Es klingt absurd: Ausgerechnet die Chemie-Lobby fordert mehr Transparenz für bundestagsnahe Interessenvertretung. Gemeinsam mit Transparency International Deutschland (TI) schlägt der Verband der Chemischen Industrie (VCI) ein verpflichtendes Transparenzregister und einen Verhaltenskodex für Interessenvertreter vor. Das Ganze solle in ein Lobby-Gesetz gefasst werden. Als Kontrollinstanz sieht das von TI und VCI gemeinsam vorgestellte Eckpunktepapier einen Lobbybeauftragten der Bundesregierung vor.
Gesetzgebungsprozesse müssten rigoros offen gelegt, alle Akteure genannt werden. Schon zu Beginn einer Gesetzesinitiative müsse deutlich werden, welche Interessengruppen daran beteiligt waren und wie viel Geld diese für ihre Anliegen investiert haben.
"Lobbyismus muss klar und fair geregelt sein", sagt Edda Müller, Vorsitzende von TI Deutschland. Utz Tillmann vom VCI ergänzt: "Wir sind überzeugt, Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind nur dann zu gewährleisten, wenn klare Regeln für alle gelten." Hinterzimmerverhandlungen schürten Misstrauen. Der VCI stehe offen zu seiner Arbeit und seinen Ansichten. Das fordere der Verband nun auch von allen anderen beteiligten Akteuren.
Der Bundestag hat im vergangenen Jahr laut Wirtschaftswoche mehr Hausausweise für Lobbyisten ausgestellt, als Abgeordnete im Parlament sitzen. 865 solcher Netzwerker vertreten gegenüber den 709 Parlamentariern die Interessen von zusammen 2311 Organisationen. Darunter sind die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft ebenso wie Umweltschützer und soziale Vereine.