Für das Brötchen beim Bäcker, die Gurke auf dem Wochenmarkt und die Milchpackung im Supermarkt – seit Einführung der sogenannten Bonpflicht (offiziell: Belegausgabepflicht) Anfang des Jahres 2020 erhält jeder Kunde für seinen Einkauf zwangsläufig einen Kassenzettel.
Die Regelung soll Steuerbetrug verhindern, führt aber auch zu einem höheren Papierverbrauch. Denn jeder Händler in Deutschland, der mit einer elektronischen Kasse arbeitet, muss den Bon seither ausdrucken. Und auch Kassenbons, so unscheinbar sie sein mögen, verbrauchen Ressourcen wie Holz, Wasser und Energie.
Das ist allerdings noch nicht alles, gibt das Umweltbundesamt zu bedenken: "Problematisch ist aus Umweltsicht allerdings weniger die verhältnismäßig eher geringe Menge des Papiers, sondern die chemische Zusammensetzung."
In welchen Müll gehören Kassenzettel?
Die meisten Belege bestehen nämlich aus Thermopapier, das mit schädlichen Chemikalien beschichtet ist, bislang in der Regel mit Bisphenol A (BPA). Die Substanz gilt in der EU als "besonders besorgniserregender Stoff", wie der EuG zuletzt 2019 feststellte. Sie ist gefährlich für die menschliche Gesundheit und die Umwelt.
Bisphenol konnte sich aus dem Papier der Kassenbons lösen und über die Haut in den Körper gelangen. Dort kann die Chemikalie ähnlich wirken wie das weibliche Sexualhormon Östrogen und so das Hormonsystem des Körpers durcheinanderbringen. Kassenzettel gehörten deshalb in der Regel nicht in den Papiermüll, sondern in den Restmüll.
Ist Bisphenol S wirklich besser als Bisphenol A?
Weil die Chemikalie in den Kassenbons so umstritten war, reagierten die EU-Behörden: Seit Jahresbeginn dürfen Thermopapiere mit BPA deshalb nicht mehr verkauft oder verwendet werden. Die Hersteller der Papierrollen sind auf Alternativen umgestiegen. Eine Analyse der Europäischen Chemikalienagentur ECHA zeigt, dass jetzt häufig Bisphenol S (BPS) als Ersatzstoff verwendet wird: 2018 enthielt ungefähr ein Fünftel des Papiers in der EU Bisphenol S.
Der Anteil dürfte im vergangenen Jahr nochmals deutlich gestiegen sein, das bestätigte auch das Institut für Angewandte Umweltforschung (IfAU) bei einer Stichprobenuntersuchung, deren Ergebnisse im April 2020 veröffentlich wurden. Das Verbot von BPA habe "ganz überwiegend zu einem Ausweichen der Hersteller von Thermopapier auf den Ersatzstoff BPS geführt".
Ob BPS ähnlich bedenklich ist wie BPA, ist noch unklar, wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erklärt. Bislang liegen keine abschließenden Bewertungen vor. Laut einer Studie der University of California hat aber auch Bisphenol S hormonähnliche Eigenschaften. Und auch eine Studie des Schweizer Bundesamts für Gesundheit gibt Hinweise darauf, dass BPS ebenso wie andere Phenole hormonell wirksam sein könnte.
April 2020: Immer noch BPA in einigen Kassenbons
Auch inzwischen, rund drei Monate nach dem Verbot, scheinen noch viele potentiell schädliche Kassenbons im Umlauf zu sein. Das Institut für Angewandte Umweltforschung (IfAU) teilte Anfang April 2020 mit, dass es seit Jahresbeginn rund 30 Kassenbons stichprobenartig auf BPA und BPS untersucht habe.
Das Ergebnis: In ca. 10% der Proben war der zulässige BPA-Grenzwert überschritten. So verwendete eine Tankstellenkette im Januar noch BPA-haltige Kassenzettel, zwei untersuchte Einzelhandelsgeschäfte hatten offenbar ebenfalls beschlossen, zunächst ihre Restbestände aufzubrauchen, obwohl diese nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.
Damit lautet der Rat von Experten weiterhin: Auch 2020 gehören Kassenbons sicherheitshalber weiterhin in den Restmüll. Das IfAU empfiehlt sogar das vorsorgliche Tragen von Handschuhen beim Kontakt mit Kassenbons. Ausnahme dieser Regel sind umweltfreundliche Bons (siehe unten): Sie dürfen auch ins Altpapier, weil sie keine umstrittenen Stoffe enthalten.
Bei Bons aus Thermopapier unbedingt beachten
Bons aus traditionellem Thermopapier sind natürlich noch massenhaft im Umlauf, beispielsweise in Steuerunterlagen oder als Garantiebelege. Sie sollten diese sicherheitshalber so wenig wie möglich anfassen und sich danach gründlich die Hände waschen.
Außerdem sollten Bons, wenn sie nicht explizit auf umweltfreundlichem Papier gedruckt werden, nicht in die Hände von Kindern gelangen. "Es sollte darauf geachtet werden, dass Kinder nicht mit Kassenzetteln, Quittungen und Fahrscheinen aus Thermopapieren spielen. Gerade bei kleineren Kindern ist nicht auszuschließen, dass sie diese beim Spielen in den Mund nehmen und so Bisphenol A aus dem Papier oral aufnehmen könnten", so die Warnung des Bundesinstituts für Risikobewertung.
Gibt es umweltfreundliche Alternativen zu den Kassenbons?
Kassenbons müssen nicht zwingend ausgedruckt werden. Rewe-Kunden beispielsweise können sich ihre Bons als elektronische Datei an ihre Mail-Adresse schicken lassen. Voraussetzung dafür sind ein Rewe-Kundenkonto und ein Payback-Konto (das bei Datenschützern allerdings nicht sonderlich beliebt ist).
Alnatura, Edeka und Netto sind dabei, ihre Filialen mit umweltfreundlichem Thermopapier auszustatten. Das Thermopaier "Blue4est" der Koehler Paper Group wird aus FSC-zertifiziertem Holz hergestellt, kommt ohne chemische Farbentwickler aus und darf über das Altpapier entsorgt werden. Es ist das weltweit erste Thermopapier, das für den direkten Lebensmittelkontakt zugelassen wurde. Weitere Vorteile des innovativen Papiers: Es ist beständig gegen Umwelteinflüsse wie Sonnenlicht oder Feuchtigkeit, und der Druck ist äußerst langlebig und verblasst nicht.
Das Thermopapier wird übrigens auch unter dem Namen "Ökobon" vertrieben. Die umweltfreundlichen Bons erkennen Sie in der Regel an einem bläulichen Schimmer des Papiers.
In den kommenden Wochen und Monaten werden zudem einige Apps auf den Markt kommen: Anybill, Bill.less, Epap oder Wunderbon wollen künftig auf digitalem Weg Kassenzettel sammeln und sind – abgesehen vom jeweiligen Stromverbrauch – eine umweltfreundliche Alternative zu traditionellen Bons.
Müssen Sie Kassenbons mitnehmen?
Nein, Sie müssen im Supermarkt oder beim Bäcker keinen Kassenbon mitnehmen. Bei Elektronik- oder Haushaltsgeräten sollten Sie ihn aber unbedingt aufbewahren. Er gilt als Beleg, wann und wo das Gerät gekauft wurde und ist für eine eventuelle Reklamationen notwendig.
Quellen: Bundesinstitut für Risikobewertung / Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e.V. / Umweltbundesamt
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