Zum Ende des Jahres, das das heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen sein wird, berät die Weltgemeinschaft über ihre Zukunft. Staats- und Regierungschefs ringen um die Frage: Was tun wir, damit es nicht noch sehr viel heißer wird? Was, wenn der Klimawandel weitaus drastischere Schäden anrichtet?
Rund 70.000 Unterhändler, Journalisten, Aktivisten und Fachleute werden seit heute bei der UN-Weltklimakonferenz 2023 in Dubai (COP28) erwartet. Ein Überblick in Fragen und Antworten.
Das ist schon das 28. Treffen – was soll das Ganze noch?
Zweifel daran, dass die Krise auf diesen Konferenzen gelöst wird, sind berechtigt. Die Prozesse sind schwerfällig, die Vereinbarungen oft freiwillig.
Und doch: Allein die Tatsache, dass sich Vertreter von rund 200 Staaten zusammenfinden, ist nicht selbstverständlich. Alle beteiligten Staaten, selbst China oder Russland, erkennen damit de facto an: Wir haben ein gemeinsames Problem.
Kommt dabei denn etwas heraus?
2015 haben sich die Staaten in Paris immerhin darauf geeinigt, die Erderwärmung bis 2100 auf deutlich unter zwei Grad – besser 1,5 Grad – zu begrenzen. Die meisten Staaten haben dieses Abkommen ratifiziert, sich also dazu verpflichtet, ihre Klimapolitik damit in Einklang zu bringen. Das galt damals als Durchbruch.
Allerdings: Seitdem ist längst nicht genug passiert.
Da viele Staaten weiterhin glauben, von Kohle, Öl und Gas abhängig zu sein, ist es bislang beispielsweise nicht gelungen, sich auf den Klimagipfeln klar zum Ausstieg aus den fossilen Energien zu bekennen.
Das soll nun ausgerechnet in Dubai klappen?
Die Erwartungen in diesem Bereich sind gedämpft, zumal die Präsidentschaft dabei kaum Ambitionen erkennen lässt.
Die Konferenz findet in den ölreichen Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) statt. Der Gastgeber der Konferenz, Sultan Ahmed al-Dschaber, ist ausgerechnet zugleich Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc, der zahlreiche neue fossile Projekte plant. Die VAE gehören zu den Ländern, die – mit mehr als 20 Tonnen pro Kopf – den höchsten CO₂-Ausstoß der Welt haben. "Da hat man den Bock zum Gärtner gemacht", meint Greenpeace-Chef Martin Kaiser.
Weg vom Öl will man dort sicher nicht. Stattdessen soll in Dubai ein ehrgeiziges neues Ziel für den Ausbau erneuerbarer Energien vereinbart werden. Außerdem geht es um einen Finanztopf für Schäden und Verluste.
Und es steht erstmals seit Paris eine offizielle Bestandsaufnahme auf der Agenda: Ist die Welt bei der Eindämmung der Krise auf Kurs?
Sind die Staaten auf Kurs?
Nein, sie sind weit davon entfernt, wie aktuelle Analysen belegen. Statt auf 1,5 Grad steuert der Planet derzeit nach Angaben der Vereinten Nationen bis zum Ende des Jahrhunderts auf fast drei Grad zu – und auch das nur, wenn alle Zusagen der Staaten eingehalten werden, wonach es aktuell nicht aussieht.
Eine entscheidende Frage der COP28 wird sein, wie diese Lücke geschlossen werden kann.
Schon heute sorgt der Klimawandel in aller Welt für heftigere und längere Hitzewellen, verheerende Überschwemmungen, Stürme und Dürre – und das schon bei rund 1,2 Grad Erwärmung. Je heißer, desto mehr Schäden. "Jedes Zehntelgrad zählt", ist deshalb die Devise von UN-Klima-Chef Simon Stiell.
Wie sinnvoll sind Klimakonferenzen?
Die Konferenzen erreichen zwar viel zu wenig – ohne sie sähe es aber noch schlechter aus.
Zwar sei man noch weit von den Pariser Zielen entfernt, so Jan Kowalzig, Experte für Klima-Diplomatie bei Oxfam. "Aber immerhin laufen wir derzeit auf eine Erwärmung von etwas unter 3 Grad zu, vor zehn Jahren sah es noch nach über 4 Grad aus", so der Fachmann.
"Damit darf man sich keinesfalls zufriedengeben. Denn auch 2 Grad oder 3 Grad bedeuten gewaltige Umwälzungen in vielen Ländern, katastrophale Ernteschäden, absaufende Inselstaaten, langfristig unbewohnbare Landstriche – und die Erosion der Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen."
Gibt es Lichtblicke?
Durchaus. Beispielsweise wollen die USA und China zusammenarbeiten, damit Strom aus nachhaltigen Quellen wie Sonne und Wind weltweit bis 2030 verdoppelt wird und es bessere Batteriespeicher gibt. Sie sind die größten Treibhausgas-Verursacher. Ihre Maßnahmen fallen besonders ins Gewicht.
Erstmals berichtete zudem die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem jährlichen Ausblick, dass der Bedarf an Kohle, Gas und Öl noch vor 2030 seinen Höhepunkt erreichen und danach zurückgehen dürfte. Grund seien der gute Ausbau erneuerbarer Energien und strukturelle Veränderungen. Der Anteil fossiler Treibstoffe zur Energieproduktion, der jahrelang bei 80 Prozent lag, werde bis 2030 auf 73 Prozent sinken, schrieb sie im Oktober.
Welche Rolle spielen die aktuellen Kriege?
Unbestritten: Die Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen haben die Klimakrise aus den Schlagzeilen verdrängt. Die Frage ist, ob das Thema damit auch bei Regierungen hintangestellt wird. Klug wäre das nicht, denn: Die Folgen eines eskalierenden Klimas würden sehr viel mehr Menschen aus ihrer Heimat verdrängen oder das Leben kosten, als momentan Kriegsopfer zu beklagen sind.
"Wir hatten 2020 auch die Sorgen, dass die Corona-Pandemie das Thema Klimawandel verdrängt", sagte der Chef der Weltwetterorganisation (WMO), Petteri Taalas. Trotzdem habe es aber recht erfolgreiche Klimakonferenzen gegeben. "Klar können der Krieg gegen die Ukraine und der Gaza-Krieg einen Schatten auf die Klimakonferenz werfen, aber der Klimawandel bleibt immer noch die größte Herausforderung des Jahrhunderts, wenn wir sie nicht in den Griff bekommen."