Alkoholfreier Sekt in der Schwangerschaft: Ist das vertretbar?

Autor: Lino Wirag | Kategorie: Kinder und Familie | 12.11.2023

Alkoholfreier Sekt in der Schwangerschaft: eine gute Idee?
Foto: Shutterstock/Karniewska

Dass Alkohol in der Schwangerschaft tabu ist, versteht sich von selbst. Wie sieht es aber mit alkoholfreiem Sekt aus? Ist das eine oder andere Glas in der Schwangerschaft erlaubt?

Natürlich käme kaum eine schwangere Frau auf den Gedanken, ein Glas Wein zu trinken: Viel zu groß sind die Risiken für das ungeborene Kind. Schließlich ist klar, dass fast alles, was die werdende Mutter zu sich nimmt, auch in den Stoffwechsel des Kindes übergeht. Und dass deshalb auch kleine Einflüsse vor der Geburt gewichtige Folgen haben können.

Alkoholfreier Sekt in der Schwangerschaft?

Aber gilt diese sinnvolle Abstinenz auch für alkoholfreie Getränke wie alkoholfreien Sekt? Sind hier ein Glas oder zwei bedenklich? Dazu sollten werdende Mütter Folgendes wissen:

Getränke, die in Deutschland als "alkoholfrei" verkauft werden, dürften bis zu 0,5 Volumenprozent (Vol-%) Alkohol enthalten. Das gilt beispielsweise für alkoholfreies Bier, alkoholfreien Wein und auch alkoholfreien Sekt. Zum Vergleich: Eine Flasche Bier enthält mit fünf Prozent etwa die fünfzigfache Menge Alkohol.

Tatsächlich enthalten "alkoholfreie" Getränke wie die genannten Produkte in aller Regel geringe Mengen Alkohol. Die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter (CVUA) Stuttgart stellten beispielsweise 2004 zwischen 0,1 und 0,37 Vol-% in alkoholfreien Bieren fest sowie 2011 zwischen 0,04 und 0,23 Vol-% in alkoholfreien Sekten. Für die aktuellsten Untersuchungen der CVUA wurden zwischen 2019 bis 2021 über 110 Proben von alkoholfreiem Sekt sowie vergleichbaren Produkten getestet. Das Ergebnis: Bei keiner der Proben wurde die Grenze von 0,5 Vol-% überschritten; zwei Drittel der Proben wiesen einen Gehalt von unter 0,1 Vol-% auf. Zum Vergleich: Gewöhnlicher Sekt hat einen Alkoholgehalt von mindestens 10 Vol-%.

Alkoholfreier Sekt hat oft unter 0,1 Vol-% Alkohol

In seltenen Fällen wird der erlaubte Wert von 0,5 Vol-% in alkoholfreien Getränken aber auch überschritten: Erst vor Kurzem teilte das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) mit, bei einer Untersuchung von über 130 alkoholfreien Bieren sei der genannte Gehalt in einem Fall – unerlaubterweise – um das Dreifache überschritten worden, habe also bei rund 1,5 Vol-% gelegen. Zum Vergleich: Sehr leichtes Bier beginnt in Deutschland bei etwa 2,5 Vol-%.

Der Wissenschaft ist zurzeit keine Untergrenze bekannt, ab der Alkoholkonsum in der Schwangerschaft als sicher gelten könnte.

Klaus Doubek, Präsident des Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF), schreibt ÖKO-TEST dazu: "Zum Schutz des ungeborenen Kindes sollten Schwangere keinen Alkohol zu sich nehmen, das gilt für Alkohol in jeder Form, in jeder Dosierung und zu jeder Zeit der Schwangerschaft. Aus wissenschaftlicher Sicht kann kein Grenzwert beschrieben werden, unterhalb dem Alkoholkonsum unbedenklich wäre." Explizit zur Frage dieses Artikels schreibt Doubek: "Ob geringe Mengen, wie sie etwa in überreifem Obst oder alkoholfreien Getränken vorkommen, ungeborene Kinder gefährden, ist wissenschaftlich nicht geklärt."

Das heißt, die Medizin weiß zum heutigen Stand von keiner "sicheren" Menge Alkohol, die erst ab einer bestimmten Dosierung "unsicher" wird. Es könnte eine solche Grenzen geben und sie könnte in Zukunft medizinisch genauer bestimmt werden – bislang gilt aber: Nur vollständiger Verzicht schafft vollständige Sicherheit.

Was bedeutet das für schwangere Frauen?

Zusammengefasst: Als "alkoholfrei" deklarierte Getränke enthalten fast immer sehr geringe bis geringe Mengen Alkohol. In sehr seltenen Fällen wurden in angeblich alkoholfreien Getränken auch Volumenprozente gefunden, bei denen man bereits von alkoholischen Getränken hätte sprechen müssen.

Betrunken oder fahruntüchtig werden kann man vom Genuss solcher alkoholfreier Getränke nicht – man nimmt aber natürlich trotzdem Alkohol zu sich. Ob der Genuss von alkoholfreiem Sekt und Co. eine Gefahr für Ungeborene darstellen kann, ist wissenschaftlich nicht geklärt. Der Berufsverband der Frauenärzte rät dazu, Alkohol in keiner Dosierung zu sich zu nehmen.

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