Neues Siegel: Wie gut ist "Gutes aus deutscher Landwirtschaft"?

Autor: Beatrice Maisch | Kategorie: Essen und Trinken | 10.09.2024

Neues Siegel: Wie gut ist "Gutes aus deutscher Landwirtschaft"?
Foto: Volodymyr TVERDOKHLIB/Shutterstock

In den Supermarktregalen taucht in diesen Tagen ein neues Siegel auf. "Gutes aus deutscher Landwirtschaft" kennzeichnet Lebensmittel aus Deutschland. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten jedoch wissen: Über die Qualität der Produkte sagt das Label nichts aus.

Das Herkunftslabel für Erzeugnisse der deutschen Landwirtschaft soll die Nachfrage nach heimischer Ware ankurbeln. Das zumindest erhofft sich der Lebensmittelhandel. Supermärkte und Discounter wie Edeka, Rewe, Aldi, Lidl, Kaufland, Netto Marken-Discount und Penny hätten bereits begonnen, das Label einzuführen, vermeldet die Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft (ZKHL). Diese hat das Siegel gemeinsam mit Handel, Industrie und Landwirtschaft entwickelt. Die Verwendung ist freiwillig.

Das Label "Gutes aus deutscher Landwirtschaft" kennzeichnet folgende Lebensmittel:

  • Fleisch der Tierarten Rind/Kalb, Schwein und Geflügel
  • Obst, Gemüse, Kartoffeln und Pilze
  • Früchte und Kräuter
  • Eier
  • Milchprodukte, etwa Milch, Joghurt, Quark, Sahne, Kefir

Mittelfristig soll das Siegel auf weitere Produkte und die Gastronomie ausgeweitet werden. Es darf nur verwendet werden, wenn alle Schritte der Wertschöpfungskette in Deutschland erfolgt sind. Im Fall von Rind- und Schweinefleisch bedeutet dies, dass das Tier in Deutschland geboren, aufgezogen, gemästet, geschlachtet, zerlegt, verarbeitet und verpackt wurde.

Qualität und Tierwohl spielen keine Rolle

Doch während der ZKHL das neue Label als "verlässliche Orientierungshilfe" anpreist, sehen es andere Stellen weitaus kritischer. So beanstandet die Verbraucherzentrale Bayern, dass es keinerlei Auskunft über die Qualität des Produktes gibt. Es handelt sich um einen reinen Herkunftshinweis, mit dem keine Umwelt- oder Tierwohl-Standards verbunden sind.

Warum deutsch nicht immer gut ist

Tatsächlich sind deutsche Lebensmittel sind nicht per se hochwertiger als Produkte aus anderen Gegenden. So hat heimisches Obst und Gemüse aus beheizten Gewächshäusern häufig eine schlechtere Ökobilanz als Freilandgemüse aus wärmeren Regionen. Denn der Energieverbrauch wirkt sich negativer auf die Klimabilanz aus als der Transport. Zudem können heimische Produkte stärker mit Pestiziden belastet sein als zum Beispiel ein Bio-Lebensmittel aus dem Ausland.

Nicht zuletzt spielt Tierwohl bei dem neuen Siegel keine Rolle. Eier, die als "Gutes aus deutscher Landwirtschaft" bezeichnet werden, können aus Legebatterien stammen und Fleisch aus Massentierhaltung. Auch hier kann ein Produkt aus dem Ausland höheren Gesundheits- und Tierwohlstandards entsprechen. Der Deutsche Tierschutzbund kommentiert denn auch in einem Bericht auf tagesschau.de, die Kennzeichnung verhelfe keinem Tier zu mehr Tierschutz.

Aus Deutschland, aber nicht pestizidfrei: Das neue Siegel beachtet den Umweltschutz nicht.
Aus Deutschland, aber nicht pestizidfrei: Das neue Siegel beachtet den Umweltschutz nicht. (Foto: Fotokostic/Shutterstock)

Nur kombiniert hilft das Siegel weiter

Wer umweltbewusst und tierwohlinteressiert einkaufen will, profitiert von dem neuen Label allein also nicht. Mitunter lässt es sich in Kombination mit anderen Siegeln und Informationen für die Kaufentscheidung nutzen. Wer zum Beispiel Eier oder Fleisch deutscher Herkunft wählt, sollte zudem auf die Haltungsform der Tiere achten. Bei Obst und Gemüse wäre wichtig zu wissen, welche Pestizide erlaubt sind.

Nur so lässt sich entscheiden, ob das Produkt wirklich "Gutes aus deutscher Landwirtschaft" ist. Doch da diese Informationen nicht immer leicht ersichtlich sind, stellt sich die Frage, ob es nicht einfacher ist, gleich Lebensmittel mit anderen Siegeln zu wählen. So müssen etwa EU-Bio-Lebensmittel nicht nur Umwelt- und Tierwohlstandards erfüllen, auch die Herkunftsangabe ist bei verpackten Produkten schon lange verpflichtend.

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