Zwiebeln geben vielen Speisen das gewisse Etwas und sind daher aus der Küche nicht wegzudenken. Aber der Gedanke, das Gemüse schneiden zu müssen, sorgt meistens nicht für Begeisterung. Schließlich ist die Vorstellung nicht gerade angenehm, mit tränenden Augen in der Küche herumzuhantieren.
Warum wir beim Zwiebelschneiden weinen
Aber warum treiben uns Zwiebeln überhaupt die Tränen in die Augen? Die Antwort liegt in einem komplexen chemischen Prozess:
"Die Küchenzwiebel enthält zwei Stoffe, die für die Tränen verantwortlich sind: Isoalliin – eine schwefelhaltige Aminosäure, die chemisch mit dem Alliin aus dem Knoblauch verwandt ist – und das Enzym Alliinase", erklärt Jutta Papenbrock, Professorin am Institut für Botanik der Leibniz Universität Hannover.
"Diese beiden Substanzen liegen in den Zwiebelzellen räumlich voneinander getrennt vor. Beim Aufschneiden werden die Zellen verletzt und die beiden Stoffe kommen in Kontakt", so Papenbrock. Es folgt eine Reihe chemischer Reaktionen: Das Isoalliin wird vom Enzym Alliinase abgebaut. Dadurch entsteht Propensulfensäure, aus der sich wiederum das eigentliche Tränengas bildet, Propanthial-S-oxid.
"Dieses Gas ist für die Zwiebeln in der Natur ein hervorragender Fraßschutz. Es schützt die Frühblüher vor Wühlmäusen und Insekten, aber auch vor Pilzkrankheiten, also Pflanzenpathogenen", erläutert die Botanikerin.
Zwiebeln immer mit scharfem Messer schneiden
Das Reizgas der Zwiebel erfüllt für die Pflanze also eine wichtige Schutzfunktion. Wenn uns Menschen beim Zwiebelschneiden die Tränen kommen, will der Körper auf diese Weise das Gas schnellstmöglich wieder ausschwemmen.
Glücklicherweise gibt es einfache Methoden, wie wir uns vor den reizenden Inhaltsstoffen der Zwiebel schützen können. Dazu gehört laut Jutta Papenbrock vor allem eines: ein scharfes Messer. "Ein stumpfes Messer zerreißt viele Zellen. Ein scharfes Messer zerstört dagegen deutlich weniger Zellen. Dadurch wird viel weniger Reizgas freigesetzt", erklärt die Pflanzenwissenschaftlerin.
Wer also gerne Zwiebeln zubereitet und bislang immer mit den Tränen zu kämpfen hatte, sollte die Küchenaufgabe besser fortan nur mit scharfen Messern erledigen.
Brettchen vor dem Schneiden mit Wasser benetzen
Auch Wasser habe beim Zwiebelschneiden einen schützenden Effekt. Diesen könnten sich Hobbyköchinnen und -köche etwa zu Nutze machen, indem sie das Schneidebrett vor dem Kleinschneiden mit Wasser benetzen. "Das Wasser legt sich dann wie ein Film über das Pflanzengewebe und hemmt so die Ausbreitung der Gase", sagt Jutta Papenbrock.
Zwiebelschneiden ohne Tränen: Auch Kälte hilft
Daneben biete es sich an, die Zwiebeln vor dem Schneiden zu kühlen. Denn Kälte könne ebenfalls die Ausbreitung der Zwiebelgase minimieren. "Meiner Meinung nach ist Kälte sogar noch effektiver als Wasser", hebt die Expertin hervor.
Die Begründung: "Wenn die Temperatur um 10 Grad sinkt, halbiert sich in den Zwiebeln auch die Reaktionsgeschwindigkeit des Enzyms Allinase", so die Hochschulprofessorin. Wird also eine kalte Zwiebel angeschnitten, dauert es länger, bis das Reizgas entsteht. Um diesen Effekt nutzen zu können, sei es am praktischsten, die Zwiebeln am Abend vor der Zubereitung in den Kühlschrank zu legen.
Allerdings: Für die dauerhafte Lagerung von Zwiebeln ist der Kühlschrank nicht der ideale Ort. Schließlich können sie in der feuchten Umgebung schimmeln. Besser sind sie an einem anderen kühlen, dunklen und vor allem trockenen Ort aufgehoben – etwa im Keller oder Vorratsschrank.
Zwiebeln nicht im Gefrierfach aufbewahren
Übrigens: Um die unerwünschten Reizgase zu vermeiden, bringt es nichts, die Zwiebeln für längere Zeit ins Tiefkühlfach zu legen. "Beim Einfrieren werden die pflanzlichen Zellmembranen durch die Eiskristalle zerstört", erklärt Jutta Papenbrock. Die Folge: Beim Auftauen würden alle flüchtigen Substanzen freigesetzt – und damit verbreitet sich auch das unerwünschte Reizgas, obwohl die Zwiebel noch nicht einmal angeschnitten wurde.
Zum schnellen Kühlen könne man die Zwiebeln für kurze Zeit ins Gefrierfach legen. "Allerdings sollte man darauf achten, dass sie nicht darin vergessen werden."
Tränenlose Zwiebelsorte seit 2022 im Handel
Schon gewusst? Seit Februar 2022 gibt es die sogenannten "Sunions" im Handel. Das sind Zwiebeln, die arm an Reizstoffen sind und deshalb gar keine Tränen verursachen sollen. Diese "tränenlose" Zwiebelsorte hat der Chemiekonzern BASF nach drei Jahrzehnten konventioneller Züchtungsarbeit entwickelt.
Geworben wird außerdem damit, dass die Sunions mit fortschreitender Lagerung süßer und milder werden sollen. "Normale" Zwiebeln werden dagegen schärfer. Ursprünglich wurde die neue Zwiebelsorte nur in den USA angebaut, mittlerweile wächst sie aber auch in Europa, etwa in Spanien und Italien.
Neue Zwiebelzüchtung wirft Fragen auf
Die neue Züchtung wirft allerdings auch Fragen auf. "Eine wichtige Frage ist, inwiefern sich die Gesamtzusammensetzung der Zwiebel verändert hat und ob sie noch ausreichend gegen Fraßfeinde geschützt ist, oder ob beim Anbau nun mehr Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden muss", sagt Pflanzenforscherin Jutta Papenbrock.
Zudem dränge sich die Frage auf, ob nicht andere Züchtungsziele wichtiger gewesen wären, etwa die Erhöhung des Gehaltes an gesundheitsfördernden Substanzen wie antimikrobiellen Wirkstoffen oder die Züchtung klimaresilienterer Sorten. Letztendlich bleibt es aber vor allem eine Geschmacksfrage, ob man nun milde Sunions oder nicht doch das kräftige Aroma "klassischer" Zwiebeln bevorzugt, die es auch aus heimischem Anbau gibt.
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