Hüther sagte, er beneide die Teilnehmer der Bund-Länder-Beratungen überhaupt nicht. Sie stünden vor einer äußerst schwierigen Abwägung. Er als Hirnforscher sage jedoch: "Wir können nicht den Kindern das länger zumuten, was wir hier machen. Das ist eigentlich unbegreifbar, wie es eine Erwachsenengeneration fertigbringt, den Kindern solche Auflagen vorzugeben, die die Kinder eigentlich nur erfüllen können, indem sie ihre eigene Lebendigkeit, ihre lebendigen Bedürfnisse unterdrücken. Kinder müssen doch spielen, Kinder müssen doch kuscheln, die müssen doch mit anderen zusammen sein, was ist denn das für ein Leben, wenn sie das alles nicht mehr können?"
Im Hirn bildeten sich dadurch Veränderungen, die bleibend sein könnten, warnte der Neurobiologe. Das zeige sich jetzt schon, die Kinderärzte und Jugendpsychiater würden Alarm schlagen.
Folgen des Corona-Lockdowns: Geschwächtes Immunsystem durch Angst und Stress
Hüther warnte auch vor den Folgen für die Erwachsenen durch die dauerhafte Verängstigung in der Corona-Pandemie. "Das weiß ja auch jeder, dass Angst und Stress das Immunsystem und damit die eigenen Abwehrkräfte auch noch unterdrücken. Wir müssen also irgendwie aus dieser Angst raus."
Jeder Mensch verfüge grundsätzlich über ein inneres Abwehrsystem, das man als Vertrauenspolster bezeichnen könne, sagte Hüther. Die Ressourcen für dieses Grundvertrauen, auch Resilienz genannt, stünden in der modernen Gesellschaft aber zunehmend unter Druck. So sei früher ein einfaches "Gottvertrauen" weit verbreitet gewesen. "Das hört sich ein bisschen blass an, aber das ist wahrscheinlich die stärkste Vertrauensressource, über die wir verfügen." Sie sei aber mittlerweile praktisch verloren gegangen.
Zunehmende Vereinsamung sei auch ein riesiges Problem, weil man sich zusammen in schwierigen Zeiten Mut machen könne. Außerdem würden viele Eltern ihre Kinder heute von allen Problemen fernhalten, sodass diese keine eigene Kompetenz für das Verhalten in Krisensituationen aufbauen könnten.
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