- Kaffee kann durchaus gut für die Gesundheit sein, das gilt aber im Umkehrschluss nicht unbedingt für Koffein, das in koffeinhaltigen Energy-Drinks und -Shots enthalten ist.
- Kaffee wirkt von Mensch zu Mensch unterschiedlich – schon allein deshalb ist eine konkrete Verzehrempfehlung für die Allgemeinheit problematisch.
- Kaffeekonsum löst nach derzeitigem Kenntnisstand keine kardiovaskulären Probleme aus.
Ohne eine Tasse Kaffee am Morgen starten viele von uns gar nicht erst in den Tag. Kaffee ist ein emotionales Thema, für die meisten Menschen gehört der Genuss zum Alltag. Doch tut man sich damit nun etwas Gutes oder etwas Schlechtes?
Ist Kaffee gesund oder nicht? Das Naturprodukt enthält immerhin rund 1000 verschiedene Inhaltsstoffe, von denen die Wissenschaft einen Teil noch erforscht. Und der Effekt von Kaffee auf unsere Gesundheit ist Gegenstand zahlreicher Studien, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
Aktuelle Studien: Ist Kaffee gesund?
Ein aktueller Übersichtsartikel, der 2020 im "New England Journal of Medicine" erschienen ist, weist darauf hin, dass ein mäßiger Kaffee-Konsum sogar gesundheitliche Vorteile haben kann. Bei einem Konsum von drei bis fünf Tassen Kaffee am Tag beobachteten die Mediziner um Prof. Dr. Rob M. van Dam ein verringertes Risiko für chronische Erkankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, einige Krebserkrankungen und Parkinson.
Eine andere Studie aus dem Jahr 2019 stammt von der Queen Mary University of London und wurde zum Teil von der British Heart Foundation finanziert. Sie untersuchte die Wirkung von Kaffee auf das Herz. Das positive Fazit lautet: Selbst 25 Tassen am Tag sind nicht schlechter für die Arterien als der Genuss von weniger als einer Tasse pro Tag – also nicht schädlich für die Herzgesundheit.
Auch bei mehr als drei Tassen Kaffee pro Tag keine Arterienversteifung
An der britischen Studie von 2019 nahmen 8.412 Probanden teil. Die Forscher unterteilten sie gemäß ihren Kaffeegewohnheiten in drei Gruppen: weniger als eine Tasse pro Tag, zwischen zwei und drei Tassen täglich und mehr als drei Tassen pro Tag. Dann scannten die Wissenschaftler die Herzen der Teilnehmer mittels MRT und Infrarot-Pulswellen-Analysen. Faktoren wie Alter, Gewicht und Rauchen bezogen die Forscher ebenfalls mit ein.
Das Ergebnis: Auch die Menschen in der dritten Gruppe hatten keine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Arterienversteifung (durch Kalkablagerungen) als die Probanden in Gruppe eins. Wobei die Vieltrinker im Durchschnitt fünf Tassen Kaffee täglich tranken – nur in wenigen Fällen tatsächlich 25 Tassen Kaffee. "Diese Menschen möchten wir in Zukunft genauer untersuchen, um helfen zu können, eine Empehlung für eine sichere Grenze zu geben", sagte Kenneth Fung, einer der Studienautoren, in der Mitteilung der Universität.
Nicht jeder Kaffee ist dabei gleich gut: In unserem Kaffee-Test schnitten viele gemahlene Kaffees schlecht ab. Zum einen fanden wir krebsverdächtige Schadstoffe und zum anderen bemängeln wir die fehlenden Bemühungen der Hersteller um Menschenrechte und Umweltschutz in den Produktionsländern.
Sichere Kaffee-Grenze: 25 Tassen oder nur 6 Tassen am Tag?
Von vielen Medien wurde das Studienergebnis jedoch bereits als "sichere Grenze" interpretiert – obwohl die Forscher keine explizite Empfehlung geben, tatsächlich 25 Tassen Kaffee pro Tag zu trinken. Fung räumt in einer Erklärung ein, die Untersuchung zeige keinen Kausalzusammenhang. Doch sie belege, "dass Kaffee nicht so schlecht für die Arterien ist, wie frühere Studien vermuten lassen."
Eine dieser früheren Studien von der University of South Australia kam zu einer ganz anderen "Obergrenze": sechs Tassen Kaffee pro Tag. Danach steige das Risiko für Herzerkrankungen um bis zu 22 Prozent – aufgrund von erhöhtem Blutdruck. Daten aus der britischen Biobank von rund 350.000 Personen im Alter von 37 bis 73 Jahren flossen in die große Analyse mit ein, publiziert im Fachmagazin "The American Journal of Clinical Nutrition".
Kaffee-Studien, die sich widersprechen
"Es gibt mehrere sich widersprechende Studien, die verschiedene Dinge über Kaffee sagen, und es kann schwierig sein, herauszufiltern, was wir glauben sollten und was nicht", sagt Metin Avkiran, stellvertretender ärztlicher Direktor der British Heart Foundation. Die britische Studie schließe jedoch eine der möglichen nachteiligen Auswirkungen von Kaffee auf unsere Arterien aus.
Das Risiko von Kaffee ist schwer zu beurteilen
Die bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angesiedelte Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) hat 2016 eine neue Gefahreneinstufung für Kaffee vorgenommen: Die IARC stuft Kaffee seitdem als ""nicht klassifizierbar bezüglich seiner Kanzerogenität für Menschen" ein. Zuvor war Kaffee noch als "möglicherweise kanzerogen (=krebserregend) beim Menschen" eingestuft.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) weist in diesem Zuge darauf hin, dass die Gefahreneinschätzung bei einem komplexen Gemisch wie Kaffee nur begrenzt aussagekräftig ist. BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel erklärt dazu: "Jedes Lebensmittel kann regelmäßig, aber meist nur in Spuren Stoffe enthalten, die ein krebserregendes Potential haben. Daneben sind allerdings oft auch gesundheitsfördernde Stoffe wirksam."
Kaffee enthält laut BfR sowohl Stoffe, die die Gesundheit fördern, als auch Inhaltsstoffe, die isoliert eine krebserregende Wirkung auf den Menschen haben können. Laut derzeitiger Studienlage gebe es jedoch keinen Beleg für ein krebserregendes Potential durch Kaffee.
Unabhängig davon weist das BfR allerdings auf das gesundheitliche Risiko durch Koffein hin. Koffein kann demnach zu Nervosität, Schlaflosigkeit, Herzrhythmusstörungen, erhöhtem Blutdruck und gastrointestinalen Störungen führen.
Für gesunde erwachsene Menschen aber gilt eine temporäre Aufnahme von bis zu 200 mg Koffein – etwa zwei Tassen Filterkaffee – als gesundheitlich unbedenklich. Etwa die doppelte Menge können Erwachsene über den Tag verteilt trinken – das entspricht vier Tassen Kaffee. Für Schwangere und Stillende sollten es nicht mehr als zwei Tassen Kaffee am Tag sein. Diese Angaben sind allerdings keine empfohlenen Trinkmengen, sondern lediglich Mengenangaben, die bei einer gesunden Allgemeinbevölkerung als gesundheitlich unbedenklich angesehen werden.
Kaffee wirkt von Mensch zu Mensch verschieden
Ein Schwachstelle frührerer Studien zu Kaffee und seiner Wirkung auf die Gesundheit: Früheren Studien beachteten häufig einen ungesunden Lebensstil nicht als Risikofaktor. Dabei ist beispielsweise wichtig, zu berücksichtigen, ob Kaffeetrinker gleichzeitig auch Raucher sind – was häufig der Fall ist. Sonst führt man womöglich fälschlicherweise eine schädliche Wirkung auf Kaffee zurück, die eigentlich den Zigaretten zuzuschreiben wäre.
Was man bei alledem nicht vergessen sollte: Kaffee (und das darin enthaltene Koffein) wirkt von Mensch zu Mensch unterschiedlich – und schon allein deshalb ist es problematisch, eine konkrete Verzehrempfehlung für die Allgemeinheit auszusprechen.
Ist Kaffeegenuss gut für die Knochen?
Eine weitere wissenschaftliche Debatte um Kaffee gibt es seit langem zum Osteoporoserisiko. 2013 haben schwedische Forscher den Zusammenhang in einer großen Langzeitstudie mit 61.433 Frauen der Geburtsjahrgänge 1914 bis 1948 untersucht. Dabei kamen sie zum Ergebnis, dass ausgeprägter Kaffeekonsum geringfügig zu einer Abnahme der Knochendichte führt. Ein nennenswert erhöhtes Risiko für Osteoporose bestehe aber nicht.
Im November 2019 veröffentlichten Wissenschaftler der Universität Hongkong eine Studie, die zu einem noch positiveren Ergebnis kommt: Regelmäßige Kaffeetrinker hatten demnach sogar eine höhere Knochenmineraldichte. Allerdings war die Studie mit 564 erwachsenen Probanden vergleichsweise klein – und die Untersuchung stützte sich vor allem auf die Selbstauskunft der Teilnehmer.
Dr. Chad Deal von der Cleveland Clinic, der nicht an der Studie beteiligt war, kommentierte das Ergebnis in einer Pressemitteilung dennoch zuversichtlich: "Für alle, die viel Kaffee trinken und sich um die gesundheitlichen Auswirkungen sorgen machen, sind das gute Nachrichten. Es scheint sich herauszustellen, dass Kaffee generell wahrscheinlich gut für die Knochengesundheit ist."
Kaffee ist nicht gleich Koffein
Die Forschergruppe um Dr. Rob Van Dam von der Universität in Singapur weist in ihrer Studie darauf hin, dass zwischen Kaffee und Koffein unterschieden werden müsse. Die gesundheitlichen Vorteile, die der Konsum von Kaffee eventuell mit sich bringt, gelten nicht zwangsläufig für koffeinhaltige Getränke wie Energy-Drinks oder Shots. Diese könnten durchaus gefährlich werden – vor allem zusammen mit Alkohol. Kardiovaskuläre, psychische und neurologische Beschwerden zählen zu den Nebenwirkungen und Komplikationen von koffeinhaltigen Getränken.
Fazit: Kaffee kann Teil gesunder Ernährung sein
Unser Fazit: Öko-Test hat bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass Kaffee ein weiteres Problem hat, das in den Studien nicht berücksichtigt wird: Er enthält den Stoff Acrylamid, der als Nebenprodukt bei der Kaffeeröstung entsteht. Acrylamid löst im Tierversuch Krebs aus und schädigt das Erbgut, was mit großer Wahrscheinlichkeit auch für den Menschen gilt. Einzelne Kaffeeprodukte fallen immer wieder mit erhöhten Werten auf – auch wenn die Belastung in den vergangenen Jahren gesunken ist. Auch in unserem aktuellen Kaffee-Test fand das von uns beauftragte Labor aus unserer Sicht erhöhte Werte an Acrylamid.
Wenn der Schadstoff vonseiten der Produzenten so weit wie möglich reduziert wurde, kann das Genussmittel Kaffee aber durchaus zu einer gesunden Ernährung dazugehören. Doch wir halten es für schwierig, eine bestimmte Grenze festzulegen, wie viele Tassen Kaffee es pro Tag sein sollten.
Die aktuelle Studienlage lässt sich so deuten, dass der Konsum von knapp fünf Tassen täglich keine größeren Risiken birgt – dennoch lässt sich die Empfehlung nicht per se auf alle Menschen übertragen. Gegenüber der Apotheken Umschau erklärt Ernährungswissenschaftlerin Dr. Anna Flögel: "Zumindest ein moderater Konsum ist eher mit einem allgemein reduzierten Krankheitsrisiko zu verbinden". Ein moderater Kaffeekonsum heißt in diesem Zusammenhang zwei bis vier Tassen Kaffee am Tag.
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