Nachdem das EU-Parlament erst vor einigen Wochen die Richtlinie "Verbraucher für den ökologischen Wandel stärken" verabschiedet hatte, mit der unbelegte Umweltaussagen verboten werden (ÖKO-TEST berichtete), haben die Parlamentarier gestern der sogenannten Green-Claims-Richtlinie ihren Segen erteilt. Ziel auch hier: Verbraucherinnen und Verbraucher vor irreführender Werbung zu schützen, die in Form umweltbezogener Aussagen wie "biologisch abbaubar", "weniger umweltschädlich", "klimaneutral" oder "wassersparend" daherkommt.
Beide Richtlinien greifen ineinander: Während die "Verbraucher für den ökologischen Wandel stärken"-Richtlinie umweltbezogene Werbeaussagen verbietet, sofern sie nicht nachgewiesen werden, legt die Green-Claims-Richtlinie nun den Rahmen dafür fest, wie entsprechende Aussagen in Zukunft belegt werden müssen.
Der Berichterstatter des EU-Umweltausschusses, Cyrus Engerer (S&D), sagte dazu: "Die europäischen Verbraucher wollen nachhaltige Entscheidungen treffen – und alle Anbieter von Produkten oder Dienstleistungen müssen garantieren, dass ihre umweltbezogenen Behauptungen auch wissenschaftlich überprüft sind."
Green-Claims-Richtlinie der EU: Das steht drin
Die zentralen Punkte der geplanten Green-Claims-Richtlinie, die vom Parlament mit 467 Stimmen (bei 65 Gegenstimmen) angenommen wurde, lauten:
- Unternehmen müssen umweltbezogene Aussagen – wie "biologisch abbaubar" – überprüfen lassen, bevor sie genutzt werden dürfen. Aussagen, die sich nicht wissenschaftlich bestätigen lassen, sind damit tabu.
- Die einzelnen EU-Länder müssen zukünftig Gutachter – wie anerkannte Zertifizierungssysteme oder staatliche Institutionen – benennen und beauftragen, die in der Lage sind, entsprechende Werbeaussagen zu prüfen und zu genehmigen. Das Ziel: Anträge und Nachweise der Hersteller sollen innerhalb von 30 Tagen geprüft werden.
- Einfachere oder leichter zu prüfende umweltbezogene Aussagen sollen auch mit einem vereinfachten Verfahren genehmigt werden können.
-
Wer als Hersteller gegen die neuen Regeln verstößt, kann vorübergehend von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden und mit Geldstrafen von mindestens 4 Prozent des Jahresumsatzes belegt werden.
- Kleinstunternehmen sollen nicht unter die neuen Vorschriften fallen.
- Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sollen im Vergleich zu größeren Unternehmen ein weiteres Jahr Zeit haben, um die neuen Vorschriften zu erfüllen.
-
Umweltaussagen wie "klimaneutral", die auf Emissionsausgleichssystemen beruhen, werden bereits von der EU-Richtlinie "Verbraucher für den ökologischen Wandel stärken" untersagt. Diese Richtlinie wurde vor rund drei Wochen vom EU-Rat angenommen. Als Nächstes wird sie im Amtsblatt veröffentlicht, anschließend haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Kompensationszahlungen, um die eigene CO₂-Bilanz aufzuhübschen, gehören damit in absehbarer Zeit der Vergangenheit an.
- Aber: Die Green-Claims-Richtlinie will Unternehmen erlauben, Kompensationsprogramme und Maßnahmen zur CO₂-Abscheidung und -Speicherung dann in ihrer Werbung zu erwähnen, wenn das Unternehmen seine Emissionen bereits so weit wie möglich reduziert hat und entsprechende Ausgleichsprogramme nur für unvermeidliche Rest-Emissionen genutzt werden. Die EU-Kommission muss allerdings noch definieren, wie hoch solche Rest-Emissionen in jeder Branche ausfallen dürfen.
Noch ist die Green-Claims-Richtlinie nicht final. Als Nächstes müssen sich der Europäische Rat, also die Staats- und Regierungschefs, damit beschäftigen. Der Rat entscheidet, ob er den Text des Parlaments akzeptiert (in diesem Fall wäre das Gesetz angenommen) oder dem Parlament einen geänderten Vorschlag zurückreicht.
Der genaue Termin, an dem sich der EU-Rat mit den Green Claims beschäftigen will, steht noch nicht fest. Im Juni 2024 stehen zudem die nächsten Europawahlen an.
Weiterlesen auf oekotest.de: