfristig die sozialen Normen verändern.
Sie empfehlen eine stärkere Einmischung der Politik, beispielsweise in Form einer Besteuerung von tierischen Produkten oder einer Regulation von Sonderangeboten im Supermarkt, sodass Fleischerzeugnisse nicht unter ihrem Produktionspreis verkauft werden können. Denn aktuell sei der Fleischkonsum fest in der Gesellschaft verankert.
Der Preis des Konsums: Coronavirus zeigt Probleme auf
Daran hat auch die Corona-Pandemie bisland nichts geändert. Zwar gerieten über den Sommer die Arbeits- und Lebensbedingungen der Mitarbeiter in deutschen Schlachtbetrieben in die Kritik, nachdem sich Schlachthöfe, wie etwa die Tönnies-Betriebe im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück als Corona-Hotspots entpuppten, doch einen Wandel in der Fleischproduktion hat auch dieser Skandal nicht wirklich angestoßen.
Dabei muss sich dringend etwas ändern. Denn die stetig wachsende Weltbevölkerung hält für ihren Fleischkonsum immer mehr Nutzttiere auf immer kleinerem Raum. Die Folge: Übertragungen von Infektionsskrankheiten von Tieren auf den Menschen werden wahrscheinlicher – Corona macht es vor. Um das Risiko künftiger Pandemien zu verringern, so argumentieren die Autoren des Fleischatlas 2021, muss die Biodiversität unseres Planeten geschützt und die industrielle Tierhaltung umgebaut werden.
Fleischkonsum im Wandel: Jüngere konsumieren weniger
Zustimmung finden Sie dafür vor allem bei den jüngeren Generationen in Deutschland. Erstmals wurden für den Fleischatlas 2021 junge Menschen zwischen 15 und 29 Jahren zu ihren Ernährungsgewohnheiten und ihrer Meinung zur Fleischindustrie befragt. Das Ergebnis: Fleischverzicht liegt bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Trend.
Fast 11 Prozent der Befragten ernähren sich vegetarisch, immerhin 2,3 Prozent sogar vegan. Das Besondere: Rund ein Drittel derjenigen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, haben ihre Ernährung erst im vergangenen Jahr auf fleischfrei umgestellt. Weitere 25 Prozent der Befragten gaben zudem an, den eigenen Fleischkonsum freiwillig einzuschränken – die sogenannten Flexitarier.
Auffällig ist auch, dass der Fleischverzicht mit politischen Einstellungen verknüpft ist. So lehnt ein Großteil der Befragten die aktuelle Tierhaltung und die schlechten Arbeitsbedingungen in den Schlachtbetrieben ab. Zudem sieht die jüngere Generation die Politik stärker in der Verantwortung und befürwortet zum Beispiel eine Klimakennzeichnung von Lebensmitteln und strengere Tierschutzgesetze.
Weiterlesen auf oekotest.de: