Es sieht immer so einfach aus. Noch im Kreißsaal legt die Mama das Kind an, es saugt und fertig. So einfach kann es auch sein – wenn Mutter und Kind Glück haben. Oft sind aber gerade die ersten Wochen mühsam, und bei manchen will es auch nach Monaten einfach nicht richtig klappen.
Für alle Mütter, die nicht stillen können oder wollen, gibt es einen guten Plan B: die Säuglingsanfangsnahrung. Doch wer das erste Mal vor dem Regal steht, fühlt sich häufig überfordert. Bei Muttermilchersatz gibt es unheimlich viel Auswahl – und da den Überblick zu bekommen, ist nicht ganz einfach. Deswegen hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
Woraus besteht Babymilch?
Muttermilchersatznahrung wird aus Kuhmilch hergestellt und so verändert, dass sie der Muttermilch in ihrer Zusammensetzung möglichst nahekommt und das Baby mit allem versorgt, was es braucht.
Die Hersteller reduzieren dazu beispielsweise den Eiweißgehalt, da zu viel davon die Nieren belastet. Dafür erhöhen sie den Gehalt an sättigendem Milchzucker. Außerdem setzen sie zahlreiche Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente zu, die der normalen Kuhmilch fehlen, in Muttermilch aber enthalten sind.
Pre, 1, 2, Folgemilch …: Was ist was?
Wie auch immer man sich entscheidet: Mit "Pre" geht es los. Säuglinge in den ersten Lebensmonaten bekommen Pre-Nahrung.
Wenn das Baby damit zufrieden ist und man nicht das Gefühl hat, dass es ständig Hunger hat, gibt es keinen Grund, die Nahrung zu wechseln, wenn es älter wird. Kinder können sie im ganzen ersten Lebensjahr bekommen, in der zweiten Hälfte ergänzt durch Beikost.
Ein Umstieg auf die Ersatznahrung mit dem Zusatz "1" kann sinnvoll sein, wenn man nach den ersten Monaten das Gefühl hat, "Pre" reicht nicht mehr aus. Neben Milchzucker enthält 1er-Milch auch Stärke. Das macht die Milch dickflüssiger und sättigt die Kinder länger.
Ein Umstieg auf Produkte mit dem Zusatz "2" (auf den Packungen nach dem sechsten Lebensmonat empfohlen) oder "3" (ab dem zehnten Monat) ist überflüssig. Diese Produkte sind zu eiweißreich und enthalten manchmal unnötige Zusätze wie Zucker und Aromastoffe.
Babymilch: Wofür stehen HA und eHF?
Wenn das Baby allergiegefährdet ist, gibt es in Supermärkten und Drogerien hypoallergene Säuglingsanfangsnahrungen, kurz HA-Nahrungen. Die darin enthaltenen Kuhmilcheiweiße sind so weit gespalten, dass sie praktisch nicht mehr allergen wirken.
In den teureren Therapienahrungen für Säuglinge, die es nur in Apotheken zu kaufen gibt, sind die Eiweiße durch Hitze und Enzyme noch stärker gespalten als in HA-Nahrungen. Auf den Packungen steht manchmal die Abkürzung "eHF" für "extensiv hydrolysierte Formula", das bedeutet: besonders stark gespalten. Diese Produkte wurden speziell für Säuglinge mit einer nachgewiesenen Kuhmilchallergie entwickelt. Sie basieren entweder auf Kuh- oder Sojamilch.
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) empfiehlt allerdings, solche Spezialnahrungen nur auf ausdrücklichen Rat des Kinderarztes zu geben.
Reicht Wasser aus dem Hahn?
Ja. Speziell für Säuglingsnahrung ausgelobtes Mineralwasser ist normalerweise unnötig. Denn die Grenzwerte für Leitungswasser hält der Münchner Professor Berthold Koletzko, einer der führenden Experten für Kinderheilkunde, für vollkommen ausreichend, um damit Babynahrung anzurühren.
Nur, wenn etwa der gesetzliche Nitrathöchstwert von 50 Milligramm pro Liter überschritten werde, sollen Eltern vorsorglich auf geeignetes stilles Mineralwasser zurückgreifen. In der Regel ist aber Leitungswasser völlig okay.
Bei Anfangsnahrungen, die wir nicht in unserem letzten Test untersucht haben, raten wir Eltern, anhand der Nährwertangaben auf der Verpackung zu prüfen, ob das Verhältnis von Docosahexaensäure (DHA) und Arachidonsäure (ARA) ausgewogen ist. Beide Fettsäuren sind in Muttermilch enthalten und wichtig für die Entwicklung von Gehirn und Nervenzellen.
Führende Wissenschaftler empfehlen den Zusatz von DHA in Kombination mit ARA, weil Studien positive Wirkungen auf die Entwicklung des Sehvermögens belegen. Seit 2020 ist ein relativ hoher Gehalt an DHA in Säuglingsmilch gesetzlich vorgeschrieben.
Ein paar Hersteller sparen aber offensichtlich noch an ARA. Wenn in der Nährwerttabelle Arachidonsäure (ARA) mit einem mindestens ebenso hohen Gehalt zu finden ist wie Docosahexaensäure (DHA), können Sie davon ausgehen, dass die Fettsäurezusammensetzung dem Stand der wissenschaftlichen Empfehlungen entspricht.
Auf Proteingehalte in Babymilch achten
Forscher der Universität München um Professor Berthold Koletzko haben außerdem festgestellt, dass Muttermilchersatznahrung mit späterem Übergewicht in Zusammenhang stehen kann, wenn sie zu viel Protein enthält.
Koletzko empfiehlt deshalb Säuglingsanfangsnahrungen mit reduzierten Proteingehalten von etwa 1,8 bis 2 Gramm (g) pro 100 Kilokalorien (kcal) und Säuglingsfolgenahrungen mit Proteingehalten von etwa 1,6 bis 1,8 g/100 kcal. Das erreichen Anfangsnahrungen, auf denen Eiweißgehalte von 1,2 bis 1,3 g pro 100 Milliliter (ml) trinkfertiger Nahrung angegeben sind, sowie Folgenahrungen, die etwa 1 bis 2 g Protein/100 ml enthalten.
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