Die größte Fläche in einer durchschnittlichen Privatwohnung entfällt auf die Wände. Auf sie blicken wir, wenn wir uns in der Wohnung bewegen. Mit ihrer Farbe und Oberflächengestaltung bestimmen sie maßgeblich die Atmosphäre eines Raumes. Wesentlichen Anteil haben sie zudem am Raumklima. Dennoch wenden professionelle Innenraumgestalter wie die Hamburger Innenarchitektin Ines Wrusch den Blick beim Thema Wandgestaltung zunächst auf das Ganze: "Es ist unmöglich, eine Wandgestaltung losgelöst von der übrigen Wohnung zu konzipieren." Sie bezieht alle Aspekte eines Raumes mit ein: Boden, Decke, Wand, Möbel, Licht. Der Zuschnitt der Wohnung ist wichtig, die Fenster, die Zugänge, der Blick nach draußen, die Himmelsrichtungen. "Ich frage: Was braucht der Raum? Wenn er unglücklich geschnitten ist, kann man mit der Wandgestaltung zaubern. Eine dunkle Oberfläche holt eine Wand heran, eine Decke herunter." Wichtig für die weiteren Überlegungen ist, wie der Raum später genutzt wird und was derjenige braucht, der ihn bewohnen wird.
Um mit ihren Kunden in einen möglichst intensiven Austausch zu kommen, sammelt die freiberufliche Innenarchitektin in einem gemeinsamen Workshop Informationen über die Bedürfnisse des Kunden, über seine Lebensgewohnheiten. "Ich versuche, mich in die Vorstellungen des Kunden hineinzuversetzen", beschreibt Wrusch ihre Arbeitsweise. Doch manchmal steckt der Teufel im Detail und scheinbar aussagekräftige Begriffe müssen geklärt werden: Was meint ein Kunde, wenn er ‚mediterran' sagt? Welches Bild hat er dazu im Kopf? Ist es marokkanisch, mehr toskanisch oder griechisch? Gleichzeitig ruft die Wohnung nach etwas. Zum Beispiel: Da gibt es kein Fenster, kein Tageslicht. Als Ergebnis des Prozesses entwicklt sich der Grundriss, es wird auch deutlich, welche Farben die richtigen sind.
Wruschs Detmolder Kollegin Ulrike Kerber empfiehlt, nicht alle vier Wände eines Raumes gleichförmig zu gestalten. "Stattdessen sollte man jede Wand für sich betrachten", erklärt die Professorin an der Schule für Architektur und Innenarchitektur ihre Arbeitsweise. "Welche schaue ich als Erstes an, wenn ich den Raum betrete? Wo wird am meisten Tageslicht reflektiert? An welcher Wand stehen die Möbel? Diese Herangehensweise macht aus vier Wänden viermal eine einzelne, besondere Wand."
Lehmputz ökologisch im Vorteil
Ines Wrusch hat sich auch mit den ökologischen Vor- und Nachteilen unterschiedlicher Wandgestaltungen beschäftigt. Grundsätzlich stehen alle Möglichkeiten offen, auch wenn man ökologische Kriterien berücksichtigt, erklärt sie. Man kann etwas auf eine Wand kleben, die Wände lasieren, sie bemalen oder lackieren. Dabei muss man natürlich darauf achten, dass die verwendeten Materialien, aber auch Klebstoffe schadstofffrei sind, nicht ausgasen und keine Gefahr für Allergiker darstellen. Das wichtigste ist jedoch der Untergrund - der Putz. "Wenn ich eine ökologisch sehr gute Lösung will, benutze ich...