Studie: Diese Lebensmittel haben einen hohen Acrylamidgehalt

Autor: Rebecca Welsch | Kategorie: Essen und Trinken | 19.09.2024

Gemüsechips: Genauso ungesund wie Kartoffelchips, doch mit viel mehr Acrylamid
Foto: Tatjana Baibakova/Shutterstock

Das Bundesministerium für Risikobewertung hat den Acrylamidgehalt in 230 Lebensmitteln bestimmt. Das Ergebnis: Gemüsechips und Kartoffelprodukte sind besonders oft von hohen Acrylamidgehalten betroffen. Doch nicht nur das Produkt, auch die Garmethode spielt eine Rolle.

Wer Gemüsechips statt Kartoffelchips isst, denkt vielleicht, seinem Körper etwas gutes zu tun. Tatsächlich enthalten Gemüsechips aber ähnlich viele Kalorien und Fette wie herkömmliche Kartoffelchips – und dazu die siebenfache Menge an Acrylamid. Das ergab eine Studie des Bundesministeriums für Risikobewertung. 

Acrylamid bildet sich als Nebenprodukt der Bräunungsreaktion beim Backen, Rösten, Grillen, Frittieren und Braten von Lebensmitteln, die viele Kohlenhydrate enthalten. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) stuft den Stoff seit 2015 als potentiell krebserregend ein. Besonders bedenklich ist Glycidamid, ein Stoffwechselprodukt von Acrylamid. In Tierversuchen hat sich Glycidamid als der wahrscheinlichste Auslöser von Tumoren und Genmutationen herausgestellt.

Gemüsechips überschreiten den EU-Richtwert von Chips

Die EFSA erklärt, dass es für Acrylamid in Lebensmitteln keine tolerierbare tägliche Aufnahmemenge geben kann. Deshalb hat das Bundesministerium für Risikobewertung die Acrylamidgehalte in 230 Lebensmitteln bestimmt. Diese Lebensmittel werden in 90 Prozent der deutschen Haushalte verwendet.

Besonders auffälllig in der Untersuchung waren Gemüsechips (1430 μg/kg), die Acrylamidgehalte in diesen waren doppelt so hoch wie der EU-Richtwert für Kartoffelchips (750 μg/kg). Kartoffelchips blieben mit einem Gehalt von 190 µg/kg unter dem Richtwert. Gemüsechips selbst haben von der EU-Kommission noch keinen eigenen Richtwert erhalten

Milchschokolade besser als dunkle Schokolade

Ebenfalls einen hohen Acrylamidgehalt hatten Kartoffelpuffer (558 μg/kg) und Bratkartoffeln (450 μg/kg). Am wenigsten Acrylamid enthielten Eier und Eiprodukte sowie Milch und Milchprodukte

So ist es auch wenig verwunderlich, dass Milchschokolade (32 μg/kg) im Test weniger Acrylamid enthielt als dunkle Schokolade (130 μg/kg), die einen höheren Kakaoanteil hat. Denn durch die Röstung der Kakaobohnen bei hohen Temperaturen kommt es zur Acrylamidbildung.

Auch Kaffee enthält wegen der Röstung der Bohnen oft Acrylamid. Das zeigt auch unser Kaffeepad-Test: In diesem schöpften knapp drei Viertel der Kaffeepulver in den Pads den EU-Richtwert für Acrylamid in Röstkaffee (400 μg/kg) zu mehr als der Hälfte aus.

In der BfR-Studie wurden die Acrylamidgehalte von fertig gebrühtem Kaffee bestimmt. Die höchsten Acrylamidgehalte hatten hier der Kaffee aus der Kapselmaschine und der Instantkaffee. Eine Umrechnung von dem fertigen Getränk auf das Pulver ergab in der Studie einen Acrylamidgehalt von 217 μg/kg bei den getesteten Kaffeekapseln. Instantkaffeepulver lag nach der Umrechnung bei 419 μg/kg.

Auf die Garung kommt es an

Um zu testen, wie sich der Acrylamidgehalt durch die Zubereitung verändert, führten die Forscherinnen und Forscher Tests mit verschiedenen Zubereitungsarten und Bräunungsgeraden durch. So verglichen sie beispielsweise die Acrylamidgehalte von Pommes und Süßkartoffelpommes nach Zubereitung im Ofen, in der Fritteuse und in der Luftfritteuse.

Bei den Pommes war die Garmethode mit dem niedrigsten Acrylamid-Gehalt bei allen Bräunungsgraden das Backen, während bei den Süßkartoffelpommes die Zubereitung in der Luftfritteuse zu einer geringeren Acrylamidbildung führte. Bei der Zubereitung in der Fritteuse entstand das meiste Acrylamid. 

Erwartungsgemäß stiegen mit zunehmendem Bräunungsgrad auch die Acrylamidgehalte an. Dies geschah  sprunghaft: So wurden bei Pommes für Bräunungsgrad 2 verglichen mit Bräunungsgrad 1 mehr als dreifach so hohe Acrylamidgehalte nachgewiesen. Bei Bräunungsgrad 3 waren es sogar mehr als 30-fach höhere Gehalte.

Acrylamidaufnahme sollte möglichst vermieden werden

Diese Ergebnisse zeigen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher durch die Garmethode und den Bräunungsgrad ihrer Lebensmittel ihre Acrylamidaufnahme zumindest zum Teil beeinflussen können. Es gilt: Lebensmittel sollten laut Empfehlung des BfR nur leicht gebräunt werden ("Vergolden statt Verkohlen").

Selbstverständlich beeinflusst auch die Wahl der Lebensmittel die Acrylamidaufnahme. Zwar kommt Acrylamid in einer Vielzahl von alltäglicher Lebensmitteln natürlich vor. Gemüsechips, Pommes und Kartoffelröstlinge lassen sich aber vermeiden.

Besonders bei Kindern, die bezogen auf ihr Körpergewicht schneller größere Mengen an Acrylamid aufnehmen können, sollte auf die Ernährung geachtet werden. Das gilt insbesondere für Snacks wie Popcorn und Salzstangen, die hohe Acrylamidgehalte aufweisen und von Kindern gerne gegessen werden. 

Aber nicht nur die Konsumenten, auch die Politik ist gefragt. Zwar hat die EU Kommission 2018 in einer Verordnung Minimierungsmaßnahmen und Richtwerte für Acrylamidgehalte festgelegt, die Wirkung zeigen. Gesetzlich verpflichtende Grenzwerte gibt es aber nicht.

Zudem sind für einige Lebensmittel, die viel Acrylamid enthalten, noch keine Richtwerte festgelegt worden. Das betrifft etwa Gemüsechips, Popcorn oder Salzstangen.

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