Babyfeuchttücher mit Parfüm im Test: Wie schlagen sich Hipp, Pampers, dm & Co.?

Spezial Schwangerschaft 2024 | Autor: Christine Throl/Marieke Mariani/Ann-Cathrin Witte | Kategorie: Kinder und Familie | 18.04.2024

Wir haben 17 Feuchttücher mit Parfüm für Babys im Labor untersuchen lassen.
Foto: ÖKO-TEST

Feuchttücher aus Kunststoff müssen ein Plastikwarnlabel tragen. Seitdem gibt es mehr Tücher aus nachwachsenden Rohstoffen. Nur: Auch diese gehören nicht in den Biomüll, obwohl zwei im Test damit werben, "biologisch abbaubar" zu sein. Wir meinen: Das verwirrt Verbraucherinnen und Verbraucher.

  • Wir haben 17 Babyfeuchttücher mit Parfüm aus Discountern, Drogerien, (Bio-) Supermärkten und dem Onlinehandel überprüft.
  • Die Bilanz: Kein einziges Produkt erhält die Bestnote. Immerhin: Zehnmal vergeben wir das Gesamturteil "gut".
  • Zwei Anbieter bewerben ihre Babyfeuchttücher als "biologisch abbaubar". Wir finden: Das kann einen falschen Eindruck erwecken.

Aktualisiert am 18.4.2024 | Leblos treibt eine kleine Schildkröte in einem blauen Kasten. Daneben ein Piktogramm, das unterlegt mit roter Signalfarbe davor warnt, die Tücher in der Toilette zu entsorgen. So sieht das von der EU vorgeschriebene Label aus, mit dem Hersteller ihre Einwegkunststoffprodukte kennzeichnen müssen. 

Eigentlich sind Einwegprodukte aus Plastik in der EU seit 2021 verboten. Allerdings gibt es nach wie vor Ausnahmen – zu diesen zählen auch Babyfeuchttücher. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen mithilfe der prominenten Kennzeichnung auf der Produktverpackung aber zumindest auf einen Blick Produkte aus Einwegkunststoff erkennen und sich so bewusst für Alternativen entscheiden können.

Und die scheint die Branche auch bieten zu wollen. Einige Produzenten stellen ihre Tücher inzwischen komplett aus nachwachsenden Rohstoffen wie holzbasiertem Zellstoff oder Baumwolle her. Die müssen das Dead Turtle-Symbol – oder Plastikwarnlabel – nicht tragen. So weit, so gut. Aber manche Anbieter schießen dabei leider übers Ziel hinaus.

Immer mehr Feuchttücher werben damit, aus nachwachsenden Rohstoffen zu sein. In die Biotonne oder auf den Kompost gehören sie aber trotzdem nicht.
Immer mehr Feuchttücher werben damit, aus nachwachsenden Rohstoffen zu sein. In die Biotonne oder auf den Kompost gehören sie aber trotzdem nicht. (Foto: New Africa/Shutterstock)

Darum können Babyfeuchttücher nicht "biologisch abbaubar" sein 

Wir haben 17 Babyfeuchttücher mit Parfüm zur Überprüfung ins Labor geschickt. Zwei von ihnen sind als "bio­logisch abbaubar" ausgelobt.

Hinweis: Feuchttücher ohne Parfüm haben wir vor zwei Jahren geprüft. 

Das Problem: Verbraucherinnen und Verbraucher können dabei leicht dem Missverständnis aufsitzen, sie dürften das Tuch in die Toi­lette, die Biotonne oder auf den Kompost werfen – oder schlimmer: Es einfach in der Natur entsorgen.

Doch die Tücher sind allesamt mit Lotion getränkt, die auch umweltbelastende Chemikalien enthalten kann. Auch für die Entsorgung der Ausscheidungen, die mit Feuchttüchern vom Babypopo gewischt werden, gelten Regeln: Sie gehören in den Restmüll.

Während ein Anbieter die Angabe sprachlich zumindest auf das Tuchmaterial einschränkt, differenziert ein anderer hier auf der Verpackung nicht ein­mal. Geht es nach einem derzeit diskutier­ten Vorschlag für eine EU-Richtlinie zur Werbung mit Umweltaussagen, könnte das so bald nicht mehr möglich sein. Claims wie "biologisch abbaubar" müssten dann von den Herstellern nach festgelegten Kriterien belegt werden.

Notenabzug für Parfüm in Babyfeuchttüchern im Test

Alle Produkte im Test enthalten Parfüm, doch das braucht es für die Reinigung der Windelregion nicht. Im Gegenteil: Duftstoffe können die empfindliche Babyhaut zusätzlich reizen.

Wir geben parfümierten Produkten für den Windelbereich deshalb pauschal eine Note Abzug. Sie können somit nicht besser als "gut" abschneiden, sofern sie keine anderen problematischen Substanzen enthalten.

Weitere unerwünschte Substanzen

Zudem sind wir im Babyfeuchttücher-Test auf folgende, aus unserer Sicht unerwünschte Inhaltsstoffe gestoßen: 

  • Halogenorganische Verbindungen: Einige Vertreter dieser großen Stoffgruppe wirken allergisierend, die meisten reichern sich in der Umwelt an. Im Test sind wir in einem Produkt auf solche Verbindungen stoßen. 
  • PEG-Verbindungen: Einige dieser Verbindungen können die Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen. Sie stecken im Test in insgesamt drei Produkten.
Babyfeuchttücher mit Parfüm im Test: Jetzt Testergebnisse als ePaper kaufen

Kaum recyceltes Plastik in den Verpackungen

Wird zur Herstellung von Verpackungen recyceltes Plastik aus dem Gelben Sack verwendet, hilft das, die allgegenwärtige Plastikflut etwas einzudämmen. Doch diese Maßnahme für Nachhaltigkeit suchten wir bei den Testprodukten vergeblich.

Auf der Verpackung einer Babyfeuchttücher-Marke lobt der Anbieter zwar 50 Prozent Recyclingmaterial aus, teilte uns auf Nachfrage aber mit, dass es sich um sogenanntes Post-Industrial-Rezyklat handelt – also Abfälle aus der Produktion neuen Kunststoffs, der noch gar keine Gebrauchsphase hinter sich hat, und nicht um recyceltes Plastik aus der Gelben Tonne.

Feuchttücher ohne Parfüm im Test: Wie schnitten sie ab?

  • Wir haben 25 Feuchttücher ohne Parfüm überprüft. Der Test erschien zuletzt 2021 im Spezial Schwangerschaft und Geburt
  • Das Ergebnis: Die meisten Feuchttücher schnitten "sehr gut" ab.
  • Allerdings stießen wir auch bei einigen unparfümierten Produkten auf unerwünschte Inhaltsstoffe, darunter halogenorganische Verbindungen und PEG-Verbindungen.
  • Und: Feuchttücher sind ein Umweltproblem, egal ob mit Parfüm oder ohne. Besser wäre es für die Reinigung des Windelbereichs auf Waschlappen und warmes Wasser zu setzen.

Tipps zur Anwendung und Entsorgung von Babyfeuchttüchern

  1. Entsorgen Sie Feuchttücher ausschließlich im Restmüll. In die Biotonne, auf den Kompost, in die Toilette oder gar in die Natur gehören sie nicht – egal, was draufsteht.
  2. Tücher mit Parfüm sind aus unserer Sicht zweite Wahl: Duftstoffe belasten den Babypo unnötig.
  3. Zu Hause lässt sich der Windelbereich prima mit Baumwolltüchern und warmem Wasser reinigen.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Jahrbuch Kinder und Familie für 2024 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Spezial Schwangerschaft 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

In Drogerien, (Bio-)Supermärkten, bei Discountern und im Onlinehandel haben wir insgesamt 17 Babyfeuchttücher mit Parfüm eingekauft, darunter ein Produkt mit Naturkosmetikzertifikat. Um die Preise besser vergleichen zu können, rechneten wir sie für alle Produkte einheitlich um: 80 der günstigsten Feuchttücher gibt es bereits für 86 Cent, die gleiche Stückzahl der teuersten Tücher kostet mit 8,78 Euro rund das Zehnfache.

Im Labor ließen wir alle Produkte auf halogenorganische Verbindungen und Formaldehyd/-abspalter, Diethylphthalat, allergisierende Duftstoffe, polyzyklische Mschusverbindungen und Cashmeran untersuchen. Auch weitere eingesetzte Konservierungsmittel wie Parabene und Phenoxyethanol wurden in der Laboranalyse bestimmt. Waren Silikonverbindungen deklariert, ließen wir den Silikongehalt messen. Anhand der Deklaration erfassten wir zusätzlich PEG/PEG-Derivate und Parfüm/ätherische Öle in der Tränklotion. Wir prüften auch, ob Hinweise wie "biologisch abbaubar" auf der Verpackung erscheinen. Diese halten wir für problematisch und verwirrend, da die mit Lotion getränkten Tücher keinesfalls auf den Kompost oder in die Biotonne gehören Das Tuchmaterial prüften die Laborexperten darüber hinaus auf überflüssige optische Aufheller. Die Kunststoffverpackungen ließen wir im Labor auf umweltbelastende PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen untersuchen. Außerdem fragten wir bei den Herstellern nach, ob und wie viel recyceltes Plastik aus dem Gelben Sack in ihren Verpackungen steckt.

Bewertungslegende

Legende: Produkte mit gleichem Gesamturteil sind in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) PEG/PEG-Derivate; b) ein gemessener Gehalt von mehr als 1,0 mg/kg halogenorganische Verbindungen. Zur Abwertung um eine Note führen: Parfüm/ätherische Öle.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) Silikone (hier: Dimethicon) als weitere Kunststoffverbindungen (synthetische Polymere) in der Rezeptur; b) Auslobung "biologisch abbaubar" bei einem mit Reinigungslotion getränkten Babyfeuchttuch, welches im Restmüll und nicht in der Biotonne und/oder auf dem Komposthaufen zu entsorgen ist. Zur Abwertung um eine Note führt: ein Anteil von Rezyklaten (Post-Consumer-Rezyklat, PCR) von weniger als 30 Prozent in Relation zum Gesamtgewicht der Kunststoffverpackung, keine Angabe hierzu und/oder kein ausreichender Nachweis auf unsere Anfrage hierzu.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht. Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass wir die von den Herstellern versprochenen Wirkungen der Produkte nicht überprüft haben.

Testmethoden

Testmethoden (je nach Zusammensetzung der Produkte): Deklarationspflichtige Duftstoffe: DIN EN 16274:2021-11 (mod.), GC-MS; nach Zugabe von Wasser und organischem Lösungsmittel werden die Allergene durch Flüssig-Flüssig-Extraktion aus den Proben extrahiert. Ein Aliquot des organischen Extrakts wird mit GC-MS analysiert. Diethylphthalat/Polyzyklische Moschus- und Nitromoschus-Verbindungen/Cashmeran: Extraktion mit TBME, GC-MS. Halogenorganische Verbindungen: a) Heißwasserextraktion mit anschließender Zentrifugation und Membranfiltration, Festphasenanreicherung (SPE), Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts; b) Extraktion mit Essigester, Verbrennung des Extrakts im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts. Formaldehyd/-abspalter: saure Wasserdampfdestillation, Derivatisierung mit Acetylaceton, Ausschütteln mit n-Butanol und Bestimmung mittels Fotometrie. Konservierungsstoffe: LC-UV. Paraffine/Silikone: LC-RI nach Extraktion. Optische Aufheller: UV-Licht (qualitativ). Weitere Inhaltsstoffe: per Deklaration. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: März/April 2023

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Jahrbuch Kinder und Familie für 2024 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Spezial Schwangerschaft 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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