"In Sachen Tierhaltungskennzeichnung ist die Industrie vorgeprescht und die Politik hat nachgezogen – viel zu langsam, viel zu zögerlich und viel zu spät. Eigene Akzente? Fehlanzeige.
Das geplante staatliche Siegel ist bis auf ein paar kleine Abweichungen nichts anderes als das, was Industrie und Handel längst mit ihrer Haltungsform-Kennzeichnung praktizieren. Und die fünf geplanten Stufen sind ein Versuch, das sehr komplexe Thema Tierwohl in sehr simple Schubladen zu pressen. Ein bisschen mehr Platz – zack, zweite Stufe. Ein bisschen Frischluft – zack, dritte Stufe. Das Tier darf raus? Wunderbar, vierte Stufe.
Aber: Was für Futter bekommen die Tiere? Wie hoch ist die Verlustrate der Betriebe? Werden die Tiere fixiert, ihnen die Schwänze abgeschnitten, die Hoden herausgerissen? Sind sie krank?
Tierwohl-Label: Gesundheit der Tiere wird nicht beachtet
Für die staatliche Tierhaltungskennzeichnung sind diese Tierwohl-Aspekte völlig irrelevant. Den entscheidenden Faktor für das Tierwohl – die Gesundheit der Tiere – blendet die Kennzeichnung komplett aus. Damit führt das Siegel in die Irre: Verbraucherinnen und Verbraucher bekommen nämlich das Gefühl, das Tierwohl entscheidend zu beeinflussen, wenn sie Fleisch aus einer höheren Stufe kaufen. Eine vertane Chance, wirklich etwas für die armen Säue in den Ställen zu tun."
Hintergrund: Was ist beim Tierwohl-Label geplant?
Der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat die Eckpunkte der geplanten staatlichen Tierhaltungskennzeichnung vorgestellt. Zunächst müssen Hersteller ab dem kommenden Jahr nur Schweinefleisch mit dem Label kennzeichnen, das in fünf Stufen geplant ist.
Die erste Stufe kennzeichnet lediglich den gesetzlichen Standard, die zweite etwas mehr Platz. In der dritten Stufen kommt Frischluft im Stall hinzu, in der vierten auch Auslauf. Die fünfte Stufe kennzeichnet Bio-Fleisch. Weitere Tierarten sollen folgen. Tierwohlaspekte wie die Gesundheit der Tiere spielen in dieser Kennzeichnung keine Rolle.
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