Angst und Unsicherheit: Schwanger in Corona-Zeiten
Der Freude auf die Geburt sind in der Corona-Pandemie Angst und Unsicherheit gewichen: Was, wenn ich mich während der Schwangerschaft mit dem Coronavirus anstecke? Schadet das Coronavirus dem Baby? Wie gefährlich ist eine Corona-Infektion für Neugeborene? Wird das Krankenhaus, in dem ich mein Kind bekomme, völlig überlastet sein angesichts der vielen Corona-Fälle? Und soll ich mich als Schwangere gegen Covid-19 impfen? All diese Fragen beschäftigen Eltern, die während der Corona-Pandemie ihr Kind erwarten.
Wir haben hier die wichtigesten Fakten zusammengetragen, die die Forschung nach bisherigem Kenntnisstand über die Auswirkungen des Coronavirus auf Schwangerschaft, Geburt und Babys weiß.
Coronavirus: Was Schwangere wissen müssen
Weil die Studienlage noch recht dünn ist – und weil es ohnehin sinnvoll ist – raten wir: Meiden Sie nach Möglichkeit Kontakte! Igeln Sie sich ein, schützen Sie sich vor einer Infektion. Denn, so warnt Professor Frank Louwen, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG): "Wenn Sie eine Lungenentzündung bekommen – ob durch Corona oder anders – dann ist Ihre Schwangerschaft gefährdet." In diesen Zeiten gilt also, noch mehr als sonst: Sicher ist sicher.
Coronavirus: Sind Schwangere gefährdeter als andere Menschen?
Eine Schwangerschaft erhöht nicht das Risiko, sich mit dem Coronavirus anzustecken.
Das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs ist bei schwangeren Frauen aber wohl erhöht, wie aktuelle Untersuchungen zeigen: Eine Studie des amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) zeigt, dass schwangere Frauen, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben und ins Krankenhaus eingeliefert werden, wohl doch ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Komplikationen sowie ein höheres Risiko für eine Frühgeburt haben. Bei der Studie wurden gut 400.000 Frauen mit Symptomen untersucht, mehr als 23.000 davon waren schwanger.
Schwere Covid-19-Verläufe treten demnach vor allem bei schwangeren Frauen mit einer Vorerkrankung oder Risikofaktoren wie Adipositas, Bluthochdruck oder Diabetes auf. Diese Risikofaktoren begünstigen aber auch bei Nicht-Schwangeren Komplikationen. Sascha Ellington, einer der Autoren der Studie, betont jedoch, dass das Gesamtrisiko für Komplikationen gering sei.
Höheres Sterberisiko bei Schwangeren
Eine aktuelle Studie der School of Medicine der Universität Washington und der University of Oxford, bei der gut 2.000 Schwangere aus 18 Ländern untersucht wurden, zeigt ein über zwanzigmal höheres Sterberisiko als nicht-infizierte Schwangere.
Ähnliche Zahlen zeigt auch eine Untersuchung von 400.000 Schwangerschaften in den USA. Demnach liegt das Risiko für einen Herzinfarkt bei an Covid-19 erkrankten Schwangeren 27 mal höher, für den Tod um 28 mal höher als bei nicht-schwangeren Frauen.
Nichtsdestotrotz: Absolutes Risiko ist äußerst gering
Kein Grund zur Panik! Frauen im gebärfähigen Alter haben generell nur ein geringes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. Das heißt: Die allermeisten schwangeren Frauen haben – genauso wie gleichaltrige nicht schwangere Frauen – meist nur leichte oder mittelschwere Symptome. Viele Infektionen verlaufen auch bei werdenden Müttern völlig ohne Symptome.
Mediziner raten: Werdende Mütter mit Vorerkrankungen wie etwa einer Herz- oder Lungenerkrankung gehören zur gefährdeten Gruppe und sollten sich ganz besonders schützen.
Lungenentzündung in der Schwangerschaft: Gefahr fürs Baby
Frank Louwen warnt vor der Gefahr einer Lungenentzündung in der Schwangerschaft. "Wenn Sie eine Lungenentzündung bekommen, dann haben Sie ein ernstes Problem", stellt der Gynäkologe fest. Denn: "Dann ist Ihre Schwangerschaft gefährdet." Er wolle werdende Mütter nicht verunsichern, sagt er. Aber eine Lungenentzündung, egal ob von Corona oder anders verursacht, gefährde die Sauerstoffversorgung des Kindes im Mutterleib. "Deswegen raten wir Schwangeren ganz dringend, ihre Sozialkontakte drastisch zu reduzieren, nur zu Hause zu arbeiten und sich häufig und gründlich die Hände zu waschen."
Können Babys sich im Mutterleib mit dem Coronavirus anstecken? Oder direkt nach der Geburt?
Das Coronavirus wird selten von der Mutter auf den Fötus übertragen, das zeigen Studien. Allerdings ist die Rate der Frühgeburten bei Schwangeren im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion erhöht.
Dürfen Schwangere gegen Coronaviren geimpft werden?
In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission des Robert Koch-Instituts die Impfung gegen das Coronavirus derzeit nicht. Hintergrund dafür ist schlicht und einfach die unzureichende Datenlage. Erste Studien zeigen aber ermutigende Ergebnisse: Corona-Impfungen können sowohl die Mutter als auch ihr Kind schützen. Die Antikörper, die sich nach der Impfung bilden, werden im Mutterleib und später über die Muttermilch an das Kind weitergegeben.
Von Seiten der Ständigen Impfkommission (STIKO) heißt es dazu: "Schwangeren mit Vorerkrankungen und einem daraus resultierenden hohen Risiko für eine schwere Covid-19-Erkrankung kann in Einzelfällen nach Nutzen-Risiko-Abwägung und nach ausführlicher Aufklärung eine Impfung angeboten werden."
Wer hierzulande engen Kontakt zu schwangeren Frauen hat, kann sich bevorzugt impfen lassen.
In anderen Ländern werden Schwangere bereits gegen Sars-CoV-2 geimpft. Es dürfte also nur eine Frage der Zeit sein, bis auch in Deutschland werdende Mütter gegen Sars-CoV-2 geimpft werden.
Kann eine Corona-Schutzimpfung die Fruchtbarkeit beeinträchtigen?
In den sozialen Medien kursiert die Behauptung, die nach einer Corona-Impfung gebildeten Antikörper würden auch gegen Bestandteile der Plazenta wirken und so zu einer Unfruchtbarkeit führen. Dafür gibt es keinerlei Hinweise.
Schwangerschaft und Corona: Fragen zur Entbindung
Verändert Corona die Geburtssituation in den Kliniken?
Sicher ist: Viele Kreißsäle sind jetzt schon extrem ausgelastet, Hebammen fehlen an allen Ecken und Enden. Schon vor Corona wurden, gerade in Großstädten, Frauen mit Wehen an der Pforte abgewiesen oder mussten auf den Fluren gebären, weil die Kreißsäle voll waren. Denn: Immer weniger Kreißsäle stehen immer mehr Geburten gegenüber. Wenn zusätzlich Ärzte und Hebammen wegen einer Coronainfektion oder Isolierungen ausfallen, wird sich die Situation verschärfen.
Viele Krankenhäuser treffen schon jetzt Vorkehrungen und schränken etwa die Besuchszeiten ein oder verbieten Besuche ganz. Außer dem Vater oder einer anderen Begleitperson darf inzwischen in vielen Kliniken auch niemand mehr mit in den Kreißsaal. Einige sind sogar noch strenger: Da muss selbst der Vater draußen bleiben.
Die Regelungen unterscheiden sich von Klinik zu Klinik. Fragen Sie deshalb unbedingt in der Klinik, in der Sie Ihr Baby auf die Welt bringen wollen, nach.
>> Zum Weiterlesen: Coronavirus: Tipps, wie Sie sich vor der Ansteckung schützen
Können Schwangere vaginal entbinden, wenn sie infiziert sind?
Nach den bisherigen Erkenntnissen spricht nichts gegen eine vaginale Geburt. "Das ist normalerweise das Beste, selbst wenn die Frau infiziert ist", sagt Louwen. Der Mann müsse in solchen Fällen allerdings zu Hause bleiben: "Der steckt uns sonst den ganzen Kreißsaal an." Nur, wenn aufgrund der Atemwegserkrankung eine dringende Entbindung notwendig sei, könne in manchen Fällen ein Kaiserschnitt sicherer sein.
Auch gegen eine Peridualanästhesie (PDA) spricht laut der DGGG nichts; sie rät nur von Lachgas ab, weil das die Ausbreitung des Virus durch die Luft erhöhen kann. Allerdings sollten Sie, wenn Sie infiziert sind, von einem Geburtshaus oder einer Hausgeburt absehen und Ihr Kind in einer Klinik bekommen, in der das Baby kontinuierlich elektronisch überwacht und sein Sauerstoffgehalt überprüft werden kann.
Kann das Baby nach der Geburt bei der Mutter bleiben, wenn sie mit Corona infiziert ist?
Nach jetzigem Stand: Ja. Wenn Sie das so wollen und es Ihrem Baby gut geht – es also keine Komplikationen gibt. Die DGGG weist aber darauf hin, dass sich diese Empfehlung ändern kann, wenn es weitere Erkenntnisse über das Virus gibt. Bisher gibt es keine offiziellen Fällen von erkrankten Schwangeren oder Neugeborenen in Deutschland.
Ist das Coronavirus gefährlich für Babys?
Kinder haben oft harmlosere Verläufe als Erwachsene. Wie sieht es mit Babys aus? Bisher sieht es so aus, als ob auch Babys in der Regel nicht mit starken Symptomen der Erkrankung kämpfen müssen. "Nach allem, was bisher berichtet ist, sieht es so aus, dass Babys und Kinder sich seltener anstecken als Erwachsene und auch nur leichte Symptome aufweisen", sagt Louwen. Einziger Wermutstropfen: "Alles, was bisher berichtet ist", ist nicht viel. Und speziell was Neugeborene oder gar Frühgeburten betrifft, gibt es so gut wie keine Erfahrungen.
Steigt das Risiko einer Früh- oder Fehlgeburt?
Laut DGGG ist die Frühgeburtenrate bei Covid-19 erkrankten Schwangeren im Vergleich zu nicht-infizierten Schwangeren leicht erhöht. Eine aktuelle Studie des Imperial College London zeigt, dass eine COVID-19-Infektion in der Schwangerschaft nicht mit Totgeburten oder einem frühen Tod des Neugeborenen verbunden ist.
Stillen in Corona-Zeiten: Das sollten Sie beachten
Sollen Mütter ihr Kind stillen, wenn sie an Covid-19 erkrankt sind? Ja! Auch wenn Sie sich mit Corona infiziert haben, raten die DGGG, der Berufsverband der Frauenärzte und die Stiftung Kindergesundheit einhellig dazu, das Baby zu stillen. Denn: Nach bisherigen Erkenntnissen scheinen sich Coronaviren nicht über die Muttermilch zu übertragen. Bisher konnte das Virus auch nicht in der Muttermilch nachgewiesen werden.
Wegen des engen Hautkontakts sollte die infizierte Mutter jedoch eine ganze Reihe von Hygienevorkehrungen beachten. Diese Maßnahmen sollten auch schon Mütter ergreifen, bei denen nur der Verdacht auf eine Infektion besteht.
Hygiene-Regeln beim Stillen
- Gründlich Händewaschen – vorher und nachher, etwa 20 Sekunden lang. "Das ist länger als man denkt", sagt Professor Berthold Koletzko: "Etwa so lange dauert es, das Lied ‚Happy birthday‘ zweimal hintereinander zu singen".
- Wenn Sie infiziert sind, sollten Sie einen Mundschutz tragen, um Ihr Kind zu schützen – auch beim Stillen. Damit verhindern Sie eine Tröpfchenübertragung.
- Können Sie Ihr Kind nicht stillen, können Sie die Milch auch abpumpen. Auch dabei sollten Sie allerdings sehr auf die Hygiene achten – und sich jedes Mal, bevor Sie die Pumpe anfassen, die Hände gründlich waschen. Zudem sollten Sie Pumpe und Fläschchen nach jedem Gebrauch sterilisieren.
- Lassen Sie sich beraten: von Ihrer Hebamme, Ihrer Frauenärztin oder den behandelnden Ärzten in der Geburtsklinik.
Für detaillierte Infos:
- Kreißsaalempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG), FAQ für Schwangere
- Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie e.V. (DGPI) zu Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett
Coronavirus: Was tun bei Verdacht?
Wenn Sie direkten Kontakt mit einer an Corona erkrankten Person hatten und/oder bei sich oder ihrem Baby Symptome entdecken, die auf Corona hinweisen, wenden Sie sich an Ihr zuständiges Gesundheitsamt, oder melden Sie sich beim Ärztlichen Bereitschaftsdienst.
Hier sehen Sie, wie sich die Corona-Anzeichen von den Symptomen einer Grippe, einer banalen Erkältung und eines Heuschnupfens unterscheiden.
Zudem sollten Sie Ihre Frauenärztin anrufen, wenn Sie schwanger sind und der Verdacht auf eine Infektion besteht. Wenn Sie kurz vor der Entbindung stehen, melden Sie sich telefonisch in der Klinik, um das weitere Vorgehen abzusprechen.
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