21 Reiswaffeln im Test

Snack mit Knackpunkt

ÖKO-TEST September 2009 | | Kategorie: Essen und Trinken | 28.08.2009

21 Reiswaffeln im Test

Sie sind allgegenwärtig: Reiswaffeln in Kinderhänden. Viele Waffeln können die kleinen Krümelmonster sorglos knabbern, in einigen stecken aber problematische Stoffe wie Acrylamid und Arsen.

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Über Reiswaffeln gehen die Meinungen in unserer Redaktion weit auseinander. Die einen essen sie regelmäßig als fast fett- und zuckerfreien Snack. Die anderen finden, dass Reiswaffeln keinerlei Geschmackserlebnis bieten und dafür eindeutig zu viele Kalorien liefern. Kleine Kinder sind da anderer Meinung. Das Mundgefühl ist ihnen wichtig. Wenn es knistert und knackt, dann schmeckt es auch. Sie wollen knabbern - manchmal schon, bevor der erste Zahn da ist. Egal, auch mit dem Gaumen kriegt man die Reiswaffeln weichgelutscht. Ob und ab wann Reiswaffeln gut sind, darüber diskutieren Eltern seitenweise in Internetforen. Manche Kinder fangen schon im sechsten Monat damit an. "Eine genaue Altersangabe wäre hier fehl am Platz", erklärt Monika Brenz-Rickert, Ernährungsberaterin in Aschaffenburg. "Es kommt auf die Entwicklung des Kindes an. Es muss die feste Nahrung einspeicheln und schlucken können. Das kann bei dem einen Kind mit sechs Monaten, beim anderen erst sehr viel später der Fall sein."

Wenn es knistert und knackt, dann schmeckt es den Kleinen am besten

Wenn die Zähnchen da sind, geht die fröhliche Reiswaffel-Knabberei weiter: Auf Spielplätzen, in der U-Bahn oder im Zoo. Dass die Hälfte der Waffel in den Bezug von Kindersitz oder Buggy bröselt, interessiert in dieser Entwicklungsphase bestenfalls die Mama. "Viele Eltern geben ihren Kindern schon beim ersten Quäken ein Leckerchen zur Beruhigung in die Hand", weiß Brenz-Rickert. Sie rät dazu, Snacks außerhalb der Mahlzeiten nur gelegentlich anzubieten. "Ansonsten lernen die Kinder, dass Essen nicht nur gegen Appetit und Hunger, sondern auch gegen Unbehagen hilft."

ÖKO-TEST hat 21 Reiswaffeln auf Schadstoffe wie gesundheitsschädliche Schwermetalle, krebserregendes Acrylamid und gentechnisch veränderte Bestandteile untersuchen lassen.

Das Testergebnis

... reicht von "sehr gut" bis "ausreichend". Die krebserregenden Schadstoffe Arsen und Acrylamid sind in der Mehrzahl der Produkte enthalten und müssen reduziert werden.

Das Krebsgift Acrylamid lässt sich nicht ganz vermeiden, muss aber minimiert werden.

Das Krebsgift Acrylamid wurde in allen Produkten gefunden, allerdings in unterschiedlichen Mengen. Das war nicht anders zu erwarten, weil es prozessbedingt beim Erhitzen von kohlenhydratreichen Lebensmitteln entsteht, zu denen die Reiswaffeln zählen.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ermittelt sogenannte Signalwerte für unterschiedliche Lebensmittel, die eingehalten werden sollten. Diese Werte orientieren sich aber eher am oberen Bereich dessen, was technologisch machbar ist. Für Zwieback und Kekse für Säuglinge und Kleinkinder liegt der Signalwert beispielsweise bei 197 Mikrogramm pro Kilogramm (µg/kg), für feine Backwaren aus Mürbeteig bei 260 µg/kg. Für Reiswaffeln gibt es keinen Wert. Wir orientieren uns deshalb am Mittelwert aller Testprodukte. Produkte, die höhere Werte als der Durchschnitt aufwiesen, wurden abgewertet.

Auch Arsen haben die von uns beauftragten Labore in allen Reiswaffeln gefunden. Etwas mehr als die Hälfte der Produkte weisen erhöhte Werte auf. Arsen kommt in Reis in sehr unterschiedlichen Mengen vor und ist wegen seiner Giftigkeit immer wieder in der Diskussion. Die Gehalte, die wir in den Reiswaffeln gefunden haben, sind im Mittel sogar noch höher als die in purem Reis. Grund: In den Waffeln fehlt die Restfeuchtigkeit, zudem wurde meist Vollkornreis verwendet, der häufig höher mit Arsen belastet ist.

Dennoch: Rechnet man mit Tagesportionen von 10 bis 30 g Reiswaffeln - je nach Alter und Konsum des Kindes - wird die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorläufig vorgeschlagene täglich tolerierbare Menge weit unterschritten. Aber: Arsen wird noch mit anderen Lebensmitteln wie Cerealien und Fisch aufgenommen. Die Lebensmitteltoxikologin Professor Tanja Schwerdtle von der Universität Münster beschäftigt sich schon seit zehn Jahren mit der Arsenproblematik. "Experten kommen weltweit mit langsam zunehmendem Wissenstand zu der Erkenntnis, dass Arsen wesentlich kritischer betrachtet werden muss als bisher gedacht", so Schwerdtle. "Die Materie ist so kompliziert, dass noch viel Forschungsarbeit nötig ist", erklärt die Wissenschaftlerin. "Doch aus Vorsorgegründen müssen wir erst einmal vom schlechtesten Fall ausgehen, und danach ist Arsen sehr gefährlich."

Reis ist eine Quelle für Arsen, die man in der Risikobeurteilung berücksichtigen muss.

Bis auf vier Ausnahmen enthalten alle Reiswaffeln Spuren des giftigen Schwermetalls Cadmium. Für Reis gibt es eine gesetzlich festgelegte Höchstmenge, die von allen Messwerten weit unterschritten wird. Diese Höchstmenge müsste mittlerweile allerdings überprüft werden, weil die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die tägliche tolerierbare Aufnahmemenge für Cadmium gesenkt hat, den Stoff also inzwischen kritischer einstuft. Errechnet man die neu empfohlene tolerable Aufnahmemenge für ein zwei Jahre altes Kind, das täglich zwei bis drei Reiswaffeln isst, dann steuern Reiswaffeln trotz der gefunden Minimenge durchaus einen Anteil zur Gesamtaufnahme bei; dennoch mussten wir nicht abwerten.

Gesundheitsschädliche Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzgiften sowie Spuren von gentechnisch veränderten Bestandteilen fanden die von uns beauftragten Labore in keinem Produkt.

Allergiker müssen wissen: Alle Reiswaffeln enthalten natürlicherweise Spuren von Nickel, die allerdings weit unter den Mengen liegen, die möglicherweise eine Allergie provozieren könnten. In vielen Reiswaffeln steckt Sesam in geringer Menge von ein bis zwei Prozent. Nicht immer ist das am Namen erkennbar. Betroffene sollten deshalb unbedingt auf die Zutatenliste sehen.

Die Hipp Kinder Reiswaffeln und Milupa Kinder-Reiswaffeln sind für Kinder ab dem 8. Monat empfohlen und müssen deshalb laut Diätverordnung Vitamin B1 enthalten. Das Vitamin wird benötigt, um kohlenhydratreiche Lebensmittel zu verarbeiten.

Die speziellen Kinderreiswaffeln sind zwar handlich für die Kleinen, aber nicht unbedingt nötig. Warnhinweise wie "Reiswaffeln grundsätzlich nicht im Liegen geben" und "Bitte beaufsichtigen Sie Ihr Kind beim Knabbern" deuten schon an, dass Reiswaffeln zu früh gegeben auch in den falschen Hals geraten können.

So reagierten die Hersteller

Wie so oft versuchten die Hersteller auch in diesem Test, mäßige Ergebnisse schönzurechnen. Mehrere Produzenten teilten uns mit, dass es keine gesetzliche Höchstmenge für Arsen in Reis gibt. Kaufland führte sogar eine Höchstmenge aus Großbritannien von 1 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) an. Die ist allerdings nicht mehr zeitgemäß. Wiederum Kaufland und Dennree interpretieren die ermittelten Acrylamidwerte als bestens. Sie vergleichen dabei allerdings den gefundenen Wert in den Reiswaffeln nicht mit dem von Keksen für Säuglinge und Kleinkinder, sondern mit den wesentlich höheren Werten für Knäckebrot.

Die Firma Milupa teilte uns mit, dass sie die Rezeptur der Milupa Kinder-Reiswaffeln umstellen wird. Ursache: Qualitätstests haben gezeigt, dass der hohe Vollkornanteil hauptverantwortlich für den Eintrag an Arsen, Nickel und Acrylamid in diesem Produkt ist. Deshalb soll der Gehalt an Vollkorn entsprechend verringert werden.

Arsen in Wasser

In Trinkwasser liegt Arsen in der gefährlichen Form vor und hat deshalb auch eine sehr niedrige Höchstmenge von 10 µg/l in Deutschland. Schon Werte über 50 µg/l im Trinkwasser erhöhen langfristig Haut-, Blasen- und Lungenkrebsraten. Erst vor einigen Jahren wurde die Höchstmenge für Mineralwasser von 50 auf 10µg/l gesenkt.

Arsen in Reis

Dass Arsen im Reis steckt, weiß man schon lange. Darüber, wie viel davon giftig ist, herrschte in der Fachwelt lange keine Einigkeit. Denn es gibt verschiedene Arsenverbindungen, von denen einige harmlos sein sollen. Die Unterscheidung ist methodisch noch gar nicht so lange möglich, für die Zukunft aber sehr wichtig. Nach momentaner Datenlage gehen Experten von einem Gehalt von maximal 70 Prozent des giftigen, anorganischen Arsens in Reis- und Reisprodukten aus.

Arsen in Europa

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat ihre Mitgliedsländer aufgefordert, Messdaten zu arsenhaltigen Lebensmitteln einzureichen und erarbeitet gerade eine neue Bewertung, die frühestens Ende Oktober veröffentlicht wird. Experten gehen davon aus, dass die viel strenger aussehen wird als bisher.

Arsen in China

Für die Chinesen ist Reis ein Grundnahrungsmittel, das in großen Mengen konsumiert wird. Sie haben deshalb schon gehandelt und bereits im Jahr 2005 die gesetzlich erlaubte Höchstmenge für anorganisches Arsen in Reis auf 150 µg/kg gesenkt.

Salz in Kindernahrung

Kinder haben noch gute Geschmacksnerven. Damit sie die behalten, sollte man ihr Essen äußerst sparsam würzen. Sechs Produkte in unserem Test wurden von den Herstellern zusätzlich gesalzen. Aber auch die anderen Marken enthalten Natrium, einen Bestandteil von Kochsalz, weil das Element natürlicherweise in Reis vorkommt. Der Natriumgehalt ist manchmal deklariert und wird üblicherweise mit dem Faktor 2,5 multipliziert, um auf den Kochsalzgehalt zu kommen.

Insgesamt sind die Gehalte jedoch gering, weshalb wir auch nicht abwerteten: In Waffeln, die Meersalz sogar im Namen tragen, zum Beispiel die Knusperone Dünne Reis-Waffeln mit Meersalz, sind die Gehalte mit umgerechnet 225 mg Salz pro 100 g so klein, dass sich das Produkt sogar noch natriumarm nennen dürfte. In den Naturkind Vollkorn-Reis-Waffeln vermutet man auf den ersten Blick hingegen gar kein Salz, findet es dann aber in der Zutatenliste und dem deklarierten Natriumgehalt von 0,2 g / 100 g, das macht zirka 500 mg Salz pro 100 g. Zum Vergleich: Deutsche Brotsorten enthalten je nach Getreideart bis zu dreimal mehr Salz, wenn sie aus der Backstube kommen. Körperlich können auch kleine Kinder das Salz aus den Reiswaffeln verkraften. Dr. Kerstin Clausen, Wissenschaftlerin am Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund, rät dennoch, Beikost und Reiswaffeln grundsätzlich ohne zugesetztes Salz zu kaufen.

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf

Reiswaffeln sind bei Eltern beliebt, um sie ihrem Kleinkind als Snack zwischendurch in die Hand zu drücken. Wir haben uns für diesen Test daher auf die pure Version konzentriert, also Produkte ohne Schokoladen-, Kokos-, Joghurt- oder Vanilleguss eingekauft. Erstaunlicherweise gibt es in diesem Produktsegment sehr viel mehr Bio-Ware als konventionelle - das spiegelt sich auch in unserer Produktauswahl wieder.

Kritische Inhaltsstoffe

Da kleine Kinder Salz noch nicht so gut verarbeiten können, stellte sich uns die Frage, ob die Menge in den wenigen salzhaltigen Produkten im Test problematisch ist. Die Reispflanze neigt dazu, Arsen aus Boden und Wasser aufzunehmen und anzureichern. Das giftige Halbmetall kommt natürlicherweise in der Umwelt vor, kann aber zusätzlich auch über Verunreinigungen hineingelangen. Auch das Schwermetall Cadmium gelangt auf natürlichem Weg ins Getreide, allerdings in geringerer Konzentration. Anorganisches Arsen ist krebserregend. Dasselbe gilt auch für Acrylamid. Es entsteht, wenn kohlenhydratreiche Lebensmittel hocherhitzt werden. Cadmium wirkt nierentoxisch, in inhalierter Form auch krebserregend.

Vor einigen Jahren wurde illegaler Genreis in deutschen Reisprodukten gefunden, der gar nicht zugelassen war. Da der Reis bei Routineuntersuchungen der Lebensmittelüberwachung gelegentlich immer noch auftaucht, prüften die von uns beauftragten Labore die Produkte auf gentechnisch veränderte Bestandteile. Feucht und warm ist es in Ländern, in denen der Reis wächst. Da haben Schimmelpilze ideale Bedingungen, weshalb die Produkte auch auf giftige Stoffwechselprodukte der Pilze untersucht wurden.

Die Bewertung

Eine gesetzliche Höchstmenge für Arsen in Reis oder ähnlichen Lebensmitteln gibt es bisher nicht. Doch für gefährliche Schwermetalle wie Cadmium und Blei existieren beispielsweise Höchstmengen für Reis oder Getreide von 0,2 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg). Wir lehnten uns daran an, bewerteten aber weniger streng, weil Reiswaffeln in weitaus geringerer Menge als Reis gegessen werden und da die von der Weltgesundheitsorganisation festgelegte tolerable Menge mit einer Portion auch von kleinen Kindern weit unterschritten wird. Ob sich das mit der Neubewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit ändern wird, bleibt abzuwarten. Auch für Acrylamid existieren keinerlei Empfehlungen bezüglich der Höchstmenge oder der tolerablen Aufnahmemenge. Der Stoff ist aber so schädlich, dass er weiterhin minimiert werden sollte. Einige Produkte zeigen, dass niedrige Acrylamidwerte durchaus möglich sind.