Sollten Kinder schon elektrische Zahnbürsten benutzen?

Autor: Lino Wirag | Kategorie: Kinder und Familie | 29.04.2023

Sollten Kinder schon elektrische Zahnbürsten benutzen?
Foto: Shutterstock/Tatevik Bagdasaryan

Im Handel sind zahlreiche Elektro-Zahnbürsten zu finden, die sich speziell an Kinder richten. Sie punkten mit einer kindgerechten Größe, poppigen Farben und mehr oder weniger hilfreichen Gags und Gadgets wie Musik, die beim Putzen abgespielt wird. Die wirklich wichtige Frage wird damit aber noch nicht beantwortet: Sollten Kinder überhaupt schon elektrisch putzen? Wir haben genauer nachgesehen.

Im Drogerie- und Elektromarkt finden sich neben den "großen" elektrische Zahnbürsten auch viele Exemplare, die sich speziell an ein junges Publikum richten. Einige Produkte sind laut Hersteller für Kinder ab 8 Jahren gedacht, andere sollen schon bei Kindern ab 3 Jahren zum Einsatz kommen.

Die Hersteller werben mit extraweichen Borsten, kleineren Bürstenköpfen oder einem "Sensitiv-Modus" für besonders sanfte Vibrationen. Und natürlich damit, dass das Putzen mit den bunt-brummenden Karieskillern einfach mehr Spaß macht als mit den öden Borsten am Stiel, die weder zappeln noch blinken. Einige Geräte verfügen außerdem über digitale Timer, die sicherstellen sollen, dass die Kinder mindestens zwei Minuten putzen.

Das klingt nicht nur praktisch, sondern kommt bei der jungen Zielgruppe auch gut an, wie Eltern bestätigen. Zumal Mama und Papa selbst häufig unter Strom schrubben. Aber gehören die vibrierenden Helferchen deshalb auch schon in Kinderhände? Schließlich sind Milchzähne etwas anders aufgebaut als die bleibenden Beißerchen, die zwischen dem 6. und 12. Lebensjahr ans Tageslicht treten. Was sagt die Forschung dazu?

Elektro-Zahnbürsten für Kinder? Das sagt die Wissenschaft

Ein Blick in die Studienlage zeigt: Speziell zum Zusammentreffen von E-Bürste und Kinderzähnen gibt es nur eine Handvoll Untersuchungen (wie diese beiden von 2001 und diese von 2004), die sich immerhin mehrheitlich einig sind, dass die Elektrische vor allem bei jüngeren Kindern mehr Plaque von den Zähnchen entfernt. Die Studien wollen sich allerdings nicht auf die Behauptung festlegen, dass das elektrische Putzen auch wirklich messbare positive Effekte auf die Zahngesundheit hat, z.B. beim langfristigen Schutz vor Karies oder Zahnfleischentzündung.

Neben diesen – eher verhaltenen – Forschungsergebnissen existieren Untersuchungen, die sich stärker für die Stromer aussprechen (wie diese Studie aus dem Jahr 2002 oder diese zwei Publikationen von 2019). Bei den zuletzt genannten Arbeiten, die den elektrischen Kinderzahnbürsten ein sehr gutes Zeugnis ausstellen, fällt allerdings auf, dass sie von Gillette bzw. Procter & Gamble (mit)finanziert wurden: also genau den Multis, die hinter der Marke "Oral B" stecken, die den Markt der Elektro-Zahnbürsten dominiert.

Elektrisches Putzen schadet zumindest nicht

Stand der Forschung also: Die Studien, die sich ausdrücklich für die elektrischen Klein-Bürsten starkmachen, wurden von der Wirtschaft mitbezahlt (was die Ergebnisse nicht falsch machen muss); alle anderen Untersuchungen äußern sich verhaltener, was die langfristig nachweisbaren Vorteile des Schrubbens unter Strom betrifft.

Immerhin: Niemand rät explizit davon ab, dem Kleinen die E-Bürste in die Hand zu geben – und in der Regel ließ sich auch nachweisen, dass sie mehr Ablagerungen und Plaque entfernten als die händische Konkurrenz. Ob Zähne und Mund davon auch langfristig profitieren – beispielsweise durch besseren Schutz vor Karies –, lässt sich hingegen (noch) nicht ganz so eindeutig sagen.

Elektro-Zahnbürsten für Kinder können eine Hilfe sein

Klar ist aber auch: Vor allem jüngeren Kindern fehlt es oft noch an manueller Geschicklichkeit und der richtigen Technik, um mit der Handzahnbürste gründlich zu putzen, wenn sie damit alleingelassen werden (was Eltern aus genau diesem Grund nicht tun sollten). Hier kann die Elektrische, deren rotierende Borsten einen Teil der Arbeit übernehmen, eine Hilfe sein. Eine zielgruppengerechte Optik und andere Gimmicks können den Nachwuchs außerdem, zumindest zu Beginn, zum häufigeren und längeren Putzen motivieren.

Aber auch dann sollten Eltern morgens und abends nachputzen, bis auch wirklich alle Zähnchen glatt sind und glänzen. Bis zu dem Tag, an dem die kindliche Feinmotorik (um den 8. Geburtstag herum) weit genug entwickelt ist, um die Kleinen mit dem Zähneputzen immer öfter alleinzulassen.

Wer richtig putzt, darf bei der Handzahnbürste bleiben

Energiesparer und Traditionalisten müssen sich trotzdem keine Sorgen machen: Wer die richtige Putztechnik beherrscht, kann mit der Handzahnbürste nach Stand der Dinge genauso viel für die Mundhygiene tun wie mit der elektrischen. Das gilt für Erwachsene wie für Kinder.

Das größte Problem ist hier ohnehin, dass die korrekte (Hand-)Putztechnik oft nicht beherrscht oder eingehalten wird – auch das betrifft Groß und Klein zugleich. Die Studienlage stellt den E-Bürsten auch deswegen häufig ein besseres Zeugnis aus, weil man mit ihnen schlicht nicht so viel falsch machen kann – alle wichtigen Bewegungen macht der Stromschrubber von alleine.

Trotzdem ist es vermutlich keine gute Idee, den Kleinen von Anfang an ausschließlich die Elektrische vorzusetzen. Sie kann schließlich auch mal kaputtgehen, gerade leer sein oder im Urlaub vergessen werden. Die Bundeszahnärztekammer schreibt entsprechend: "Der Einsatz einer elektrischen Zahnbürste kann motivierend wirken. Eine gute Zahn- und Mundhygiene sollte aber auch mit einer Handzahnbürste beherrscht werden."

Über saubere Kinderzähne entscheiden die Eltern

Unabhängig vom Für und Wider sind sich Kinderzahnärzte aber einig: Die Bürste ist, egal in welcher Form, immer nur Mittel zum Zweck. Am saubersten werden Kinderzähne nämlich immer noch, wenn die Eltern mitputzen, mitmotivieren und mitüberprüfen. Ob das elektrisch geschieht oder nicht, spielt dabei keine entscheidende Rolle.

Weiterlesen auf oekotest.de: