- Im Test: Wir haben 20 Riegel eingekauft, die mit Proteingehalten von 29 bis 51 Prozent werben. Wir bezahlten für die Produkte zwischen 83 Cent und 2,89 Euro pro Riegel.
- Nur drei Proteinriegel sind mit der Note "gut" empfehlenswert. Drei Produkte rasseln durch den Test.
- In vielen Riegeln steckt Kollagenhydrolysat oder Gelatine – das sind eher minderwertige Proteine, die in der Regel aus Schlachtabfällen hergestellt werden.
- Kritik üben wir außerdem vor allem an Süßstoffen und Aromen.
Das Geschäft mit Proteinprodukten ist riesig – vom Proteinpulver bis zum Pudding. Mit einem Proteinversprechen auf der Verpackung lässt sich offenbar alles verkaufen, frei nach der Devise: Wo viele Proteine drin sind, kommt automatisch etwas Gesundes raus.
Sind Proteinriegel gesund und sinnvoll?
Ist das alles nur ein gigantischer Marketinghype, oder sind gewisse Produkte in bestimmten Situationen doch sinnvoll? Mit dieser Frage im Hinterkopf haben wir Proteinriegel unter die Lupe genommen.
Aus dem riesigen Sortiment im Handel haben wir 20 Proteinriegel ausgewählt – allesamt Produkte, die mit wenig Zucker und Proteingehalten von etwa 30 bis 50 Prozent werben. "High protein, low sugar" schreiben viele auf ihre Packungen. Klingt erst mal gut, wo ist das Problem?
Um das herauszufinden, mussten wir uns die langen Zutatenlisten etwas genauer ansehen. Dabei ließen wir uns von einem Expertenkreis der Deutschen Hochschule für Gesundheit und Sport (DHGS) beraten und schickten wie immer auch alle Produkte ins Labor.
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dm, Rossmann & Co.: Proteinriegel im Test
Das Ergebnis unseres Tests von 20 Proteinriegeln kann man vielleicht so zusammenfassen: Gelegentlich ein Proteinriegel nach dem Sport oder, wenn es schnell gehen muss, geht in Ordnung. Drei Riegel im Test können wir empfehlen. Der Großteil hingegen landet im Mittelfeld.
Zum Problem werden Proteinriegel in unseren Augen erst, wenn sie allzu regelmäßig eingesetzt oder mit einem gesunden Snack verwechselt werden. Und von drei Riegeln, die mit "ungenügend" bzw. "mangelhaft" durch den Test fallen, raten wir wirklich ab.
Proteinriegel stecken voller Zusatzstoffe
Nun ist so ein Proteinriegel – dosiert und an der richtigen Stelle eingesetzt – nicht zwangsläufig schlecht. Aber eines sollte klar sein: Die Proteinriegel in unserem Test sind hoch verarbeitete Industrieprodukte und kein Ersatz für vollwertige Lebensmittel.
Überzogen mit Schokolade, bestehen sie innen meist aus einer zähen Masse isolierter Proteine plus Zusatzstoffen wie Feuchthaltemitteln, Emulgatoren, Aromen, Füll-, Süß- und Zuckeraustauschstoffen.
Minderwertige Proteine in vielen Proteinriegeln
Doch beginnen wir mit den Zutaten, die hier die Hauptrolle spielen: den Proteinen. Die Proteinriegel im Test enthalten durchweg einen Mix verschiedener Milchproteine wie Milcheiweißkonzentrat, Molkenproteinisolat oder Calciumcaseinat, häufig ergänzt durch Sojaeiweiß.
Das ist im Prinzip eine gute Kombi, denn Milchproteine enthalten alle neun essenziellen Aminosäuren, sind gut verdaulich und gelten – genau wie Sojaprotein – als hochwertig. Aber: 16 Proteinriegel im Test geben in ihren Proteinmix auch Kollagenhydrolysat oder Gelatine. Die sind in der Regel aus Schlachtabfällen wie Rinderknorpel oder Hahnenkämmen hergestellt.
Sie gelten laut Prof. Dr. Konstantin Beinert von der Deutschen Hochschule für Gesundheit und Sport (DHGS) als Proteine minderer Qualität und werden gern als kostengünstige Füllstoffe eingesetzt: "Kollagenprotein und Gelatine sind arm an essenziellen Aminosäuren wie Tryptophan und daher weniger bedeutend für die Muskelproteinsynthese." Wir ziehen für ihren Einsatz eine Note ab.

Proteinriegel ohne Zucker, aber mit Süßstoffen
Zweiter Kritikpunkt: Bis auf drei Proteinriegel im Test enthalten alle Produkte synthetisch hergestellte Süßstoffe, meistens Sucralose. Süßstoffe wie Sucralose stehen immer wieder in der Kritik. Sie werden mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht, und es gibt Hinweise, dass sie sich ungünstig auf die Mikroorganismen im Darm, die sogenannte Darmflora, auswirken.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht in ihrer Richtlinie von 2023 bei regelmäßigem Süßstoffverzehr sogar Hinweise für eine erhöhte Sterblichkeit.
Wir finden, da sind die Zuckeralkohole, mit denen die drei "guten" Riegel ausschließlich gesüßt sind, das kleinere Übel. Sie können immerhin "nur" Verdauungsbeschwerden verursachen, gelten laut Europäischer Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) aber sonst bisher als unbedenklich.
Alle Proteinriegel im Test enthalten Aromastoffe
Dritter Kritikpunkt: Kein Riegel im Test kommt ohne Aromastoffe aus. Manche schreiben zwar "natürliches Aroma" auf die Zutatenliste – bei diesen erfahren Verbraucherinnen und Verbraucher jedoch nicht, welcher Rohstoff dahinter steckt. So lässt sich aus Schimmelpilzkulturen beispielsweise Nussaroma herstellen und hieße dann "natürliches Aroma".
Stammt ein Aroma aus dem geschmacksgebenden Rohstoff – etwa Kakao –, handelt es sich um ein authentisches Aroma, und die Hersteller dürfen "natürliches Kakaoaroma" deklarieren. Das wäre in unseren Augen in Ordnung und ginge ohne Abzug durch – doch kein Hersteller im Test verwendet ausschließlich authentische Aromen.
Carrageen und Mineralöl in Proteinriegeln im Test
Bei zwei Proteinriegeln, die mit der schlechtesten Note "ungenügend" durchfallen, kommen noch weitere Probleme hinzu. Der eine Riegel setzt Carrageen als Verdickungsmittel ein. Das Problem: In Tierstudien zeigte Carrageen negative Effekte auf den Verdauungstrakt und das Immunsystem. Zudem wies das Labor in dem Riegel einen Zuckergehalt von 5 Gramm pro 100 Gramm nach, obwohl auf der Packung nur 2,6 Gramm deklariert sind.
Nun ist der betroffene Anbieter nicht der einzige im Test, der seinen Zuckergehalt schönrechnet – aber er überschreitet dabei als Einziger den zulässigen Toleranzbereich des entsprechenden EU-Leitfadens.
Im anderen Testverlierer hat das Labor wiederum einen "erhöhten" Gehalt an gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen (MOSH) nachgewiesen. Sie können während der Herstellungskette in Lebensmittel gelangen und reichern sich im menschlichen Fettgewebe und der Leber an, mit noch unklaren Folgen.
Wie viele Proteine am Tag brauchen wir?
Die Riegel enthalten also nicht nur gut verwertbare Proteine, sie haben auch eine ganze Menge kritischer Zutaten im Gepäck. Deshalb mal eine ganz andere Frage: Für wen ist diese Extraportion Proteine überhaupt sinnvoll?
Proteine sind wichtig für uns, keine Frage. Wer Sport macht und Muskeln aufbauen will, der muss ausreichend Eiweiß als Baustoff essen. Nur: Wie viel Proteine wir täglich wirklich brauchen, das ist umstritten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sagt, 0,8 bis 1 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht sind genug für gesunde Erwachsene, die bis zu fünf Stunden Sport die Woche treiben.
Einige Sportwissenschaftler plädieren inzwischen für eine etwas höhere Zufuhr. Auch Prof. Dr. Andreas Wittke von der DHGS sagt: "Studien zeigen, dass Sportler im Vergleich zu inaktiven Personen bis zu doppelt so viel Protein benötigen könnten, um den gesteigerten Anforderungen durch Training, Regeneration und Muskelaufbau gerecht zu werden."
Wie viel Protein braucht ein Sportler?
Je nachdem, welche Sportart betrieben wird, empfiehlt Professor Wittke auf Basis der aktuellen Literatur folgende Protein-Zufuhrmengen pro Tag:
- Ausdauersport: 1,2 bis 1,6 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht.
- Spielsportarten (z.B. Fußball): 1,4 bis 1,6 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht.
- Fitness- und Muskelaufbautraining: Mehr als 1,6 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht.
Allerdings sind diese Proteinmengen für die meisten Erwachsenen mit einer ausgewogenen Ernährung eigentlich gut zu realisieren. Auch die Nationale Verzehrsstudie im Auftrag des Bundesernährungsministeriums zeigte 2008, dass 85 Prozent der Frauen in Deutschland und sogar 89 Prozent der Männer ausreichend Proteine essen. Seither mag sich diese Zahl jedoch durch den gesunkenen Fleischkonsum etwas verschoben haben.
Wann ist es sinnvoll, einen Proteinriegel zu essen?
Wichtiger ist aber vermutlich, was Prof. Dr. Michael Keiner – ebenfalls tätig an der DHGS –, zu bedenken gibt: "Dass eine vollwertige Ernährung das Beste wäre, wissen wir alle. Im hektischen Alltag des realen Lebens kriegen es viele Sportler aber nicht hin, ihren gestiegenen Proteinbedarf allein darüber zu decken." Für einen Proteinriegel spricht also vor allem, dass er bequem und praktisch ist.
Für unterwegs, als Notproteinreserve im Vorratsschrank, wenn es während eines Ausdauertrainings einen Nachschub braucht. Oder eben, wenn nach dem Sport mal keine Zeit für die Zubereitung einer proteinreichen Mahlzeit ist.
Denn es scheint von Vorteil zu sein, Proteine in zeitlicher Nähe zum Training einzunehmen – wenn das genaue Zeitfenster auch umstritten bleibt.
Wie viel Protein am Tag ist zu viel?
Übertreiben sollte man es allerdings nicht: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfiehlt eine tägliche Obergrenze von zwei Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Mit einem zusätzlichen Riegel pro Tag, wie ihn das Gros der Hersteller empfiehlt, dürften die meisten Menschen drunterbleiben. Ob man täglich eine Portion Süßstoffe zu sich nehmen will, steht auf einem anderen Blatt.
Wie schmecken die Proteinriegel im Test?
Bleibt die Frage: Wie schmecken die getesteten Proteinriegel? Geschmacklich waren die Riegel zwar alle mehr oder weniger zäh, abgesehen von ein paar Schönheitsfehlern aber ansonsten in Ordnung, urteilten die von uns beauftragten Sensoriker bei der Verkostung.
Die Proteinriegel vermarkten sich in unseren Augen auch mit ihren oft mehrschichtigen Aufbauten und Namenszusätzen wie "Cookies & Cream", "Fudgy- Brownie-Geschmack" oder "Chocolate Muffin" klar über den Geschmack: Wer mit Appetit auf Süßes im Supermarkt oder am Kiosk steht, könnte verleitet sein, sich einen Riegel extra zu gönnen – in der Annahme, dass Proteine ja schließlich gesund seien.
Gesunde Proteinriegel? Nur etwas besser als ein Schokoriegel
Manche Hersteller schreiben uns auch unumwunden, ihr Riegel könne einfach als "gesunde Alternative zu herkömmlichen Snacks" genossen werden. Das geht uns ganz klar zu weit: Ein Proteinriegel steht in der Nährstoffbilanz vielleicht ein kleines bisschen besser da als ein klassischer Schokoriegel.
Aber viele Riegel haben dennoch einen Haufen Kalorien und sind eben kein Ersatz für ein vollwertiges Lebensmittel, bei dem Proteine in einem Gesamtpaket mit weiteren Nährstoffen daherkommen.
Die Hersteller machen mit den Proteinversprechen auf leckeren Snacks aber ein Bombengeschäft, für das Verbraucherinnen und Verbraucher tief in die Tasche greifen müssen: Viele Proteinriegel in unserem Test kosten weit über zwei Euro und damit mehr als das Doppelte als ein klassischer Schokoriegel.
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