"Käpt’n Blaubär", "Pumuckl-Teller" und "Biene Maja": Die Namen auf der Kinder-Speisekarte sollen bei Kindern für leuchtende Augen sorgen. Auf den Tisch kommen Chicken Nuggets, Schnitzel mit Pommes oder einfach nur Pommes mit Ketchup und Mayonnaise. Die Auswahl auf Kinderspeisekarten ist meist klein – und die Gerichte fast immer ungesund. Das ist das alarmierende Ergebnis einer aktuellen Untersuchung der Universität Heidelberg. Die Wissenschaftler untersuchten dafür knapp 1.900 Kindergerichte von 500 Speisekarten. Sie stammen nicht aus Fastfood-Ketten, sondern aus inhabergeführten Restaurants.
Zu viel Fett und zu viele Kalorien
Mehr als 80 Prozent der Gerichte seien aus ernährungswissenschaftlicher Sicht ungesund. Die Kritikpunkte der Wissenschaftler: Die Gerichte für Kinder bestehen aus stark verarbeiteten Lebensmitteln, sie enthalten viele Kalorien und wenig Nährstoffe und zudem zu viel Fett, erklärt der Experte für Kindergesundheit Sven Schneider von der Universität Heidelberg.
Die Hälfte der ausgewerteten Kindergerichte enthielt frittierte und damit höchst ungesunde Pommes Frites. Volllkornprodukte fanden die Tester kein einziges Mal auf der Speisekarte. Eine Gemüsebeilage war immerhin bei ungefähr jedem dritten Gericht dabei. Weniger als zehn Prozent der Kindergerichte enthielten Seefisch.
Gegenüber ÖKO-TEST erklärt Sven Schneider: "Obwohl wir in Deutschland über eine traditionsreiche Restaurantkultur, in der Regel hervorragend ausgebildetes Küchenpersonal und ein mannigfaltiges, regional differenziertes Speiseangebot verfügen, setzen wir unseren Kindern tristes und ungesundes Essen vor: 80 Prozent des Angebotes auf Kinderspeisekarten beschränkt sich auf lediglich acht Gerichte."
Die Forscher bewerteten die Qualität der Gerichte auf der Grundlage der Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die für Mittagessen in Kitas und Schulen gelten. "Ein Viertel der Gerichte erfüllt kein einziges Qualitätskriterium und 38 Prozent nur ein einziges", so die Kritik der Forscher.
Das traurige Fazit der Wissenschaftler: "Das Kinderessen in deutschen Restaurants ist noch ungesünder als das typische Essen der amerikanischen Fastfood-Ketten."
"Kinderspeisekarten in Restaurants sind optimierungswürdig"
Die Studie sorgte für Schlagzeilen. Mit dem Ergebnis, dass sich jetzt Bundesernährungsministerin Julia Klöckner mit Autoren der Studie, dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA), der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sowie dem Institut für Kinderernährung getroffen hat. "Kinderspeisekarten in Restaurants sind optimierungswürdig", so Klöckner nach dem Treffen. "Unser aller Ziel ist eine ausgewogenere Kinderernährung. Das Angebot gesunder Kindergerichte in der Gastronomie zu verbessern, ist dabei ein Rädchen von vielen, aber eines, das wir drehen wollen – mit einem Strauß an konkreten Maßnahmen, die wir vereinbart haben", sagte die Ministerin nach dem Treffen.
Die Ergebnisse des Gesprächs sind allerdings überschaubar. Der Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA will seine Empfehlungen für kinderfreundliche Restaurants überarbeiten. Außerdem sind ein Wettbewerb für vorbildliche Kinderspeisekarten und ein neues Siegel im Gespräch. Weitere Treffen in dieser Runde sollen folgen.
Unser Tipp für Eltern: Kinder sind außerhalb der eigenen vier Wände oft viel experimentierfreudiger als daheim. Fragen Sie im Restaurant nach, ob es von einem ausgewogenen Gericht von der "normalen" Karte eine kleine Kinderportion gibt. Meistens ist das problemlos möglich. Wenn der Salat hübsch angerichtet ist und das Dressing anders schmeckt als gewohnt, hat im Restaurant auch Grünzeug die Chance, bei Kindern Begeisterung auszulösen.
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