Der Kunststoff Polypropylen (PP) ist weit verbreitet, das Plastikmaterial wird vor allem für Verpackungen verwendet. Aber auch Milchfläschchen für Säuglinge bestehen sehr häufig aus dem thermoplastischen Material. Das kann unerwünschte Nebenwirkungen haben, wie Forscher der Universität Dublin nun gezeigt haben.
Laut ihrer Studie, die in der Fachzeitschrift "Nature Food" erschien, werden die Innenflächen der Polypropylen-Babyflaschen bei der Benutzung stark angegriffen, vor allem, wenn sie mit Heißgetränken gefüllt werden. Das hat zur Folge, dass sich riesige Mengen mikroskopisch kleiner Kunststoffpartikel aus dem Material lösen. Die Forscher schätzen, dass ein Kind in Mitteleuropa, das in seinem ersten Lebensjahr – neben dem Stillen – auch mit der Flasche gefüttert wird, pro Tag (!) zwischen ein und zwei Millionen Plastikpartikel in Nanogröße zu sich nimmt.
Säuglinge nehmen 300-mal so viel Plastik auf wie Erwachsene
Für ihre Untersuchungen füllten die Wissenschaftler 70 Grad heißes Wasser in zehn marktübliche Polypropylen-Fläschchen und schüttelten sie 60 Sekunden lang. Dies entspricht den Vorgaben der WHO, um keimfreie Kindernahrung zuzubereiten. Anschließend filterten die Forscher den Inhalt durch eine Membran und zählten die gefundenen Kunststoffpartikel.
Die ermittelte Zahl ist drastisch hoch, wenn man sie mit Schätzungen aus dem letzten Jahr vergleicht, die davon ausgehen, dass ein Erwachsener pro Tag nur rund 600 Mikroplastik-Partikel zu sich nimmt. Das würde bedeuten, dass ein Säugling mehr als 300-mal so viele Kunststoffpartikel aufnimmt wie ein Erwachsener. Und das, obwohl sein Körpergewicht um ein Vielfaches geringer ist – was den prozentualen Anteil noch mal erhöhen würde.
Hitze und Schütteln greifen das Material an
Die Flaschen aus Polypropylen stehen vor allem deshalb im Verdacht, so viel Mikroplastik freizusetzen, weil sie regelmäßig mit heißen Flüssigkeiten gefüllt und noch dazu geschüttelt werden. So würden besonders viele Kunststoffpartikel freigesetzt, schreiben die Forscher. Das Problem ist auch von Wasserkochern bekannt (wir berichteten).
Unerfreulich: Im Test setzten die Fläschchen auch nach drei Wochen noch Mikroplastik frei. Das Mikroplastikproblem bei Babyflaschen scheint sich also nicht mit der Zeit von selbst zu erledigen.
Risiken von Mikroplastik sind ungeklärt
ÖKO-TEST hat Mikroplastik immer wieder kritisiert, ganz gleich, ob es Kosmetika oder Waschmitteln zugesetzt wird, sich aus Alltagsgegenständen löst oder von Kunstrasenplätzen stammt. Dass kleinste Plastikteile auch aus PET-Flaschen ins Wasser gelangen, hat vor einigen Monaten eine Untersuchung nachgewiesen, die wir beauftragt hatten.
Was Mikroplastik aus der Nahrung, Luft oder auch aus Kosmetika auf Dauer für unsere Gesundheit bedeutet, ist wissenschaftlich nicht abschließend geklärt. Klar ist nur, dass Plastikpartikel – egal in welcher Größe – die Umwelt belasten, weil sie kaum abbaubar sind.
Tipps für Fläschchen ohne Mikroplastik
- Wer möchte, dass sein Kind möglichst wenig Plastik aufnimmt, sollte eine Babyflasche aus Glas verwenden.
- Bei Flaschen aus Polypropylen empfehlen die Wissenschaftler, die Fläschchen nach dem Sterilisieren abkühlen zu lassen und dann dreimal mit kaltem, abgekochtem Wasser auszuspülen. Die Milch sollte außerdem separat in einem plastikfreien Gefäß (mit 70 Grad heißem Wasser) angerührt werden – und erst dann ins PP-Fläschchen gefüllt werden, wenn sie Trinktemperatur erreicht hat.
- Die Forscher raten außerdem davon ab, die schon angerührte Milch direkt im Fläschchen wiederaufzuwärmen.
- Benutzen Sie zum Wassererwärmen nach Möglichkeit keinen Kocher aus Kunststoff oder mit einem Plastikdeckel, da diese ebenfalls Mikroplastik freisetzen.
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