Wir haben uns gefragt, warum die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) die nachhaltigen Apsekte nicht stärker berücksichtigt und darüber mit Antje Gahl, Leiterin des Referats Öffentlichkeitsarbeit, gesprochen.
Die Ernährung beeinflusst Klima und Umwelt. Warum empfiehlt die DGE statt Pflanzenmilch und Fleischersatzprodukten immer noch die tierischen „Originale“?
Antje Gahl: Kein Lebensmittel allein enthält alle Nährstoffe. Je abwechslungsreicher wir essen, desto geringer ist das Risiko für eine einseitige Ernährung. Mit einer Auswahl aus allen Lebensmittelgruppen gelingt es leicht, vollwertig zu essen. Daher ist es sinnvoll, pflanzliche Lebensmittel durch tierische Lebensmittel wie Milch, Milchprodukte, Fisch, Fleisch und Eier zu ergänzen. So ist es einfacher, uns ausreichend mit allen notwendigen Nährstoffen zu versorgen.
Sie raten zu ein bis zwei Fischmahlzeiten pro Woche. Kritische Organisationen empfehlen aus Umweltsicht maximal eine im Monat. Warum so viel Fisch?
Die verfügbaren wissenschaftlichen Daten zeigen, dass ein regelmäßiger Verzehr von Fisch, insbesondere fettreichem Fisch, mit einem verringerten kardiovaskulären Risiko verbunden ist. Dies liegt vor allem am Gehalt langkettiger Omega-3-Fettsäuren. Zu welchem Anteil diese langkettigen Omega-3-Fettsäuren aus Fisch durch Omega-3-Fettsäuren aus pflanzlichen Quellen, etwa Walnüssen und Rapsöl, ersetzt werden können, ist bislang nicht bekannt. Grundsätzlich rät die DGE, Fisch am besten aus nachhaltiger Fischerei beziehungsweise nachhaltig betriebenen Aquakulturen zu kaufen.
Wann kommen von der DGE konkrete Empfehlungen für eine ausgewogene und zugleich nachhaltige Ernährung?
Die aktualisierten 10 Regeln der DGE enthalten bereits konkrete Tipps zur Nachhaltigkeit. Die überwiegend pflanzliche Ernährungsweise nach unseren Empfehlungen mit Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Samen, Nüssen und Vollkorngetreide sowie wenig tierischen Lebensmitteln, insbesondere wenig rotem Fleisch, und wenig verarbeiteten Lebensmitteln belastet die Umwelt und das Klima weniger als die durchschnittlich übliche Ernährungsweise in Deutschland.
Die DGE-Ernährungsempfehlungen sind durch internationale Bewertungen gestützt und sowohl mit präventiven Aspekten in Bezug auf die menschliche Gesundheit als auch mit Aspekten der ökologischen Nachhaltigkeit vereinbar. Sie entsprechen zudem weitestgehend der 2019 herausgegebenen Planetary Health Diet.
Was ist die Planetary Health Diet?
Die Lebensmittelproduktion zählt zu den bedeutendsten Verursachern von Treibhausgasen, sie verbraucht 70 Prozent des Frischwassers und trägt zum Verlust der Artenvielfalt bei. Gleichzeitig sind unzählige Menschen schlecht ernährt – sei es, weil sie zu wenig zu essen haben, oder weil sie zu viel und das Falsche essen. Eine Lösung könnte die „Planetary Health Diet“ sein, eine Art Speiseplan für die Welt, den Wissenschaftler aus 16 Ländern entwickelt haben.
„Planetary“, weil die Ernährungsweise den Planeten schützen und für die ganze Welt gelten soll, „health“, weil sie gesund sein soll. Sie könnte, so die Wissenschaftler, elf Millionen vorzeitige Tode im Jahr verhindern. Kernstück ist eine überwiegend pflanzenbasierte Ernährung mit Gemüse, Obst und Vollkornprodukten, die gleichzeitig gesund und nachhaltig ist.
Milchprodukte, Fleisch und Fisch können in kleinen Mengen enthalten sein, sie sind – anders als bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) – aber kein verpflichtender Teil. Als wesentlich erachten die Autoren zudem Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung und Strategien für eine nachhaltigere Lebensmittelproduktion.
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