- Spezielle Brustwarzensalben sollen in der Stillzweit bei wunden Brustwarzen helfen.
- Wir haben 16 solcher Produkte geprüft, vier davon sind zertifizierte Naturkosmetik.
- Mit Lanolin (Wollwachs) steckt in drei Brustwarzensalben im Test nur eine einzige Zutat. Die übrigen bestehen aus mehr oder weniger vielen Inhaltsstoffen.
- Die Bilanz: Die Mehrheit der getesteten Produkte ist in Ordnung.
Aktualisiert am 6.5.2024 | Aller Anfang ist schwer. Diese Binsenweisheit zeigt sich im Wochenbett in vielen Facetten – eine davon sind wunde Brustwarzen, mit denen viele Mütter durch die ungewohnte Beanspruchung beim Stillstart zu kämpfen haben. Die gute Nachricht gleich zu Beginn: In vielen Fällen spielt sich das Team aus Mama und Baby relativ schnell ein, und die gereizten Brustwarzen heilen nach einigen Tagen bis Wochen von selbst wieder.
Darum können Brustwarzen schnell wund werden
Laut der Stillberaterin Madlen Storch sind etwa 80 Prozent der Stillprobleme auf nicht optimales Anlegen zurückzuführen und lassen sich schnell in den Griff bekommen.
"Macht das Kind den Mund richtig weit auf und liegt mit Kinn und Nase nah an der Brust, nimmt es viel Brustwarzengewebe in den Mund. Dann landet die Brustwarzenspitze ganz hinten am weichen Gaumen. Dabei wird das Gewebe zwar gedehnt, aber es sollte nichts schmerzen. Nimmt das Kind die Brustwarze aber nicht weit genug in den Mund und sie reibt vorne am harten Gaumen, wird sie schnell wund," erklärt Storch.
Eine leicht veränderte Anlegetechnik, bei der das Baby die Brustwarze besser zu fassen bekommt, kann also bereits den entscheidenden Unterschied machen.
Muttermilch auf schmerzende Brustwarzen verreiben
Was aber tun, wenn die Haut an den Brustwarzen bereits gereizt ist und schmerzt? Als erste Hilfe bei wunden Brustwarzen kommen einige Hausmittel infrage. Neben den klassischen Brustwarzensalben empfiehlt Madlen Storch Müttern, Muttermilch auf den Brustwarzen zu verreiben, um ihre heilungsfördernden Eigenschaften zu nutzen.
"Zu Hause sollten Mütter dafür sorgen, dass nichts reibt und zusätzlich reizt. Viel Luft und auch Sonnenlicht am Fenster, sofern das mit der Nachbarschaft möglich ist, sind gut für die gereizte Haut. Manche Frauen sagen, dass es ihnen hilft, wenn sie den Milchspendereflex schon vorher auslösen und ein wenig Milch ausstreichen, weil das Kind eine weichere Brust besser erfassen kann."
Wärme vor dem Stillen kann den Milchfluss anregen, einige Frauen empfinden nach dem Stillen ein Coolpack auf den Brüsten als angenehm. Je nach persönlichen Vorlieben können auch Quarkwickel oder Heilwolle einen lindernden Effekt haben.
Sogenannte Donuts – Polster mit Loch in der Mitte – sorgen in den BH eingelegt dafür, dass der Stoff nicht auf den gereizten Brustwarzen reibt. Diese Polster sollten, wie auch Stilleinlagen, regelmäßig gewechselt werden, um Staunässe und Keimbildung zu vermeiden.
Brustwarzensalben-Test: Was steckt in den Salben?
Doch zurück zu den Brustwarzensalben. Wir wollten wissen, ob in den kleinen Helfern bedenkliche Inhaltsstoffe stecken und haben deshalb 16 Produkte aus Drogerien, Apotheken und Onlineshops in unabhängigen Laboren auf verschiedene Schadstoffe untersuchen lassen.
Knapp die Hälfte der Salben im Test setzt dabei auf den Hauptbestandteil Lanolin – also Wollwachs aus den Talgdrüsen von Schafen, das später aus der geschorenen Wolle extrahiert und aufgereinigt wird. Einige Salben enthalten Bienenwachs, manche auch feuchtigkeitsspendendes Glycerin.
Glycerin kommt in natürlichen Fetten und fetten Ölen vor – sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen. Es ist neben der Anwendung in Kosmetikprodukten auch ein gängiger und als unbedenklich geltender Lebensmittelzusatzstoff.
Brustwarzensalben auf pflanzlicher Basis
Zwar werden einige tierische Inhaltsstoffe wie Lanolin und Bienenwachs vom lebenden Tier gewonnen, doch manche Menschen wollen auch auf solche Substanzen bewusst verzichten. Als frei von tierischen Inhaltsstoffen ausgelobt sind in unserem Test drei Brustwarzensalben.
Vegane Formulierungen bauen als Hauptinhaltsstoffe auf Pflanzenöle sowie Glycerin pflanzlichen Ursprungs. Ob vegan oder nicht – auf den meisten Produkten im Test findet sich der Hinweis, dass ein Abwaschen vor dem Stillen nicht nötig ist. Umso wichtiger, dass die Rezepturen keine Substanzen enthalten, die dem nuckelnden Säugling schaden könnten.
Kritik an missverständlicher Auslobung
Zwei Brustwarzensalben im Test sind als "hypoallergen" ausgelobt, eine weitere Salbe soll "hypoallergenenes Wollwachs" enthalten. Klingt vertrauenserweckend – ist doch eine gute Verträglichkeit ein starkes Verkaufsargument, wenn Eltern sichergehen wollen, dass das Produkt weder bei Mutter noch Kind unerwünschte Reaktionen auslöst. Doch der Begriff "hypoallergen" ist missverständlich und sollte aus unserer Sicht nicht auf Kosmetika stehen.
Die Komission für kosmetische Mittel, die das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) berät, stellte im April 2022 fest: "Der Begriff ‚hypoallergen‘ kann von Verbrauchern so interpretiert werden, dass ein entsprechendes Produkt keine Allergien auslöst. Tatsächlich bedeutet der Begriff aber ‚weniger allergen als Vergleichsprodukte‘." Es wäre also ein Trugschluss, dass ein Produkt mit dieser Auslobung auf keinen Fall eine allergische Reaktion beziehungsweise eine Sensibilisierung mit einem Allergen zur Folge haben kann.
Bessere Deklaration für mögliche Allergieauslöser
Diese Einschätzung teilen auch die Experten des Informationsverbunds Dermatologischer Kliniken (IVDK), auf dessen Einordnung sich ÖKO-TEST unter anderem bei der Bewertung allergener Duftstoffe stützt.
Auch der Deutsche Allergie- und Asthmabund (DAAB) hält von der Auslobung nichts: "Der DAAB empfiehlt dem Verbraucher, sich nicht auf solche Werbeaussagen zu verlassen, sondern in jedem Fall die Deklaration des Produktes genau zu lesen, um mögliche bekannte Allergieauslöser besser vermeiden zu können."
Lanolin etwa kann freie Wollwachsalkohole enthalten, die bei bestimmten Personen allergische Reaktionen auslösen können. Besser macht es aus unserer Sicht der Anbieter einer weiteren Brustwarzensalbe, der auf der Verpackung auf einen "geringen Anteil an freien Wollwachsalkoholen" von weniger als drei Prozent hinweist und so zwar seine Bemühungen zeigt, das Risiko zu minimieren, es aber nicht komplett ausschließen kann.
Unerwünschte Inhaltsstoffe in Brustwarzensalben
Was ist ansonsten aufgefallen? Wir sind im Test auf unerwünschte PEG-Verbindungen gestoßen. Wir kritisieren diese Stoffe, weil einige der synthetisch hergestellten Polyethylenglykole und ihre Abkömmlinge die Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen können.
Das muss nicht sein, vor allem nicht bei Produkten, die für wunde oder gereizte Haut ausgelobt sind. Unser Test zeigt aber: Die überwiegende Mehrzahl der Brustwarzensalben kommt ohne PEG-Verbindungen aus.
Kaum Rezyklat und unnötiger Verpackungsmüll
Nur zwei von 14 in Kunststoff verpackten Brustwarzensalben enthalten nachweislich mehr als 30 Prozent recyceltes Plastik aus dem Wertstoffkreislauf. Und das, obwohl sich mit dieser vergleichsweise einfachen Maßnahme zumindest dazu beitragen ließe, den ohnehin riesigen Plastikmüllberg auf unserem Planeten nicht noch weiter anwachsen zu lassen.
Zudem sind elf von 16 Brustwarzensalben nicht nur in ein Gebinde aus Plastik verpackt, sondern zusätzlich noch mit einem Umkarton aus Pappe versehen. Die Hersteller argumentieren häufig, dass darauf zusätzliche, wichtige Informationen angegeben seien oder sie einen Beipackzettel enthielten.
Doch Brustwarzensalben sind Kosmetikprodukte. Für diese sind, im Gegensatz zu Medikamenten, Packungsbeilagen nicht verpflichtend. Der Mehrwert beigelegter Zettelchen ist meist eher überschaubar.
Aus unserer Sicht sind die Tuben, Tiegel und Fläschchen der betreffenden Salben im Test alle groß genug, um alle notwendigen Informationen darauf unterzubringen. Ein Umkarton, der kein Glas schützt, ist daher verzichtbar und verursacht nur unnötigen Müll. Wir werten ihn als Weiteren Mangel ab.
Wichtige Tipps zum Stillstart
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Selbst bei einem sonst problemlosen Stillstart sind gereizte Brustwarzen oft eine unangenehme Begleiterscheinung. In der Regel sind sie darauf zurückzuführen, dass nicht nur Mama und Baby, sondern auch die Haut sich erst auf die neue Situation und die ungewohnte Belastung einstellen muss.
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Auch andere Faktoren wie eine falsche Anlegeposition, eine ungünstige Saugtechnik, eine Entzündung oder eine Pilzinfektion können zu wunden Brustwarzen führen.
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Sollten sich die gereizten Brustwarzen nicht nach etwa zwei Wochen von allein bessern, kann eine Hebamme oder eine Stillberaterin helfen, mögliche Ursachen zu erkennen und zu beheben.
Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Jahrbuch Kinder und Familie für 2024 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Spezial Schwangerschaft 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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