Aus dem sogenannten Nutri-Score für verpackte Lebensmittel geht in vereinfachter Form hervor, wie gesund ein Lebensmittel ist. Der Score, der auf der Verpackung aufgedruckt wird, weist für jedes Lebensmittel einen Wert von A (dunkelgrün) bis E (rot) aus. Die erzielte Bewertung ist jeweils besonders hervorgehoben. Negativ bewertet werden hohe Mengen an Zucker, Fett und Salz – positiv ins Gewicht fallen dagegen Ballaststoffe, Proteine sowie Obst, Gemüse und Nüsse. So sollen vor allem Lebensmittel innerhalb einer Produktgruppe besser zu vergleichen sein.
In anderen europäischen Ländern, vor allem in Frankreich, ist die fünfstufige Nährwertkennzeichnung bereits seit Jahren auf dem Vormarsch. Deutschland hinkte lange hinterher, obwohl Verbraucherschützer wie ÖKO-TEST entsprechende Kennzeichnungen seit Langem fordern.
Nutri-Score: Jetzt erlaubt, aber freiwillig
Seit November kann der Nutri-Score nun rechtssicher auf Produkten aufgedruckt werden, das Nährwertkennzeichnungsmodell ist offiziell erlaubt. Das Bundesernährungsministerium hatte sich zuvor nach langem Hin und Her letztlich für den Nutri-Score entschieden und auch von der EU gab es dazu grünes Licht.
Ein Nachteil bleibt: Ob Hersteller die neue Kennzeichnung auch wirklich nutzen wollen, bleibt allerdings jedem Unternehmen selbst überlassen. Die Verwendung des Nutri-Score bleibt freiwillig. Das Ernährungsministerium plant lediglich eine Infokampagne, um den Score bei Verbrauchern bekannter zu machen und Unternehmen zur Teilnahme zu bewegen. Einige Firmen zeigen sich dabei offener als andere: Danone, die zu den frühren Befürwortern des Score gehörten (siehe unten), kündigte beispielsweise an, sämtliche Milchprodukte und -alternativen bis Ende 2020 mit dem Nutri-Score zu versehen.
Ob sich damit für deutsche Verbraucher viel verändert, ist unklar. Viele Hersteller nutzen den Nutri-Score auch ohne die Verordnung schon seit Monaten. Im Mai 2020 hatte die Verbraucherzentrale Hamburg im Handel bereits rund 1.000 Produkte mit dem Nutri-Score gefunden. Kaum überraschend: Auf weniger gesunden Lebensmittel suchte man die Ampel oft vergebens.
Trotz der Freiwilligkeit äußerte Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) "die klare Erwartung" an Unternehmen, die Kennzeichnung zu nutzen. Vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gab es dafür erneut Kritik. Eine nur freiwillig Verwendung bedeute "erfahrungsgemäß, dass nicht alle Lebensmittelunternehmen mitmachen", so vzbv-Vorstand Klaus Müller.
Der Verband dringt stattdessen auf eine europaweit einheitliche, verbindliche Ampel. Klöckner kündigte an, zumindest auf eine EU-weite Einführung hinzuwirken.
Was der Nutri-Score kann – und was nicht
Wichtig zu wissen: Der Nutri-Score zeigt keine Nährstoffe einzeln an. Wer die einzelnen Nährstoffe und Zutaten eines Lebensmittels wissen will, der muss sie weiterhin in der Nährwert-Tabelle und dem Zutatenverzeichnis suchen. Dieses ist für die Hersteller verpflichtend und steht meist auf der Verpackungsrückseite.
Ein Produkt mit gutem Nutri-Score muss nicht bei jedem einzelnen Inhaltsstoff gut abschneiden. Die Lebensmittelampel lässt die verschiedenen Inhaltsstoffe in eine Gesamtbewertung einfließen und zeigt – mit den Buchstaben A bis E – lediglich dieses Gesamtergebnis an. Schlechte Werte in einzelnen Bereichen lassen sich durch gute Werte in anderen Bereichen ausgleichen.
ÖKO-TEST dokumentiert in der folgenden Chronik, wie sich die Diskussion um den Nutri-Score in Deutschland entwickelt hat.
[12/2019] Nutri-Score: Gesetzliche Grundlagen erst 2020
Zurzeit wird eine gesetzliche Grundlage für die Kennzeichnung geschaffen, die vermutlich Mitte 2020 vorliegen soll. Der Haken für Verbraucher: Es wird den Herstellern freistehen, den Nutri-Score zu verwenden. Das hat mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge, dass viele ungesunde Produkte weiterhin unerkannt in unseren Supermarkt-Regalen stehen.
Unternehmen könnten nur diejenigen Produkte kennzeichnen, die einen "grünen" Score (A oder B) erhalten – während sie auf weniger gesunden Produkten entsprechende Hinweise weglassen.
Dafür ist allerdings weniger das Bundesernährungsministerium verantwortlich: Eine verpflichtende Lebensmittelampel kann nach der momentanen Gesetzeslage nur auf europäischer Ebene eingeführt werden. Dazu müsste die EU-Verordnung über Lebensmittelinformationen (LMIV) angepasst werden – was verschiedene Verbände aus genau diesem Grund bereits fordern.
Zu den ersten Befürwortern des Nutri-Score in Deutschland zählte übrigens Danone. Der französische Lebensmittelkonzern unternahm damit einen – letztlich erfolgreichen – Versuch, dem Image entgegenzuarbeiten, die bekannten "Fruchtzwerge" seien ungesund. Tatsächlich tragen "Fruchtzwerge" inzwischen den zweitbesten Nutri-Score B – allerdings erst, nachdem Danone die Rezeptur des Produkts angepasst und unter anderem den Zucker- und Fettgehalt deutlich gesenkt hatte.
[12/2019] Weitere Hersteller kündigen Nutri-Score an
Tiefkühlhersteller Agrarfrost, Bonduelle, Harry-Brot und Rübezahl-Schokoladen: Weitere größere und kleinere Hersteller haben angekündigt, die Verpackungen ihrer Produkte zukünftig mit dem Nutri-Score zu kennzeichnen.
Ärger dagegen macht der Lebensmittelverband Deutschland. Das erklärten zumindest die Verbraucherschützer von Foodwatch, die dem Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft vorwerfen, er wolle die Kennzeichnung verhindern oder zumindest verzögern. "Der Lobbyverband stellt sich schützend vor die Junkfood-Industrie und handelt gegen die Interessen zahlreicher Mitgliedsunternehmen, die den Nutri-Score befürworten", so Luise Molling von Foodwatch.
Grund des Aufruhrs: Der Lebensmittelverband Deutschland hat vor Kurzem einen 10-Punkte-Plan unter dem programmatischen Titel "Anpassungen bei Berechnung des Nutri-Score erforderlich" (Link) veröffentlicht. Der Verband fordert darin unter anderem, dass Fleisch als tierische Proteinquelle bei der Berechnung des Nutri-Score bessergestellt werden solle. Foodwatch hält dagegen: "Der Nutri-Score ist ein wissenschaftlich unabhängiges Modell und kein Marketinginstrument deutscher Wurstfabrikanten!"
Darüber hinaus schließt sich der Lebensmittelverband in seinen zehn Punkten zwar der Forderung an, der Nutri-Score solle ein europäisches System werden und mit europäischen Vorgaben übereinstimmen, besteht aber weiterhin auf der Freiwilligkeit der Kennzeichnung. Außerdem sollten "andere erweiterte Nährwertkennzeichnungsmodelle" in Betracht gezogen werden.
[11/2019] Coca Cola lehnt Nutri-Score ab – aus offensichtlichen Gründen
Die Coca-Cola Company, die sich als größten Getränkekonzern der Welt bezeichnet, erklärte gegenüber Foodwatch, man habe "derzeit nicht vor, Nutri-Score einzuführen". Stattdessen testet das Unternehmen in verschiedenen Ländern ein anderes Kennzeichnungsmodell, wie es in einem Schreiben mitteilte. In Frankreich hatte sich der Softdrink-Multi schon vor zwei Jahren gegen die Nährwert-Kennzeichnung ausgesprochen – übrigens im Verbund mit anderen (Süßwaren-)Herstellern wie Mars, Mondelez, Nestlé, PepsiCo und Unilever.
Das Kalkül dahinter ist offensichtlich. Würde Coca Cola sich für den Nutri-Score zurückgreifen, müsste das Unternehmen die meisten Produkte aus dem eigenen Haus mit der schlechtesten Bewertung versehen – nicht gerade die beste Publicity. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat bereits ausgerechnet, dass das bekannteste Produkt des Konzerns, das Coca-Cola-Getränk selbst, ein tiefrotes E erhalten würde, unter anderem wegen des hohen Zuckergehalts. In einigen französischen Supermärkten ist dies, sicher zum Missfallen des Getränkekonzerns, auch bereits zu sehen (siehe Bild).
Die Firma Frankenbrunnen dagegen hat nach Informationen von Foodwatch angekündigt, den Nutri-Score bald auf ihre Produkte zu drucken. Frankenbrunnen produziert mit rund 700 Mitarbeitern vor allem Mineralwasser und Saftschorlen.
[11/2019] Iglo darf Nutri-Score doch nutzen, Aldi kündigt ihn an
Der Tiefkühlhersteller Iglo darf seine Produkte wieder mit dem Nutri-Score kennzeichnen. Erste Produkte mit der Lebensmittelampel sollen spätestens im Februar 2020 im Handel sein. Das Landgericht Hamburg hatte der Firma im April untersagt, den Nutri-Score auf Verpackungen abzudrucken. Der "Schutzverband gegen Unwesen in der Wirtschaft" erwirkte damit eine einstweilige Verfügung; in wessen Auftrag, ist nach wie vor unklar. Nun haben sich die Parteien außergerichtlich geeinigt.
Aufgrund der gerichtlichen Entscheidung ist der Nutri-Score zu Iglo-Artikeln bislang nur auf iglo.de einsehbar. Iglo-Schwesterfirmen in anderen Ländern nutzen die Nährwertkennzeichnung bereits.
Auch Aldi Nord und Süd kündigten im Oktober 2019 an, den Nutri-Score "auf relevanten Eigenmarken-Produkten" aufzubringen, sobald die gesetzlichen Rahmenbedingungen vorlägen – was 2020 der Fall sein sollte. Rewe, Lidl und Edeka/Netto gaben ebenfalls bekannt, die Nutzung des neues Labels für ihre Produkte zu prüfen. Andere Hersteller zeigen sich weniger zimperlich: Danone nutzt den Score bereits seit dem Frühjahr 2019 auf den Verpackungen einiger Produkte.
Das Bundesernährungsministerium hat als Ziel ausgegeben, den Nutri-Score im Lauf des kommenden Jahres auf breiterer Basis zu ermöglichen. Auch andere Lebensmittelhersteller können ihn dann, unter gesicherter gesetzlicher Grundlage, auf ihre Verpackungen drucken – die Kennzeichnung bleibt allerdings freiwillig.
[10/2019] Lidl kündigt Nutri-Score an
Ende Oktober hat Lidl Deutschland in einer Pressemitteilung (Link) bekanntgegeben, dass der Nutri-Score "nach abschließender Analyse und der Schaffung der rechtlichen Grundlagen" auf verschiedenen Produkten der Lidl-Eigenmarken abgedruckt werden solle.
Nachdem der Konzern zuletzt mit dem albernen Lidl-Löffel Spott auf sich gezogen hatte, dürfte es nun darum gehen, zumindest die gesünderen Eigenmarken-Artikel auch als solche zu kennzeichnen.
[09/2019] Der Nutri-Score kommt – aber nur freiwillig
Der Nutri-Score hat in einer Verbraucherumfrage des Bundesernährungsministeriums am besten abgeschnitten. Das Label soll deshalb zukünftig auf Lebensmittelverpackungen zu finden sein, um die Nährwerttabelle zu ergänzen, so Bundesernährungsministerin Julia Klöckner.
Über die Hälfte der 1.600 Verbraucher, denen das Ernährungsministerium vier verschiedene Lebensmittel-Label vorgelegt hatte, sprach sich für den Nutri-Score aus, der mit einer einfachen Farbskala arbeitet. Auch der sogenannte "Wegweiser Ernährung", den das Ministerium erarbeitet hatte, ist damit vom Tisch.
Das ist eine gute Nachricht, weil Studien nahelegen, dass der Nutri-Score als verständliche Einkaufshilfe am besten geeignet ist, um gesündere von ungesünderen Lebensmitteln zu unterscheiden. Das wusste auch das Ministerium, entschloss sich aber, den Prozess zu verzögern.
Der Haken: Der Score wird nicht verpflichtend. Ein entsprechende Entscheidung könnte nur auf europäischer Ebene fallen. Verbraucherschützer wie Foodwatch haben bereits entsprechend Kritik erhoben. Danone verwendet den Score bereits auf einigen Produkten, Iglo war die Verwendung untersagt worden (siehe unten). Ob und welche anderen Hersteller den Score in Zukunft verwenden wollen, ist noch nicht bekannt.
[08/2019] Mehrheit der Verbraucher ist gegen Klöckners Vorschlag
Noch bis September 2019 läuft die Verbraucherforschung, die maßgeblich zur Entscheidung über ein neues Label zur Nährwertkennzeichnung beitragen soll. Eine repräsentative Umfrage des Forsa-Insituts hat bereits jetzt eine klare Tendenz der Verbraucher aufgezeigt. Auftraggeber ist unter anderem die Verbraucherorganisation Foodwatch.
Rund 1.000 Teilnehmer sollten zwei von den vier vorgeschlagenen Modellen direkt miteinander vergleichen: den von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner in Auftrag gegebenen "Wegweiser Ernährung" und den Nutri-Score. Die Lebensmittelampel konnte eine deutliche Mehrheit von 69 Prozent überzeugen – während Klöckners Kennzeichnung nur 25 Prozent der Befragten zufriedenstellte.
Nutri-Score liefere genau, was die Menschen erwarten
Gegenüber dem Nutri-Score bewertete ein Großteil der Verbraucher den "Wegweiser Ernährung" eher als "kompliziert" und "verwirrend". Vor allem Menschen mit starkem Übergewicht und mit geringem formalem Bildungsgrad hielten den Nutri-Score für hilfreicher, um gesunde Produkte auszuwählen – und damit diejenigen Bevölkerungsgruppen, die häufig von Fehlernährung betroffen sind.
"Die Umfrage zeigt klar, dass der Nutri-Score genau das liefert, was die Menschen erwarten – eine schnelle, verständliche Orientierung beim Einkauf. Die Politik muss diese wirksame Maßnahme für eine gesündere Ernährung endlich umsetzen", zitiert Foodwatch Hans Hauner, den Vorsitzenden der Deutschen Diabetes Stiftung.
[07/2019] Klöckner lässt über Nutri-Score abstimmen
Julia Klöckner hatte lange versucht, den Nutri-Score zu verhindern. Eine positive Bewertung des einfachen Ampelsystems ließ die Bundesernährungsministerin nach Medienberichten zurückhalten. Foodwatch kritisierte dieses Vorgehen mehrmals scharf.
Nun sollen Verbraucher darüber entscheiden dürfen, welches Kennzeichnungssystem in Zukunft in Deutschland zum Einsatz kommt – auch der Nutri-Score steht zur Wahl. Das Bundesernährungsministerium hat vor Kurzem eine Befragung begonnen, um über das geplante Logo zu entscheiden. Von 1.600 Teilnehmer war die Rede.
Zur Wahl stehen diese vier Modelle:
- Das Keyhole-Modell aus Skandinavien: Es signalisiert mit einem weißen Schlüsselloch auf grünem Grund eine positive Nährwertbewertung.
- Das bundeseigene Max-Rubner-Forschungsinstitut hat ein Logo entwickelt, das Salz, Zucker und Fett pro 100 Gramm in separaten Waben anzeigt, die bei niedrigem Gehalt blaugrün gefärbt sind. Daneben zeigt eine große Wabe eine Gesamtbewertung. Das Modell heißt "Wegweiser Ernährung" (MRI-Modell).
- Der Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft hat ein Label vorgeschlagen, das fünf Kreise zeigt, in denen Kalorien sowie der Gehalt an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz pro 100 Gramm stehen. Dabei soll pro Kreis angezeigt werden, viel Prozent der täglich empfohlenen Zufuhr mit 100 Gramm des jeweiligen Produkts abgedeckt werden. Eine farblich abgesetzte "Warnung" bei zu hohen Werten ist dabei nicht geplant.
- Der Nutri-Score: Mehr Informationen dazu weiter unten.
Verbraucherschützer knüpfen Hoffnungen an die Befragung und dringen auf eine definitive Entscheidung im Herbst. Die Bundesernährungsministerin hatte erklärt, das Ergebnis der Befragung werde für sie "maßgeblich" sein. Sie werde dann einen Verordnungsentwurf vorlegen, der das favorisierte Nährwertkennzeichen empfiehlt.
Egal, wofür sich die Befragten entscheiden, ein großer Nachteil bleibt: Die Lebensmittelampel wird vorerst nicht verpflichtend. Das wäre nur auf EU-Ebene machbar.
Der Großteil der Lebensmittelwirtschaft in Deutschland lehnt Nährwertkennzeichnungen bislang ab. Philipp Hengstenberg vom Lebensmittelverband Deutschland erklärte vor Kurzem sogar, er halte den Nutri-Score für juristisch angreifbar.
[07/2019] Foodwatch verklagt Klöckner
Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat Klage gegen Bundesernährungsministerin Klöckner eingereicht. Foodwatch beschuldigt Klöckner, eine Studie zurückzuhalten, die der Nutri-Score-Ampel ein gutes Zeugnis ausstellt.
Die Ministerin habe laut Foodwatch bislang nur eine "offenbar überarbeitete" Fassung der Studie veröffentlicht, die den Nutri-Score eher zurückhaltend bewertet. Foodwatch beruft sich dazu auf interne E-Mails aus dem Ministerium und fordert die Herausgabe der Originalstudie.
Rechtliche Grundlage sei das Informationsfreiheitsgesetz, nach dem jeder Bürger einen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesbehörden hat.
[07/2019] Grillgut mit dem Nutri-Score bewertet
Anfang Juli bewertete Foodwatch verschiedene Grill- und Picknickprodukte testweise mit dem Nutri-Score – und stellt große Unterschiede fest. Klicke Sie auf den Button, um mehr zu erfahren:
[05/2019] Iglo verlässt Lebensmittelverband
Tiefkühlhersteller Iglo hat den Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft BLL (Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, inzwischen: Lebensmittelverband Deutschland) verlassen. Dem Verband fehle eine strategische Ausrichtung für die Herausforderungen der Branche, außerdem vernachlässige er die Bedürfnisse von mittelständischen Mitgliedern, hieß es in einer Mitteilung von Iglo.
Der BLL hat ein eigenes System zur Lebensmittel-Kennzeichnung veröffentlicht und empfohlen.
Iglo dagegen favorisiert den Nutri-Score, dessen Verwendung dem Tiefkühlhersteller allerdings im April (siehe unten) untersagt worden war.
[04/2019] Nutri-Score auf Iglo-Produkten verboten
Wie heute bekannt wurde, hat das das Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung erlassen, die Iglo vorerst verbietet, seine Produkte mit dem Nutri-Score zu kennzeichnen. Der Grund: Der Score sei keine reine Nährwertkennzeichnung und verstoße damit gegen europäische Vorschriften zur Lebensmittelkennzeichnung.
Hinter dem Verbots-Antrag steht offiziell der "Schutzverband gegen Unwesen in der Wirtschaft". Wer sich hinter dem Verein verbirgt und in wessen Interesse er agiert, ist weitgehend unklar. Iglo kündigte Berufung an.
Nutri-Score: Freiwillige Lebensmittelampel
Eine fünfstufige Nährwertkennzeichnung namens Nutri-Score soll Konsumenten helfen, sich bewusster zu ernähren und damit Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Beschwerden vorzubeugen.
Leider ist die neue Farbampel eine freiwillige Leistung: Vorerst wollen nur die Unternehmen Danone, Iglo, Bofrost sowie die Großbäckerei Mestemacher ihre Waren mit dem Nutri-Score kennzeichnen.
Einige Verpackungen mit Nutri-Score sind schon seit Februar in den Supermarktregalen zu finden. Bofrost und Iglo zeigen den Score außerdem bereits auf ihren Websites und scheuen sich nicht, eigenen Produkten auch mal eine vergleichsweise schlechte Bewertung zu verpassen.
Kriterien des neuen Nutri-Score
Der Nutri-Score bezieht sowohl negative Bestandteile wie Zucker oder Fett in die Bewertung mit ein als auch den Obst- oder Gemüseanteil von Lebensmitteln. Negativ schlagen ein zu hoher Energiegehalt, zu viel Zucker, gesättigte Fettsäuren und Salz zu Buche. Positiv werden Ballaststoff- und Eiweißgehalt sowie Obst, Gemüse und Nüsse vermerkt. Für die Inhaltsstoffe werden Punkte vergeben, die sich zu einer Gesamtzahl addieren.
Im Ergebnis wird der Nutri-Score dann in einem Buchstaben von A (dunkelgrün) bis E (rot) abgebildet, der anzeigen soll, wie "gesund" ein Produkt ist. Nutella erhielte so die schlechteste Bewertung, ein rotes E, ebenso wie die Milchschnitte oder eine Flasche Coca-Cola.
So könnte auch der Vergleich zwischen Lebensmitteln erleichtert werden – allerdings nur, wenn möglichst viele Hersteller an dem Verfahren teilnehmen. Zurzeit ist das noch nicht der Fall.
Auch bezieht sich der Nutri-Score nur auf jeweils 100 Gramm oder 100 Milliliter eines Produkts, nicht auf die gesamte Füllmenge. Das bedeutet, dass auch ein 50-Liter-Fass Bier einen positiven Nutri-Score aufweisen kann, sofern 100 Milliliter davon gesundheitlich unbedenklich sind.
Stellt der Nutri-Score einen Fortschritt dar?
Positiv fällt auf: Der Nutri-Score wurde von unabhängigen Ernährungswissenschaftlern entwickelt und nicht etwa von der Industrie selbst. In Frankreich wird die Kennzeichnung bereits seit zwei Jahren freiwillig verwendet und ist dort auf positive Resonanz gestoßen.
Negativ fällt auf: Der Nutri-Score ist stark vereinfacht. So werden Vitamine, Mineralstoffe oder ungesättigte Fettsäuren nicht berücksichtigt, auch zahlreiche Zusatzstoffe wie Geschmacksverstärker fließen nicht in die Berechnung ein. Für eine umfassende Bewertung, ob ein Lebensmittel zuträglich ist, reicht der Nutri-Score noch nicht aus.
Und: Der Nutri-Score ist eine freiwillige Leistung und taucht nur auf ausgewählten Produkten auf. So dürfte es schwierig werden, in den Supermarktregalen ein Produkt zu finden, das eine schlechte Bewertung aufweist. Eine abschreckende E-Note kommt bei den Herstellern, die das neue Label verwenden, bislang nicht vor – warum auch?
Immerhin: Danone hat als Ziel ausgegeben, den Nutri-Score bis Ende 2019 auf 90 Prozent aller Lebensmittel aufzudrucken, die der Konzern in Deutschland verkauft.
ÖKO-TEST fordert eine verbindliche Lebensmittelampel
Die einzige vernünftige Lösung, um Zuckerbomben und Fettfallen rechtzeitig zu entschärfen, stellt deshalb nach wie vor eine einfach zu verstehende Kennzeichnung dar, die für alle Hersteller verbindlich sein muss. Dies könnte auch der Nutri-Score selbst sein.
Das Ziel ist klar: Verbraucher müssen gesunde von weniger gesunden Lebensmitteln auf einen Blick unterscheiden können.
Zurzeit steht dem noch eine große Hürde im Weg. Wer eine Lebensmittelampel europaweit zur Pflicht machen will, muss zunächst das EU-Recht ändern: Dort ist bislang zu lesen, dass ein vereinfachtes Kennzeichnungssystem in den einzelnen Ländern nur auf freiwilliger Basis zulässig ist.
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