In Deutschland ist fast jedes zehnte Kind zwischen zwei und sechs Jahren übergewichtig. Ursachen sind zu wenig Bewegung und eine ungesunde Ernährung. Eine aktuelle Studie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung will jetzt einen weiteren Grund gefunden haben: Stress bei Müttern.
„Gerade das Zeitfenster während der Schwangerschaft und in den ersten Lebensjahren ist in der kindlichen Entwicklung sehr sensibel für äußere Einflüsse, die zu Krankheiten oder auch Übergewicht führen können“, sagt Ernährungswissenschaftlerin Kristin Junge vom Department Umweltimmunologie am UFZ. Dazu können auch psychologische Einflüsse gehören, wie beispielsweise mütterlicher Stress.
Untersuchung von Mutter-Kind-Paaren
Die Wissenschaftler am UFZ wollten herausfinden, ob und wie sich mütterliches Stressempfinden auf die Gewichtsentwicklung des Kindes auswirkt. Dazu analysierten sie bereits vorhandene Daten von 498 Mutter-Kind-Paaren aus der Langzeit-Mutter-Kind-Studie LiNA.
Dabei konzentrierten sich die Forscherinnen auf den Zeitraum während der Schwangerschaft und auf die ersten beiden Lebensjahre des Kindes. Den empfundenen Stress der Mütter erhoben sie anhand von Fragebögen und verglichen diesen Wert dann mit dem Body Mass Index (BMI) der Kinder.
Ergebnis weist auf einen Zusammenhang hin
Das Ergebnis deutet auf einen Zusammenhang hin: Hatten Mütter im ersten Lebensjahr ihres Kindes ein hohes Stressempfinden, so war die Wahrscheinlichkeit groß, dass ihre Kinder in den ersten fünf Lebensjahren einen erhöhten BMI entwickeln.
Besonders deutlich war dieser Zusammenhang bei Mädchen zu sehen. „Es scheint, dass vor allem Töchter gestresster Mütter ein erhöhtes Risiko haben, übergewichtig zu werden“, sagt Saskia Trump, Mitautorin der aktuellen Studie. Es gebe Studien, die zeigen, dass solche psychologischen Faktoren von Jungen möglicherweise weniger intensiv wahrgenommen oder besser kompensiert würden.
Studie: Erstes Lebensjahr scheint besonders relevant
Waren die Mütter während der Schwangerschaft und während des zweiten Lebensjahres gestresst, so zeigte dies keine signifikanten Auswirkungen auf die Gewichtsentwicklung der Kinder.
„Das erste Lebensjahr scheint eine sensible Phase und für die Neigung zu Übergewicht prägend zu sein“, erklärt Junge. Als Grund führt die UFZ-Forscherin auf, dass Mutter und Kind diese Zeit häufig komplett gemeinsam verbringen – viel Zeit, in der das Kind die Verhaltensweisen der Mutter besonders stark wahrnehme.
Langzeitstudie: Mutter-Kind-Studie LiNA
Die Daten für die aktuelle Studie wurden im Rahmen der Mutter-Kind-Studie LiNA erhoben. LiNA ist eine Langzeitstudie, in der sensible kindliche Entwicklungsphasen unter besonderer Berücksichtigung von Lebensstil, Umweltbelastungen und dem späteren Auftreten von Allergien, Atemwegserkrankungen und Übergewicht untersucht werden.
Seit 2006 begleiten UFZ-Forscher in Kooperation mit dem Städtischen Klinikum St. Georg in Leipzig sowie seit kurzem auch mit dem Universitätsklinikum Leipzig mehrere hundert Mutter-Kind-Paare von der Schwangerschaft an, um Auswirkungen von Umwelteinflüssen und Lebensgewohnheiten auf Gesundheit und Wohlbefinden zu erforschen.