Isotonische Getränke: 13 von 23 Sportgetränken fallen im Test durch

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2024 | Autor: Birgit Hinsch/Meike Rix/Hannah Pompalla | Kategorie: Essen und Trinken | 05.11.2023

Wir haben isotonische Getränke im Labor überprüfen lassen.
Foto: ÖKO-TEST

Nach einem schweißtreibenden Training sollen isotonische Getränke den Körper schnell wieder mit Energie und verloren gegangenem Natrium versorgen. Aber tun sie das auch? Unser Test von 23 Sportgetränken zeigt: Die meisten Marken im Test enthalten auffallend wenig Natrium. Dafür aber viele künstliche Zusatzstoffe.

  • Wir haben 23 isotonische Getränke getestet. Die Preise pro 500 Milliliter liegen zwischen 25 Cent und 1,49 Euro.
  • Das Ergebnis: Keines der überprüften Sportgetränke ist uneingeschränkt empfehlenswert. Die besten Produkte schneiden mit der Note "befriedigend" ab; viele Fertiggetränke fallen durch den Test.
  • Kritik üben wir vor allem an zu geringen Natriumgehalten und umstrittenen Zusatzsstoffen. Dazu gehören weitere Mineralstoffe, Vitamine, künstliche Aromen sowie Süßstoffe.

Aktualisiert am 5.11.2023 | Eine kleine Wahrheit aus der Sportwissenschaft vorweg: Wer eine halbe Stunde joggt oder beim Zumba kurz ins Schwitzen gerät, kommt gut ohne isotonische Sportlerdrinks aus. Aber was bedeutet "isotonisch" eigentlich und für wen sind solche Getränke sinnvoll? 

"Isotonisch": Was steckt hinter dem Begriff?

Der Begriff "isotonisch" setzt sich aus den griechischen Begriffen "isos" (gleich) und "tonos" (Spannung) zusammen. "Isotonisch" bezeichnet Getränke, die den gleichen osmotischen Druck wie das menschliche Blutplasma haben.

Das bedeutet, das Verhältnis von Nährstoffen zu Flüssigkeit entspricht dem des Blutes. Das sorgt dafür, dass das Wasser aus dem Getränk sehr schnell aufgenommen wird. Isotonische Getränke können also Wasserverluste besonders schnell ausgleichen.

Sie bringen außerdem durch Zucker wie Fruktose, Glukose und Saccharose schnellen Energienachschub und helfen so, die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden aufrechtzuerhalten. Natrium soll wiederum Beschwerden bis hin zu Gesundheitsrisiken vorbeugen, die durch die teils enormen Salzverluste über den Schweiß entstehen können.

    Vor allem Ausdauer- und Leistungssporttreibende profitieren von isotonischen Getränken. Für moderate Freizeitsportlerinnen und -sportler sind sie hingegen weniger notwendig.
    Vor allem Ausdauer- und Leistungssporttreibende profitieren von isotonischen Getränken. Für moderate Freizeitsportlerinnen und -sportler sind sie hingegen weniger notwendig. (Foto: Natalia Sem/Shutterstock)

    Wie gesund sind isotonische Getränke?

    Für lockeren Freizeitsport sind isotonische Getränke weniger geeignet. Denn: Auch wenn isotonische Getränke kalorienarm sind, sorgt der enthaltene Zucker für weniger Fettverbrennung. Wer also nur eine Stunde ununterbrochen Sport machen oder gar abnehmen möchte, ist mit Wasser am besten bedient.  

    Wer aber lange schweißtreibend trainiert oder an einem Wettkampf teilnimmt, der profitiert davon, seinen Natrium- und Energiehaushalt mit einem isotonischen Getränk auszugleichen.

    Aldi, Edeka & Co. im Test: Wie gut sind isotonische Getränke?

    Wir haben 23 isotonische Getränke eingekauft und getestet. Die Fertiggetränke bestehen aus Mineralwasser oder Trinkwasser, (meist) Fruchtsaft, Zuckern und etlichen teils umstrittenen Zusatzstoffen. Einigen ist zudem Natrium zugesetzt.

    Das Ergebnis: Wir können keines der isotonischen Getränke im Test uneingeschränkt empfehlen. Die drei besten Sportgetränke bringen es gerade einmal auf ein Gesamturteil "befriedigend". 13 Produkte fallen mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durch.

    Besonders negativ fällt auf: Nur vier isotonische Getränke enthalten so viel Natrium, wie Ernährungs- und Sportwissenschaftler es für Sportgetränke empfehlen. Doch der Reihe nach.

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    Stimmige Auslobung als "isotonisch"

    Immerhin: Die Auslobung als isotonisch ist bei allen untersuchten Getränken stimmig – der Gesamtanteil der gelösten Teilchen entspricht nach den von uns in Auftrag gegebenen Messungen in etwa dem im Blut. Dadurch kann der Körper die Flüssigkeit besonders schnell aufnehmen.

    Aber damit beim Halbmarathon oder dem Tennisturnier weder die Leistungsfähigkeit noch die Gesundheit in Gefahr geraten, kommt es auch auf die richtigen Mengen an.

    Sportgetränke sollen ausreichend schnell verfügbare Kohlenhydrate – sprich Zucker – für den Energienachschub liefern. Und sie müssen den Salzverlust durch ausreichend Natrium ausgleichen. Wir orientieren uns in unserer Bewertung an den Empfehlungen der Arbeitsgruppe Sporternährung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).

    Isotonische Getränke im Test: Viele mit zu wenig Natrium

    Gut für Langstreckensportler: Die Zuckergehalte der isotonischen Getränke in unserem Test liegen zwischen gut drei und knapp fünf Prozent – das korrespondiert mit der empfohlenen Spanne.

    Weniger gut: Es fehlt häufig an Natrium. Gerade einmal vier von 23 Produkten enthalten so viel Natrium, wie es die DGE-Arbeitsgruppe für Sportgetränke empfiehlt. Die Wissenschaftler raten zu mindestens 400 Milligramm bis maximal 1.100 Milligramm pro Liter (mg/l).

    Ab mehr als 90 Minuten Schwitzen kann man den Körper vorsichtshalber mit Natrium versorgen, um Krämpfen vorzubeugen. Wer beim Marathonlauf nur natriumarmes Wasser trinkt, kann schlimmstenfalls sogar an einer Wasservergiftung sterben.

    Nach einer langen, intensiven Sporteinheit sollen isotonische Getränke den Körper mit Energie und Natrium versorgen. Wir haben 23 solcher Sportgetränke geprüft.
    Nach einer langen, intensiven Sporteinheit sollen isotonische Getränke den Körper mit Energie und Natrium versorgen. Wir haben 23 solcher Sportgetränke geprüft. (Foto: Nanci Santos Iglesias/Shutterstock)

    Unnötig: zusätzliche Mineralstoffe und Vitamine

    Natrium in Sportgetränken ist essenziell. Weitere Mineralstoffzusätze halten die DGE-Experten für überflüssig. Zu hoch dosiert können sie den Organismus beim Sport belasten und zum Beispiel Durchfall auslösen. Vier isotonischen Getränken im Test ziehen wir daher wegen ihrer hohen, deklarierten Magnesium- und/oder Calciumgehalte eine Note in Sachen Eignung als Sportgetränk ab.

    Auch Vitaminzusätze halten die DGE-Experten – und wir – für überflüssig. Die normale Nahrung liefert ausreichend Vitamine. Wer viele künstlich angereicherte Lebensmittel oder mehrere solcher Sportdrinks zu sich nimmt, könnte sogar einzelne Vitamine zu hoch dosieren.

    Das für Sportler beworbene Vitamin B6 etwa, das in vielen der Drinks steckt, steht im Verdacht, bei dauerhaft zu hoher Dosierung Nervenstörungen zu verursachen.

    Es klappt auch mit natürlichen Farben und Aromen

    Zwei getestete isotonische Getränke leuchten auffallend blau. Verantwortlich ist der deklarierte künstliche Farbstoff Brillantblau (E 133).

    Zwar gilt er in den zugelassenen Mengen nicht als problematisch. Dennoch halten wir Lebensmittel für empfehlenswerter, deren Farbe und Geschmack natürlichen Ursprungs sind. Der "exotische Fruchtgeschmack" und der "Erdbeergeschmack" in den betroffenen Sportgetränken stammen aus Aromazusätzen.

    Weitere sieben Getränke kritisieren wir ebenfalls wegen des Zusatzes von Aroma. Keinen Notenabzug nehmen wir für "natürliches Grapefruitaroma" oder "natürliches Citrusaroma" vor. Das beauftragte Labor hat nachgewiesen, dass es sich um authentische Fruchtaromen handelt.

    In fast allen isotonischen Getränken im Test stecken Süßstoffe

    Süßstoffe wie Acesulfam-K, Cyclamat und Saccharin finden sich in fast allen Zutatenlisten der isotonischen Getränke im Test. Süßstoffe stehen immer wieder in der Kritik. So veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Frühjahr 2023 eine aktualisierte Richtlinie, in der sie davon abrät, Süßstoffe zur Gewichtskontrolle oder zur Vorbeugung ernährungsbedingter Erkrankungen einzusetzen.

    Der Zuckerersatz könne langfristig möglicherweise das Risiko für Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigern. Laut WHO sollten die Menschen sich zur Gesundheitsförderung besser an eine insgesamt weniger süße Ernährung gewöhnen. Das sehen wir genauso.

    Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 7/2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

    Weiterlesen auf oekotest.de:

    Wir haben diese Produkte für Sie getestet

    Testverfahren

    Wir haben 23 isotonische Getränke eingekauft. Die Preise pro 500 Milliliter lagen zwischen 25 Cent und 1,49 Euro. Für die Beurteilung, ob die Getränke sich als Sportgetränk eignen, haben wir uns unter anderem an dem Positionspapier der Arbeitsgruppe Sporternährung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) orientiert. Dafür ließen wir die Gehalte an Natrium und Zucker im Labor messen. Ob, sofern eingesetzt, die Gehalte an Calcium und Magnesium die empfohlenen Obergrenzen einhalten, prüften wir anhand der deklarierten Werte.

    Um festzustellen, ob die Auslobung als isotonisch stimmig ist, ließen wir im Labor zudem die Gesamtmenge der gelösten Stoffe ermitteln. Anhand der für die Hersteller verpflichtenden Zutatenlisten erhoben wir, ob die Getränke Vitamin- und Mineralstoffzusätze enthalten und ob in ihnen problematische Antioxidationsmittel, künstliche Süß- und Farbstoffe, Aromen oder "natürliches Aroma" stecken. Während bei "natürlichem Aroma" unklar ist, woraus es besteht, muss etwa "natürliches Grapefruitaroma" zu mindestens 95 Prozent aus Grapefruit stammen. Für Getränke mit konkret benannten natürlichen Fruchtaromen ließen wir im Labor untersuchen, ob sie nur authentische Aromabestandteile enthalten.

    Außerdem ließen wir alle Getränke auf den Desinfektionsmittelrückstand Chlorat und auf Schwermetalle untersuchen. In den Verpackungen fahndete ein Labor nach PVC/PVDC/chlorierten Verbindungen. Wiederbefüllbare Mehrwegflaschen sind aus unserer Sicht die ökologisch sinnvollste Getränkeverpackungsart. Zu den Einwegflaschen wollten wir von den Anbietern möglichst Nachweise über den Einsatz von Recyclingmaterial sehen. Je nach Antwort gab es für Einweg mehr oder weniger Punktabzug unter dem Testergebnis Weitere Mängel, was sich auch auf die Gesamturteile auswirkt. 

    Bewertungslegende

    Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

    Bewertung Testergebnis Eignung als Sportgetränk: Unter dem Testergebnis Eignung als Sportgetränk führt zu Abwertung um zwei Noten: ein gemessener Natriumgehalt von weniger als 400 mg/l (in Tabelle: "zu niedrig"). Zur Abwertung um eine Note führt: ein deklarierter Gehalt an Magnesium von mehr als 125 mg/l und/oder ein deklarierter Gehalt an Calcium von mehr als 250 mg/l (in Tabelle: "zu viel").

    Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils eine Note: a) zugesetzte künstliche Süßstoffe (hier: Saccharin, Aspartam, Cyclamat und/oder Acesulfam-K; b) zugesetzte (natürliche) Aromen; c) der Zusatz von Vitaminen und/oder Mineralstoffen außer Natrium (als Mineralstoffe wurden Magnesium und Calcium erfasst, sofern Test Isotonische sie auf dem Produkt beworben und/oder in der Nährwerttabelle aufgeführt waren); d) zugesetzter künstlicher Lebensmittelfarbstoff (hier: Brillantblau FCF [E 133]); d) zugesetzte Sulfite.

    Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um vier Noten: eine PET-Einwegflasche mit einem Anteil von Rezyklaten von weniger als 50 Prozent, kein ausreichender Nachweis auf unsere Anfrage oder keine Angabe hierzu. Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) eine PET-Einwegflasche mit einem Anteil von Rezyklaten von mindestens 50 Prozent; b) fehlende oder unzureichende Kennzeichnung einer PET-Einwegflasche als "Einweg"; c) fehlende oder unzureichende Kennzeichnung einer Mehrwegflasche als "Mehrweg".

    Zur Abwertung um eine Note führt: abgebildete Früchte, obwohl kein Fruchtsaft(-konzentrat) in der Zutatenliste. Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das unterhalb der Bestimmungsgrenze der jeweiligen Testmethode.

    Das Gesamturteil beruht zu jeweils 50 Prozent auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe und dem Testergebnis Eignung als Sportgetränk. Es wird kaufmännisch gerundet. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "mangelhaft" oder "ungenügend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um jeweils zwei Noten. Ein Testergebnisse Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.

    Testmethoden

    Aromenanalyse: Untersuchung der Aromastoffe durch LRI-Kapillar-Gaschromatographie/Full-Scan MS und chirodifferenzierende Gaschromatographie/Full-Scan MS nach Destillation, Extraktion und Anreicherung nach ASU L 00.00-106 mod. Die Modifikation betrifft die Verwendung weiterer interner Standards, die Optimierung der Wasserdampf-Destillations-Apparatur und Extraktion sowie die Skalierung des Probenvolumens.
    Elemente: Totalaufschluss in der Mikrowelle, Bestimmung mittels ICP-MS.
    Glucose: Bestimmung mittels LC-PAD.
    Fructose: Bestimmung mittels LC-RI und LC-PAD.
    Saccharose: Bestimmung mittels LC-PAD.
    Natrium: Messung nach ASU L 00.00-144:2019-07.
    Salzäquivalente: berechnet gemäß LMIV nach der Formel: Salz = Natrium × 2,5.
    Chlorat: Bestimmung mittels LC-MS/MS.
    Osmolalität: Bestimmung mittels Kryoskopie.
    PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse.

    Einkauf der Testprodukte: März bis April 2023.  

    Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 7/2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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