Ein Stück Fleisch oder ein veganer Burger für den Grill, dazu Brot, eine Soße und erfrischender Eistee. Wer sich für ein Sommerwochenende mit dieser Grundausstattung eindeckt, kann dabei eine gesunde Wahl treffen – oder ernährungstechnisch dabebengreifen. Denn noch immer lässt ein verbraucherfreundliches Modell zur Nährwertkennzeichnung in Deutschland auf sich warten.
Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat versuchsweise einen Korb mit 24 Grill- und Picknickprodukten gepackt und diese verglichen. Daraufhin wurde jedes mit der Nutri-Score-Ampel versehen, die es auf der Verpackung tragen würde – damit Kunden dank einer Skala von A (dunkelgrün, gut) bis E (rot, schlecht) sofort einschätzen können, wie gesund das Produkt ist.
Bei der Nutri-Score-Ampel fließen sowohl ungünstige Bestandteile wie gesättigte Fettsäuren, Zucker oder Salz als auch vorteilhafte Inhaltstoffe wie Ballaststoffe, Proteine, Obst oder Gemüse mit ein – so ergibt sich ein stark vereinfachter Gesamtwert.
Große Unterschiede bei Fleisch und Fleischersatz
Das Ergebnis des aktuellen Experiments: Bei einigen Produktkategorien gab es große Unterschiede. Ein hoher Anteil an gesättigten Fettsäuren, stark gesalzene Marinaden und viele Kalorien machen Schweinefleisch für den Grill beispielsweise zu einer besonders ungesunden Wahl. Steaks, Rippen und "Grillfackeln aus Schweinebauch" erhielten folglich Wertungen von C bis E. Vergleichsweise besser schnitt das fettärmere und proteinreichere Hähnchenfleisch ab, bei dem auch die Marinade nicht zu salzig war – die Wertung lag hier im grünen Bereich.
Auch vegetarischer Fleischersatz variiert stark in Sachen Kalorien- und Salzgehalt: So gibt es vegane Burger und Schnitzel, die ein grünes "A" oder "B" erhalten, der gehypte fleischfreie "Beyond Meat"-Burger aus Erbsenprotein schaffte es dagegen nur auf ein gelbes "C".
Das Experiment zeigt, wie sinnvoll eine Kennzeichnung ist
Bei Baguettes gibt es eine Spanne von A bis D, was Foodwatch mit dem unterschiedlichen Gehalt an gesättigten Fettsäuren und Salz erklärt. In Sachen Grilltoppings bekommen – wenig überraschend – Ketchup und Mayonnaise den Nutri-Score C und D, wegen zu viel Zucker oder zu viel Fett und Kalorien. Bei den Getränken schlägt Wasser und ungesüßter Eistee die zuckrigen Varianten. Was Eis betrifft, so enthält zwar jedes Produkt recht viel Zucker, jedoch gab es größere Unterschiede in puncto Kalorien und gesättigte Fettsäuren. Die Ergebnisse für alle Produktgruppen hat Foodwatch in einer Fotostrecke zusammengefasst.
Der Vergleich der Verbraucherorganisation macht deutlich, wie stark die Inhaltsstoffe von vermeintlich ähnlichen Produkten auseinandergehen können – und wie sinnvoll es für Verbraucher wäre, eine einfache Kennzeichnung zu haben, um gesunde von ungesunden Lebensmitteln unterscheiden zu können.
Foodwatch fordert: Julia Klöckner soll endlich handeln
Frankreich und Belgien verwenden den Nutri-Score bereits, Spanien und die Schweiz wollen ihn ebenfalls einführen. In Deutschland hingegen ist man von der Einführung der Lebensmittelampel noch weit entfernt. Einige Hersteller hatten zwar freiwillig begonnen, ihre Produkte damit zu kennzeichnen, Iglo wurde dies jedoch gerichtlich untersagt.
Foodwatch fordert Bundesernährungsministerin Julia Klöckner dazu auf, "die Nutzung der Nutri-Score-Ampel bei der Europäischen Kommission anzumelden, um endlich die Rechtsunsicherheit für Unternehmen in Deutschland zu beenden."
Auch ÖKO-TEST fordert eine verbindliche Lebensmittelkennzeichnung. Ob der Nutri-Score tatsächlich die beste Lösung darstellt, diskutieren wir in unserem Artikel "Nutri-Score: Vor- und Nachteile der neuen Lebensmittel-Kennzeichnung".
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