Richard Thompson, der Entdecker des Mikroplastiks, wurde zunächst auf bunte Plastikpartikel im Sand aufmerksam. Sein Interesse war geweckt und 2004 veröffentlichte er die erste kleine Studie. In dieser fiel der Begriff "Mikroplastik" erstmalig. Seitdem wurden etwa 7000 Forschungsstudien zu Mikroplastik durchgeführt, die beträchtliche Erkenntnisse über die Quellen und Auswirkungen sowie über mögliche Lösungen liefern.
Thompson hat nun in einer umfangreichen Studie, die in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde, die wichtigsten Erkenntnisse aus allen Forschungsergebnissen zusammengetragen. Diese zeigt: Mikroplastik ist ein Problem, was noch nicht annährend ausreichend erforscht ist.
Bis zu 40 Megatonnen Mikroplastik pro Jahr
Doch was ist Mikroplastik überhaupt? Dabei handelt es sich um "feste, wasserunlösliche Kunststoffpartikel, die fünf Millimeter und kleiner sind" – so lautet die Definition des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP). Bis zu 40 Megatonnen landen geschätzt pro Jahr in der Umwelt.
Mikroplastik entsteht immer durch menschliche Aktivitäten: Einige Mikroplastikartikel werden Produkten absichtlich zugesetzt, wie etwa Shampoos oder Duschgels. Dies ist ab Oktober 2027 verboten. Mikroplastik entsteht aber auch unbeabsichtigt, wenn sich größere Kunststoffteile zersetzen – zum Beispiel durch Fasern, die beim Waschen einer Polyester-Fleecejacke freigesetzt werden.
Abrieb und Zerfall von Plastikprodukten
Das meiste Mikroplastik entsteht durch Makroplastik, also dem Abrieb und Zerfall von größeren Plastikprodukten. Quellen für Mikroplastik sind kosmetische Reinigungsmittel, synthetische Textilien, Autoreifen, kunststoffbeschichtete Düngemittel sowie Angelseile und -netze. Aber auch Sportplätze aus Gummi und Kunstrasen mit Gummifüllung erzeugen Mikroplastik.
Noch ist nicht geklärt, wie schnell Mikroplastik aus größeren Kunststoffen entsteht. Außerdem wird noch erforscht, wie schnell Mikroplastik zu "Nanoplastik" wird. Zur Erklärung: Nanoplastik sind noch kleinere Partikel und für die Augen unsichtbar.
Auswirkungen auf den menschlichen Körper nicht genug erforscht
Die Studie zeigt, dass Mikroplastik überall zu finden ist: Es in mehr als 1300 Tierarten nachgewiesen. Darunter in Fischen, Säugetieren, Vögeln und Insekten. Es wurde in den Tiefen des Ozeans gefunden. Aber auch in Trinkwasser, in der Luft und in Lebensmitteln. Zudem gab es Funde in Speisesalz, Honig, Zucker und Getränken wie Bier und Tee.
So ist es nicht verwunderlich, dass auch der Mensch Mikroplastik über die Nahrung, die Haut und die Atmung aufnimmt. Die Studie zeigt auf, dass Mikroplastik in verschiedenen Geweben, Organen und Körperflüssigkeiten nachgewiesen wurde: In Lungen, Nieren und sogar in Blut wurde es gefunden. Dies deutet darauf hin, dass Mikroplastik den Körper durchquert. Es kann aber auch wieder ausgeschieden werden: Über Kot, Urin und Ausatmung.
Die langfristigen Auswirkungen von Mikroplastik auf den Körper sind laut Thompson und seinen Kolleginnen und Kollegen noch nicht ausreichend erforscht. Dies liege vor allem daran, dass es schwierig sei, realistische Bedingungen und einheitliche Regelungen für die Untersuchungen zu schaffen.
Es gibt laut Studie aber Hinweise darauf, dass Mikroplastik im Körper gesundheitliche Folgen hat: Entzündungen, Immunschäden und oxidative Zellschäden werden in Zusammenhang mit Plastik im Körper gebracht.
Forscher zeichnen Zukunftsprognose
Zusammenfassend zeigt die Studie zwanzig Jahre nach Entdeckung des Mikroplastiks vor allem zwei Dinge: Zum einen, dass es immense Wissens- und Datenlücken bei der Bewertung der Risiken von Mikroplastik gibt. Zum anderen macht die Studie deutlich, dass Mikroplastik überall zu finden ist und sich dies vermutlich nie ändern wird. Denn es ist fast unmöglich, Mikroplastik aus der Umwelt zu entfernen.
Um die Dringlichkeit der Problematik zu veranschaulichen, zeichnen Thompson und Co. ein düsteres Zukunftsbild: Die in der Studie analysierten Prognosen deuten darauf hin, dass die Freisetzung von Mikroplastik in die Umwelt bis 2040 um das 1,5- bis 2,5-fache ansteigen könnte, wenn man von einem Business-as-usual-Szenario ausgeht.
Selbst wenn es möglich wäre, alle neuen Kunststoffeinträge in die Umwelt zu stoppen, würde die Menge an Mikroplastik in absehbarer Zukunft weiter zunehmen, da bereits vorhandene größere Kunststoffteile zersplittert werden.
UN-Plastikverschmutzungsvertrag als Chance
Deshalb fordern Thompson und sein Team trotz der schwierigen Datenlage zum Handeln auf. Eine Chance sehen sie im UN-Plastikverschmutzungsvertrag. Dieser sieht vor, die weltweite Kunststoffproduktion zu verringern und bietet konkrete Möglichkeiten für internationale Maßnahmen. Die fünfte Verhandlungsrunde für den Vertrag beginnt im November.
Doch die Politik ist nur ein Teil der Lösung. Thompson und Co. setzen auch große Hoffnung auf die Wissenschaft. Diese müsse Kunststoffe so umgestalten, dass die Freisetzung von Mikroplastik verhindert wird.
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